Rechtzeitig zu den anstehenden Weihnachtsfeiern im Dezember erinnern wir an die steuerliche Behandlung der damit zusammenhängenden Kosten. Zumal es Neuigkeiten aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu berichten gibt. Die Ausführungen gelten auch für andere Betriebsveranstaltungen.
Was gilt als Betriebsveranstaltung?
Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene, die das Betriebsklima fördern sollen. Hierzu gehören neben der Weihnachtsfeier auch:
- Betriebsausflüge,
- Jubiläumsveranstaltungen,
- Besichtigungen,
- der Besuch von Karnevalsveranstaltungen,
- ein Gaststättenbesuch mit Nutzung der Kegelbahn,
- Schifffahrten und Ähnliches.
Sportliche oder kulturelle Veranstaltungen sind nur dann begünstigt, wenn diese mit einem geselligen Beisammensein verbunden sind, z.B. wenn eine GmbH ihre Mitarbeiter vor oder nach einem Theaterbesuch zu einem gemeinsamen Essen einlädt. Bei einer Einladung zum Besuch eines Bundesligaspiels ist es erforderlich, dass anschließend alle Arbeitnehmer zusammen „in geselliger Runde“ zumindest einige Getränke zu sich nehmen. Ohne ein vorheriges oder anschließendes geselliges Beisammensein muss der Preis der Eintrittskarte als Arbeitslohn versteuert werden.
Steuerpflichtig ist auch die bloße Übergabe eines Weihnachtsgeschenks am Arbeitsplatz anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfests.
Wer muss eingeladen werden?
Die Geschäftsführung muss alle Betriebsangehörigen einladen. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass alle Arbeitnehmer tatsächlich an der Betriebsfeier teilnehmen. Unternehmen können den Teilnehmerkreis begrenzen, wenn dabei keine bestimmte Gruppe bevorzugt wird. Aus diesem Grund sind Betriebsveranstaltungen begünstigt, die z.B.
- jeweils nur für eine Organisationseinheit eines Betriebs, z.B. eine Abteilung, durchgeführt werden, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit daran teilnehmen können,
- oder nur für alle im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer des Unternehmens veranstaltet werden.
Auch Minijobber müssen eingeladen werden. Diese können problemlos teilnehmen, weil die
- Kosten bis zu einem Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung lohnsteuerfrei sind und
- Beträge, die über 110 Euro hinausgehen, nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn gehören, wenn sie vom Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) pauschal mit 25 Prozent versteuert werden (Näheres dazu sogleich).
Das bedeutet, dass durch derartige Zuwendungen die 450-Euro-Grenze nicht überschritten wird.
Der Freibetrag gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.
Nimmt der Arbeitnehmer an mehr als zwei Betriebsveranstaltungen teil, können die beiden Veranstaltungen, für die der Freibetrag jeweils gelten soll, vom Arbeitgeber ausgewählt werden.
Ermittlung des Freibetrags von 110 Euro pro Teilnehmer
Zuwendungen an den einzelnen Arbeitnehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind bis zu 110 Euro steuerfrei. Dabei handelt es sich um einen Freibetrag, der auch dann zum Ansatz kommt, wenn die Aufwendungen pro¬ Teilnehmer höher sind als 110 Euro (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Maßgebend ist der Bruttobetrag einschließlich Umsatzsteuer. Es müssen nach dem Gesetz alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer einbezogen werden, unabhängig davon, ob sie dem einzelnen Arbeitnehmer individuell zugerechnet werden können oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen aufwendet. Zu den Aufwendungen, die einer Betriebsveranstaltung zuzuordnen sind, gehören nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 14. Oktober 2015 (BStBl. I 2015, S. 832) u.a.:
- Speisen, Getränke, Tabakwaren und Süßigkeiten,
- Fahrt- und Übernachtungskosten,
- Aufwendungen für den äußeren Rahmen, z.B. für Räume, Beleuchtung, einen Eventmanager oder Musik,
- Eintrittskarten für kulturelle und sportliche Veranstaltungen – wenn es sich um einen Teil der geselligen Veranstaltung handelt,
- Geschenke ohne bleibenden Wert, z.B. ein Weihnachtspäckchen.
Das BFH-Urteil vom 29. April 2021
Der BFH hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Kosten einer Betriebsveranstaltung aufzuteilen sind
- auf die Zahl der angemeldeten Teilnehmer oder
- auf die Zahl der anwesenden Teilnehmer.
Beispiel:
Eine GmbH mit 30 Arbeitnehmern (einschließlich zwei Geschäftsführern) veranstaltet eine Weihnachtsfeier. Aufgrund der Teilnehmeranmeldungen (25 Arbeitnehmer) entstehen der GmbH Kosten in Höhe von 2.500 Euro, also 100 Euro pro Person.
Bei der Weihnachtsfeier erscheinen 20 Personen, fünf Personen haben kurzfristig abgesagt. Die Kosten der Veranstaltung (einschließlich Musikkapelle und Abendbuffet) lassen sich nicht mehr reduzieren und betragen jetzt (2.500 Euro : 20 =) 125 Euro pro Person.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015, am angegebenen Ort) ist für die Ermittlung des Freibetrags von 110 Euro die Zahl der teilnehmenden Personen maßgeblich, sodass im Beispiel auf jeden Teilnehmer 125 Euro entfallen. Der den Freibetrag von 11 Euro übersteigende Betrag muss dann von jedem anwesenden Arbeitnehmer als Lohn versteuert werden, wenn sich die GmbH nicht dazu entschließt, diesen Beitrag pauschal zu versteuern.
Das Finanzgericht Köln als Vorinstanz war in seinem Urteil vom 27. Juni 2018 (Az. 3 K 870/17) zu einem anderen Ergebnis gekommen. Die Kosten der Veranstaltung seien auf die Personen zu verteilen, die sich zu der Veranstaltung angemeldet hätten. Im vorstehenden Beispiel waren das 25 Personen, sodass auf jede Person 100 Euro entfallen. In diesem Fall fällt keine Lohnsteuer an, und der Vorsteuerabzug der GmbH aus den Eingangsrechnungen für die Weihnachtsfeier bleibt in vollem Umfang erhalten. Das Finanzgericht vertritt die Auffassung, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb den teilnehmenden Personen an der Weihnachtsfeier die vergeblichen Aufwendungen des Arbeitgebers für die abwesenden Mitarbeiter zuzurechnen seien. Zumal die Feiernden keinen Vorteil durch die Absage ihrer Kollegen gehabt hätten.
In seinem Revisions-Urteil hat sich der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen. Als Konsequenz sollten GmbH-Chefs sowohl bei den eingeplanten Kosten wie auch bei der Anmeldung der Teilnehmerzahl einen Puffer einplanen. Die kurzfristige Nachmeldung von Arbeitnehmern wird in der Regel ohne proportional steigende Kosten möglich sein.
Reisekosten der Arbeitnehmer zur Weihnachtsfeier
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern die bei einer Betriebsveranstaltung anfallenden Reisekosten (Fahrt- und Übernachtungskosten, Verpflegungsmehraufwendungen) steuerfrei erstatten, wenn
- die Veranstaltung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers stattfindet,
- der Arbeitnehmer wegen der Betriebsveranstaltung anreisen muss und seine An- und Abreise selbst organisiert.
Dieser Reisekostenersatz gehört nicht zu den Kosten der Betriebsveranstaltung, die in die 110 Euro-Freibetragsberechnung einfließen. Sie können dem Arbeitnehmer eigenständig nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei erstattet werden.
Pauschale Versteuerung der steuerpflichtigen Zuwendungen
Die GmbH zieht ihre Aufwendungen für eine Betriebsveranstaltung immer als Betriebsausgaben ab. Sie wendet ihren Arbeitnehmern aber zugleich einen geldwerten Vorteil zu, der bei diesen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen ist, wenn mehr als zwei ¬Betriebsveranstaltungen im Jahr durchgeführt werden (ab der dritten Veranstaltung) oder soweit der Betrag von 110 Euro pro Arbeitnehmer überschritten wird. Die GmbH hat dann zwei Möglichkeiten:
- Sie ermittelt die Zuwendungen je Arbeitnehmer, die in der individuellen Lohnabrechnung zu erfassen sind. In diesem Fall fallen neben einer höheren Lohnsteuer Beiträge zur Sozialversicherung an, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen.
- Die GmbH versteuert den geldwerten Vorteil gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG pauschal mit 25 Prozent. Es fallen dann keine Sozialversicherungsbeiträge an. Die pauschale Besteuerung mit 25 Prozent ist unabhängig von der Zahl der Arbeitnehmer und der Höhe des jeweiligen zu versteuernden Einkommens.
Umsatzsteuerliche Besonderheiten, insbesondere Vorsteuerabzug
Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen liegen im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers, soweit sie sich im üblichen Rahmen halten. Bei einem Betrag bis zu einer Höhe von 110 Euro einschließlich Umsatzsteuer je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung ist von einer üblichen Zuwendung auszugehen (BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015, Ziffer 7). Dies gilt nicht bei mehr als zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr (jede weitere Veranstaltung ist unüblich) oder mehr als 100 Euro je Veranstaltung und Arbeitnehmer. In diesem Fall steht die Befriedigung des privaten Bedarfs im Vordergrund mit der Konsequenz, dass der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für die Veranstaltung in vollem Umfang entfällt.
Dr. Hagen Prühs
Der Autor ist Schriftleiter der monatlichen Zeitschrift GmbH-Steuerpraxis. Zudem ist er seit 2005 Herausgeber und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins gmbhchef.
www.gmbh-steuerpraxis.de