Spätestens bei der Einstellung der ersten Mitarbeiter werden auch Unternehmensgründer mit dem Thema „betriebliche Altersversorgung” (bAV) konfrontiert. Denn jede abhängig beschäftigte Person hat nach den Bestimmungen des § 1a Betriebsrentengesetz einen Anspruch auf die Einrichtung einer bAV durch Entgeltumwandlung. Machen Angestellte diesen Anspruch geltend, muss das Unternehmen mit Hilfe eines geeigneten Durchführungswegs – Direktzusage, Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Unterstützungskasse – eine Versorgungszusage einrichten und das Versorgungsspektrum festlegen.
Doch nicht nur die gesetzliche Pflicht, sondern auch verschiedene firmenspezifische Gründe können für die Einrichtung einer bAV sprechen. Häufig wird damit auf die Mitarbeitergewinnung abgezielt. In einigen Branchen ist ein attraktives bAV-Angebot heutzutage fast schon Voraussetzung dafür, dass Bewerber ein Unternehmen überhaupt als künftigen Arbeitgeber in Betracht ziehen.
Aber wie ist es um die Altersversorgung der Firmengründer selbst bestellt? Insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern besteht oftmals ein vergleichsweise hoher Versorgungsbedarf, da diese Personengruppe in der Regel keine oder nur geringe Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwirbt. Wollen Mitinhaber eines Unternehmens jedoch für sich selbst eine bAV einrichten, stoßen sie auf diverse Hemmnisse. Dies gilt zumindest immer dann, wenn die Aufwendungen für die bAV steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht werden sollen. Derartige Einschränkungen bestehen bis heute grundsätzlich bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Der jüngeren Rechtsprechung
folgend deutet sich bei Kapitalgesellschaften hingegen ein teilweiser Abbau der angesprochenen Hemmnisse an. In diesem Zusammenhang gelten einige Grundsätze.
Keine sinnvolle Lösung für Einzelunternehmer und Personengesellschafter
Infolge der Personalunion von Einzelunternehmer und seiner Firma gibt es keine Möglichkeit, vertragliche Vereinbarungen mit dieser zu schließen. Die Einrichtung einer bAV ist daher nur über einen externen Versorgungsträger durchführbar (nicht aber als Direktzusage). Wird hierbei eine Direktversicherung abgeschlossen, ist diese in steuerlicher Hinsicht als Privatvermögen zu werten. Beitragszahlungen sind folglich als Privat-Entnahmen einzuordnen. Daher kann der Aufwand für eine bAV – auch über externe Versorgungsträger – steuerlich nicht für die Einzelfirma geltend gemacht werden. Im Allgemeinen ist die Einrichtung einer bAV für Einzelunternehmer daher nicht sinnvoll.
Bei Personengesellschaftern im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz mindert der Aufwand für eine dem Mitunternehmer zugesagten bAV immer den handels- und steuerbilanziellen Gewinn der Gesellschaft. Er wird dem begünstigten Gesellschafter in dessen Sonderbilanz jedoch wieder als Sondervergütung hinzugerechnet. Hier zählt der Aufwand dann zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und gilt als Gewerbeertrag im Sinne des § 7 Satz 1 Gewerbesteuergesetz. Die Summe der steuerlichen Gewinne der Gesellschafter wird durch die Einrichtung der bAV also nicht gemindert, was sie somit auch für Personengesellschafter unattraktiv macht.
Eine bAV mit steuerlicher Wirkung ist bei Kapitalgesellschaften möglich …
Die Einrichtung einer bAV für den Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) ist bei Kapitalgesellschaften hingegen grundsätzlich auch mit steuerlicher Wirkung möglich – und attraktiv. Voraussetzung für eine steuerlich begünstigte Versorgungzusage an den GGF ist, dass diese betrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Dazu müssen bestimmte von der Rechtsprechung entwickelte Kriterien eingehalten werden. Zu den Kriterien für eine betriebliche Veranlassung zählen u.a. Ernsthaftigkeit, Finanzierbarkeit, Erdienbarkeit und Angemessenheit der jeweiligen Versorgungszusage.
Besondere Bedeutung für Firmengründer dürfte aber ein Kriterium besitzen: Die Probezeit. Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss zwischen Firmengründung respektive Diensteintritt und Zusageerteilung in der Regel ein Zeitraum von fünf bzw. drei Jahren liegen (firmen- oder personenbezogene Probezeit; vgl. BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2012 – Az. IV C 2 – S 2742/10/10001). Ob dieses Kriterium bei jeder Form der bAV Berücksichtigung finden muss, steht derzeit noch auf dem Prüfstand.
… wenn die Versorgung auf einer Entgeltumwandlung beruht
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 16. November 2021 (Az. 6 K 2196/17) erweckt jedenfalls Hoffnung. In dem zu entscheidenden Fall war dem GGF einer GmbH unmittelbar nach der Firmengründung eine bAV im Wege der Direktzusage erteilt worden, die Finanzierung erfolgte durch Entgeltumwandlung. Das Kriterium der Probezeit, welches die Finanzverwaltung als Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Versorgungszusagen fordert, war jedoch nicht erfüllt – weder personen- noch firmenbezogen.
Das Gericht hielt dieses Kriterium bei einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Versorgungszusage jedoch nicht für einschlägig. Die GmbH trage bei einer solchen Gestaltung die wirtschaftlichen Folgen der Versorgungszusage nämlich zum größten Teil nicht selbst. Vielmehr verfüge der GGF hier nur über sein eigenes künftiges Vermögen. Aus Sicht des Finanzgerichts kommt es nicht darauf an, ob dieser seine Eignung für die Tätigkeit bei der GmbH schon unter Beweis gestellt habe oder ob die GmbH ihre künftige Ertragslage schon sicher abschätzen könne. Durch die Versorgungszusage werde die GmbH selbst wirtschaftlich nicht belastet. Dies gelte jedenfalls dann, wenn es sich um eine „echte“ Entgeltumwandlung handele, also kein überhöhtes Gehalt vereinbart wurde, das im Rahmen der Entgeltumwandlung dann wieder reduziert werden sollte.
Ähnlich urteilte vor ein paar Jahren auch schon der Bundesfinanzhof (BFH) als höchstes deutsches Steuergericht: seiner Auffassung nach müssen bei GGF die für die steuerliche Anerkennung einer Zusage aufgestellten Kriterien im Falle einer Entgeltumwandlung nicht in vollem Umfang eingehalten werden. Mit dem Urteil vom 7. März 2018 (Az. I R 89/15) hatte er entschieden, dass die Einhaltung einer zehnjährigen Mindestzusagedauer (als wesentliches Merkmal der Erdienbarkeit einer Zusage) bei einer Entgeltumwandlung in der Regel nicht erforderlich ist. Die bisherige Rechtsprechung des BFH wurde daraufhin vom Finanzgericht schlüssig auf das Kriterium der Probezeit über-tragen. Lediglich besondere Ausnahmetatbestände könnten gegen eine steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung sprechen. Diese können laut dem genannten BFH-Urteil allenfalls dann gegeben sein, wenn der bAV eine Schein-Entgeltumwandlung zugrunde liegt, durch die Entgeltumwandlung die Deckung der Kosten für den laufenden Lebensunterhalt gefährdet wird oder unübliche Risiko- und Kostensteigerungen für die GmbH entstehen.
Die Vorteile liegen auf der Hand
Wer – wie Geschäftsführer – einen besonders hohen Versorgungsbedarf hat, sollte frühzeitig daran arbeiten, etwaige Versorgungslücken zu schließen. Denn je eher eine bAV eingerichtet wird, desto länger ist der Zeitraum über den die Finanzierung für die gewünschte Altersversorgung verteilt werden kann.
Mit Einrichtung einer bAV kann auch eine Hinterbliebenen- und Invalidenversorgung zugesagt werden. Risiken aus vorzeitigen Versorgungsfällen können so frühzeitig abgedeckt werden. Externe Versorgungsträger werden in diesem Zusammenhang von der begünstigten Person in aller Regel eine Gesundheitsprüfung verlangen. Und auch hier gilt: Je eher, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche Prüfungen ohne Einschränkungen bei zu versichernden bzw. zuzusagenden Leistungen bleiben. Warten zahlt sich nicht aus. Wird die bAV so installiert, dass sie grundsätzlich nicht nur für Entgeltumwandlung, sondern auch später für eine Arbeitgeberleistung genutzt werden soll, kann nach Ablauf der steuerlich erforderlichen Probezeiten eine arbeitgeberfinanzierte Zusage einsetzen, ohne dass es einer erneuten Gesundheitsprüfung bedarf.
Wer bereits unmittelbar nach Gründung seiner Gesellschaft Mitarbeiter beschäftigt, für die ebenfalls eine betriebliche Versorgung eingerichtet werden soll, kann beim gewählten externen Versorgungsträger bereits ab fünf zu versichernden Personen meist besondere Gruppen-Konditionen erhalten. Von diesen Konditionen profitiert dann auch der Gründer der Gesellschaft selbst. Bei der Versorgung von Gruppen wird außerdem teils auf Gesundheitsprüfungen verzichtet.
Anders als bei diversen anderen Formen der Vorsorge kann eine bAV auch so gestaltet werden, dass kein Risiko besteht, die Anwartschaften im Falle der betrieblichen oder privaten Insolvenz zu verlieren. Zwar wird der Gründer einer Gesellschaft in aller Regel auf die Firma einen beherrschenden Einfluss ausüben, sodass es keinen gesetzlichen Insolvenzschutz über den Pensions-Sicherungs-Verein für ihn gibt. Aber in den verschiedenen Durchführungswegen der bAV gibt es auch geeignete zivilrechtliche Instrumente, um vertraglich einen wirksamen Insolvenzschutz zu erreichen.
Gleichwohl gilt es naturgemäß, verschiedene Anlageformen zu vergleichen und seine persönlichen Präferenzen festzulegen, bevor man sich für eine bAV entscheidet. Hierbei sind verschiedene Gesichtspunkte einzubeziehen. Dazu zählen auch steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Erwägungen.
Fazit
Die Erteilung einer Versorgungszusage an GGF – mit steuerlicher Wirkung und unmittelbar nach Gründung der Firma – scheint nicht länger ausgeschlossen zu sein, zumindest wenn es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt und die bAV auf einer Entgeltumwandlung beruht. Unternehmer, die eine sofortige Einrichtung einer bAV nach Gründung der Firma planen, sollten dies schon bei der Wahl der Rechtsform ihrer Firma beachten und ggf. eine UG (haftungsbeschränkt) oder GmbH anderen Rechtsformen wie beispielsweise einer GbR oder KG vorziehen. Das Finanzgericht war sich seiner Sache
hier sicher. Eine Revision wollte es dementsprechend nicht zulassen. Doch die von der Finanzverwaltung angestrengte Nichtzulassungsbeschwerde hatte Erfolg. Eine endgültige Entscheidung in dieser Sache wird allerdings erst der BFH treffen: Wie der Homepage seit März zu entnehmen ist, ist das Verfahren dort nunmehr in Revision anhängig (Az. I R 50/22).
Michael Gerhard
Aktuar (DAV),
ERGO-Versorgungsträgermanagement, Longial