Erfolgreiche Unternehmer verfügen oft über zahlreiche Kontakte zu anderen Firmen, Geschäftspartnern oder Medien, die sie unterstützen oder bei denen sie Informationen und Hilfe erhalten. Aber lohnt sich ein solches Netzwerk? Wie baut man es auf? Und ist die Größe entscheidend?
Vor etlichen Jahren war ich zu einer Vernissage in den Räumen einer befreundeten Kommunikationsagentur in Bonn eingeladen. Ich ging damals dort hin, klingelte und die Inhaberin öffnete und begrüßte mich mit den Worten: „Claudius Kroker, der Knoten aller Netzwerke“. So etwas geht natürlich runter wie Öl, wenn man von anderen als derart vernetzt, aktiv und erfolgreich angesehen wird.
Vernetzt zu sein ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmer und Geschäftsführer. Denn aus allen Netzwerken können Anfragen und Aufträge kommen. Sie können auch eine wichtige Plattform bieten, um die eigenen Leistungen oder Produkte sowie die eigene Marke oder Firma zu präsentieren. Gut vernetzt zu sein heißt auch, an hilfreiche Informationen zu kommen und im Bedarfsfall auf persönlichem Weg schnell und unkompliziert Unterstützung zu erhalten. Seien es nun Leistungen, Beratung, Personal oder Materialien wie z.B. Baustoffe oder technisches Equipment.
Netzwerke virtuell und analog
Nun war das Netzwerken – oder auch Networking – für einen Gründer früher vielleicht etwas einfacher. Der Boom an Selbstständigkeit Anfang der 2000er Jahre führte dazu, dass es für neue Unternehmer satte staatliche Unterstützung, viele Coaching-Angebote (die einem Kontakte zu anderen Gründern und mir tatsächlich auch die ersten Aufträge verschafften) und einige meist regionale Netzwerke gab. Die hießen dann z.B. BonnSoir, 40plus, Supra-Frühstück usw. Die kommunalen Wirtschaftsförderungen waren hier sehr rege. Außerdem waren die Hochschulen aktiv darin, erfolgreiche Ausgründungen von
Studierenden zu unterstützen.
Heute sieht das anders aus – sowohl, was das staatliche und kommunale Engagement in Sachen Selbstständigen-Förderung und Netzwerke angeht, als auch in punkto Kommunikation. Damals sah man sich Angesicht zu Angesicht auf den Netzwerk-Treffen, ansonsten wurde telefoniert, gelegentlich auch mal eine E-Mail geschrieben. Wer netzwerken wollte, musste meistens das Haus verlassen. Heute geschieht Networking vermehrt vom Schreibtisch aus in Social-Media-Kanälen wie LinkedIn, XING, Facebook oder X (ehemals Twitter).
An der Bedeutung von Netzwerken und den Anforderungen, um gut vernetzt zu sein und zu bleiben, hat sich aber nichts geändert. Darum hier ein paar Gedanken von heute dazu.
Was heißt überhaupt Networking?
Im Begriff Networking steckt „working“ drin: Wir müssen also dafür arbeiten. Sich ein Netzwerk zu schaffen, kann einige Mühe kosten, so wie die Entwicklung und Produktion von Artikeln, die Definition von Leistungen oder die Ansprache von potenziellen Kunden. Für diese Arbeit muss ich Zeit aufwenden, und diese Zeit muss ich einplanen. Manche Unternehmer oder Manager nehmen Netzwerk-Arbeit (Postings bei LinkedIn einstellen, Mailings an Kunden oder Geschäftspartner verfassen etc.) als festen Punkt in ihre To-Do-Liste. Andere machen das unregelmäßig. Wiederum andere machen einen wiederkehrenden Termin daraus. Denn Netzwerk-Arbeit hat etwas mit Kontaktpflege zu tun und in dem Wort Kontakt steckt der Takt, anders gesagt die Regelmäßigkeit, mit drin. Sich das bewusst zu machen und es bewusst zu leben, kann ein Erfolgsfaktor für Netzwerkarbeit sein.
Ebenso wichtig ist es, Netzwerke nicht als reine Akquise-Tools misszuverstehen. Wer Netzwerke (ob analog oder virtuell), persönliche Treffen, Besuche auf Veranstaltungen oder Wirtschaftsgespräche für Unternehmer nur zur Kundengewinnung nutzen wollte, ist schon früher gescheitert. Vielmehr gilt für das Networking dasselbe wie für jede Art von Kommunikation: Man muss sich auf den Empfänger einstellen. Es geht nicht nur darum, sich selbst optimal (was heißt das schon?) zu präsentieren, sondern andere kennenzulernen und von ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und ihren Kontakten zu profitieren. Der Rest ergibt sich dann meistens.
Netzwerke aufbauen
Die ersten Netzwerke, die wir alle haben, entstehen schon in Familie, Kindergarten, Schule und Studium oder Ausbildung. Sie ergeben sich meist von selbst und ich zehre noch heute von diesen Kontakten. Den einen kann ich zu Finanzdingen und seiner Erfahrung in Sachen Geldanlage befragen, ein anderer ist Journalist, mit dem ich mich (gerne auch kritisch) über die Arbeit von
Redaktionen austausche. Mehrere Kontakte bestehen zu Juristen, zu Medienschaffenden, zu Pressesprechern, zu Menschen in Kunst und Kultur, in der Kirche und vielen anderen.
Denen verkaufe ich in der Regel nichts, aber der Austausch mit solchen Freunden und Netzwerkpartnern belebt mein Geschäft, weil ich neue Ideen, neue Ansätze, Motivation und Wissen mitnehme, die ich selbst nutzen kann. Natürlich unterstütze ich auch und bringe meinerseits Ideen, Ansätze und Wissen ein. Und manchmal – ich kenne jemanden, der jemanden kennt – gehen daraus auch Anfragen und Aufträge hervor. Das ist nicht berechenbar, sondern mehr zufällig, aber ohne diese Netzwerke wäre das wohl nicht passiert.
Wem bestehende Netzwerke nicht zusagen oder wem passende Netzwerke fehlen, der kann auch selber welche gründen. Viele Gewerbegemeinschaften, Fachverbände, Unternehmer- oder Kollegen-Stammtische (z.B. die „BusinessMoms“) sind das Ergebnis individueller privater Initiativen. Nicht alle Versuche werden klappen, aber vergebens sind sie fast nie.
Netzwerke brauchen Pflege
Ohne die Hilfe und Unterstützung anderer Menschen und Unternehmen ist Erfolg kaum möglich. Bewusst oder unbewusst profitieren wir alle von dem Miteinander, von Expertise und Feedback anderer. Wichtig ist, diese Kontakte zu pflegen. Das bedeutet nicht, sie zu nerven oder permanent zu behelligen. Der Nachteil von Email-Newslettern liegt beispielsweise darin, dass wir ihrer schnell überdrüssig werden. Auf Dauer sind es oft zu viele. Die Taktung (also der zweite Teil des Wortes Kontakt) stimmt dann nicht.
Eines meiner frühen Erfolgsrezepte war tatsächlich ein Newsletter, den ich in den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit herausgegeben habe: gedruckt, per Post verschickt, mit einem persönlichen Anschreiben versehen und nur zweimal im Jahr versendet. Das fiel auf. In diesem Newsletter habe ich über einzelne PR-Projekte und Kundenaufträge berichtet. Manchmal haben sich dadurch Kontakte von Kunden untereinander ergeben. Der Newsletter wurde dann zur geschäftlichen Partnerbörse und ich – siehe Anfang – zum Knotenpunkt. Das war nicht die Absicht, aber ein schöner Nebeneffekt.
Netzwerke zu pflegen heißt also eine eigene Taktung bzw. ein eigenes Erscheinungsbild zu finden, das zeitgemäß ist (vielleicht ist der Newsletter per Post in unserem digitalen Überfluss gar keine schlechte Idee) und das zu einem selber passt. Versuchen Sie also nicht, andere zu kopieren. Wer weder Muße noch Inhalte hat, um jeden Tag auf LinkedIn zu posten, muss das nicht machen. Der eine ist introvertiert, der andere eine Rampensau – beide können sehr erfolgreich sein und gute und hilfreiche Netzwerke um sich haben. Hauptsache ist, sie sind beide authentisch.
Erfolgsfaktoren für Networking: Qualität und Lust
Zwei Erfolgsfaktoren für unternehmerische (und auch private) Netzwerke gibt es noch: Qualität und Lust. In der Pressearbeit stellen wir z.B. immer wieder fest, dass die Größe eines Medienverteilers nicht entscheidend ist für die Wahrnehmung und den Verbreitungsgrad von Nachrichten und Pressemitteilungen. Viel wichtiger ist die Qualität der Kontaktdaten, und dass sie wirklich zu meinem Thema passen. Eine an persönlich bekannte Personen zugestellte Nachricht löst manches Mal ein größeres Medienecho aus als eine, die ich über einen pauschalen Verteiler hundertfach in die Redaktionen puste – und die dort direkt in den Papierkorb wandert oder im Nirwana übersehener Text-Eingänge vergammelt.
Darum ist es so wichtig, seine Zielgruppen und Empfänger zu kennen, ob in Pressearbeit, Unternehmenskommunikation allgemein oder in Netzwerken. Wer ist neben mir dort vertreten? Was machen die anderen? Wo sind Gemeinsamkeiten? Wie kann ich mich einbringen? Diese Fragen kann nur beantworten, wer sich ernsthaft mit seinen – bestehenden oder noch zu schaffenden – Netzwerken auseinandersetzt.
Und das wiederum heißt, mit einigen Menschen persönlich Kontakt aufzunehmen und zu pflegen. Es heißt auch, die Gepflogenheiten anderer zu kennen. Noch einmal ein Beispiel aus der Pressearbeit: Ich kann mich an einen Wirtschaftsredakteur erinnern, der keine Pressemitteilungen in Massenform erhalten wollte. Mails von einem Versand-Account oder in denen er nicht persönlich individuell angesprochen wurde, hat er gelöscht. Also bekam er von mir bei jeder Pressemitteilung eine gesonderte Mail mit persönlicher Ansprache, zusätzlich haben wir alle ein bis zwei Jahre telefoniert. Der Zeitaufwand für diese persönliche Extrawurst war überschaubar. Im Gegenzug hat fast jede Pressemitteilung zu einer Veröffentlichung geführt. Ich wusste, was ihn interessiert, und er wusste, welche Informationen, Einblicke, Statements und Storys er über mich erhalten kann – eine Win-win- Situation.
Das klappt nicht in jedem Fall. Aber ohne persönliche Kontakte klappt es gar nicht und macht auf Dauer auch keinen Spaß. Daher die vielleicht wichtigste Botschaft: Networking sollte keine ungeliebte Pflichtaufgabe sein. Erfolgreiches Netzwerken funktioniert vor allem durch Überzeugung. Und als Netzwerker überzeugen kann ich am besten, wenn ich das gerne mache und wenn ich sicher sein kann, dass ich nicht auf Teufel komm raus jemandem etwas verkaufen muss. Aber ein sturer Fokus auf das Verkaufen ist ohnehin immer eine ganz schlechte Voraussetzung, um vom Mitspieler zum Knoten von Netzwerken zu werden.
Claudius Kroker ist Journalist, Ghostwriter und Dozent. Seit 2002 hat er ein Büro für Pressearbeit und Redenschreiben und unterstützt Firmen, Hochschulen und Verbände bei der Kommunikationsarbeit.
Mehr Informationen unter:
www.claudius-kroker.de