Mitten im Sturm robust bleiben: Wie GmbHs Krisen erfolgreich meistern

Für GmbHs gilt es aktuell mehr denn je, Lösungsansätze für die schwierige wirtschaftliche Gesamtlage zu finden und die Aufmerksamkeit auf jene Stellschrauben zu richten, die in ihrem Einflussbereich liegen, um drohende Krisen zu meistern. Im Beitrag werden einige zentrale Aspekte vorgestellt, auf die es für das Management ankommt.

Eingetrübte Stimmung und viele Herausforderungen

Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland ist überwiegend trüb. Die Hoffnung schwindet, dass sich die Konjunktur im ersten Halbjahr 2024 wieder nachhaltig aufhellen könnte – trotz vereinzelter Silberstreifen am Horizont. Ein großes Problem sind dabei branchenübergreifend die zurückgehenden Auftragseingänge, weil Konsumzurückhaltung und zu wenig Nachfrage herrschen. Auch Gründer geraten so in Schwierigkeiten – und es mehren sich die Fälle von Start-up- Insolvenzen.

Lange wurde prognostiziert, dass die sogenannten Zombie-Unternehmen, die ohnehin nur durch niedrige Zinsen und leicht verfügbares Geld sowie gesetzliche Erleichterungen während der Corona-Krise am Leben bleiben konnten, spätestens dann in Schwierigkeiten geraten, wenn die Zinsen wieder steigen und die staatlichen Hilfen zurückzuführen sind. Das ist jetzt der Fall.

Mit diesen Effekten allein lassen sich die zuletzt gemeldeten Insolvenzzahlen jedoch nicht vollständig erklären. Einige kritische Elemente – wie der Krieg in der Ukraine, nun der Konflikt in Nahost und zum großen Teil auch die hohe Inflation – kamen von außen und die deutsche Volkswirtschaft muss nun so gut es geht damit umgehen.

Andere Probleme wirken demgegenüber deutschlandgemacht: Hohe steuerliche Belastungen, Energiekosten, teils marode Infrastruktur, überbordende und ineffiziente Bürokratie, Personalknappheit sowie latente Technologiefeindlichkeit in Teilen der Gesellschaft machen erfolgreiches Unternehmertum schwierig. Es sollte daher der Fokus auf die nachfolgend dargestellten Schwerpunkte gelegt werden.

Kosten managen

GmbH-Chefs sollten mit Verstand und Sorgfalt die Wertschöpfungskette prüfen und sich von Verschwendung verabschieden. Materialien, Rohstoffe, Komponenten – der gesamte Einkaufsbereich sollte auf dem Prüfstand stehen. Lieferanten, Lieferketten, Logistik – alles muss auf Effizienzreserven analysiert werden. Energiekosten sollten durch energieeffizientere Produktionsverfahren reduziert werden. Alternativen zu aktuellen Energieträgern müssen geprüft werden – sofern das überhaupt möglich ist.

Jeder Bereich ist konsequent zu durchleuchten. Gerade auf der Einkaufsseite sind die Unternehmen über die letzten Monate mit massiven Kostenexplosionen konfrontiert. Dazu kommen gestiegene Finanzierungskosten. Aufgrund des Fachkräftemangels wird zudem mit einem Anstieg der Personalkosten gerechnet.

Neben unterbrochenen Lieferketten und dem anhaltenden Rohstoffmangel führen vor allem die hohe Inflationsrate sowie die explodierenden Energiekosten zu erhöhten Produktions- und Logistikkosten, bei den Logistikkosten gibt es immerhin auch positive Signale. Neben der Notwendigkeit, sich stärker abzusichern, um handlungsfähig zu bleiben, steht die Flexibilisierung der Kosten ganz vorne auf der To-do-Liste. Prinzipiell sollten Unternehmen in der Lage sein, sich schnell auf Marktveränderungen einzustellen – also resilient sein.

Liquidität sichern – Cash is King

GmbHs müssen in diesen turbulenten Phasen ein konsequentes Working-Capital-Management betreiben. Forderungen und Bestände müssen runter, Planung und Disposition optimiert werden – bis hin zum Ausgliedern oder Einstellen von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten, die neben finanziellen Reserven auch Management-Kapazitäten freisetzen können, um sie in sinnvollere, auf die Zukunft gerichtete Aktivitäten überführen zu können. Die Liquiditätssicherung ist für die Geschäftsführung, die im Fall einer verspäteten Insolvenzantragsstellung ein persönliches Haftungsrisiko (§ 15b Insolvenzordnung) und sogar ein Risiko der Strafbarkeit hat, besonders wichtig.

GmbHs müssen in jeder Phase ihrer Existenz in der Lage sein, ihre Ausgaben zu überwachen, Kostenoptimierungen im Hinblick auf Liquiditätsverbesserung zu betreiben und sicherzustellen, dass ihre Einnahmen den finanziellen Verpflichtungen jederzeit gerecht werden. Eine solide Liquiditätsvorschau ist verpflichtend. Und das betrifft vier, künftig wieder zwölf Monate – und nicht nur 13 Wochen. Ein positiver Cashflow gewährt den Unternehmen eine solide finanzielle Grundlage und verringert die Notwendigkeit externer Finanzierungsquellen. Auch wenn nicht alle Bestandteile der Gewinn- und Verlustrechnung liquiditätswirksam werden, führt eine fehlende Profitabilität auf mittlere Sicht auch zu Liquiditätsanpassungen.

Geschäftsmodell überprüfen

Wenn die Umsatzentwicklung zurückgeht oder nicht in dem gewünschten Maße wächst, kann jede Kostenstruktur schnell ungesund werden. Daher ist das Geschäftsmodell kontinuierlich auf seine Relevanz in einem sich schnell wandelnden Umfeld zu prüfen. Selbst in der Phase einer nachlassenden Nachfrage muss der Fokus auf dem Nutzen von Chancen liegen. Das können neue Absatzmärkte, neue Vertriebswege oder auch eine kundenorientierte Abwicklung des aktuell noch hohen Auftragsbestands sein, der auf das Konto „Kundenzufriedenheit“ einzahlt. ESG wird in diesem Zusammenhang immer wichtiger, ob man will oder nicht – spätestens im Zuge einer Refinanzierung.

Hohe Schulden vermeiden

Schulden erhöhen die Verwundbarkeit des Unternehmens. Das gilt umso mehr, wenn Kredite teurer werden und eine kostspielige Refinanzierung für günstige (Corona-) Darlehen ansteht. Hier zählt die Tugend des ehrbaren Kaufmanns, eine konservative Schuldenpolitik zu betreiben und die finanzielle Stabilität des Unternehmens durch eine sorgfältige Bewertung der finanziellen Risiken zu verbessern. Zur Reduzierung der finanziellen Risiken kann auch die Stärkung der Kundenbeziehungen beitragen. Die Bereiche greifen ineinander, denn auf Basis eines robusten Geschäftsmodells kann die Abhängigkeit von externen Finanzierungsquellen reduziert werden, indem mit diesem langfristige und nachhaltige Kundenbeziehungen aufgebaut werden.

Talentfindung und -förderung

Arbeitskräftemangel führt zu einem unternehmensübergreifenden Umdenken in der Personalentwicklung. GmbHs müssen nun noch stärker an Aus- und Weiterbildungsinitiativen arbeiten, ihre Talente frühzeitig identifizieren, halten und entwickeln – um Talentabwanderung mit der Folge, sich die verlorenen Mitarbeiter auf einem leergefegten Arbeitsmarkt mühsam neu rekrutieren zu
müssen, zu vermeiden.

Wesentliche Erfolgsfaktoren für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit und Steigerung der Resilienz sind ein starkes und sich ergänzendes Führungsteam, offene Kommunikation der Problem- bzw. Ausgangslage, die Gewinnung von Mitstreitern und „Machern“ sowie eine rasche und konsequente Umsetzung der Vorhaben. GmbH-Chefs müssen heute viel mehr als früher ihre Mitarbeiter im Blick haben. Um Mitarbeiter zu rekrutieren und vor allem zu halten, braucht es eine Kultur, in der die Führungskräfte und die Geschäftsführung authentische Werte wie Gleichberechtigung, Diversität, Teamfähigkeit und Nachhaltigkeit vorleben. Die Weisheit „Mitarbeiter fangen bei Unternehmen an und kündigen ihren direkten Vorgesetzten“ gilt heute mehr denn je.

Chancen der Krise

Die Zeit der Unsicherheit und Stagnation kann seitens der GmbHs aber auch genutzt werden, um weiter an der Optimierung der Prozesse, Strukturen und Systeme zu arbeiten. Es gilt, Innovationsfähigkeit jetzt zu bewahren oder gar zu verstärken – in stürmischen Zeiten ist es oft nicht der richtige Reflex, automatisch die Innovationsstärke des Unternehmens zu beschränken.

Um die Kräfte des Unternehmens zu bündeln und Innovation anzutreiben, Produktentwicklungen marktfähig zu machen und den Erfolg der Zukunft abzusichern, braucht es den unternehmerischen Mut, die Einsparungen und freien finanziellen Ressourcen in die Zukunft zu investieren.

Wenn mittelständische Unternehmen ihre traditionellen Werte bündeln und mit den für sie passenden digitalen Möglichkeiten versehen, können sie mit Servicelösungen innovative Geschäftsmodelle entwickeln und neue Wachstumsmärkte erschließen.

Gerade die Entwicklung von (Neu-) Produkten sollte dabei immer Chefsache sein. Resiliente Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, Innovationen als Unternehmensprojekt anzusehen und alle Bereiche und Abteilungen einzubinden – auch krisenunabhängig.

Fazit

Multiple Krisen führen zu ungekannter Komplexität und Dynamik der wirtschaftlichen Lage, die den Fortbestand von Unternehmen substanziell gefährden können. Aber dies muss nicht im Chaos enden. Gefragt sind Unternehmer, die aktiv werden, die ihre Hausaufgaben machen, ihr Geschäftsmodell auf solide Füße stellen und kontinuierlich ihre Strategie überprüfen und neu bewerten. Sie müssen sich flexibel in den eigenen Strukturen, aber auch nach außen organisieren, eine hohe Transparenz aufbauen und die Risiko-Beobachtung nicht als schmerzvoll, sondern als sinnvolle strategische Aufgabe ansehen.

Auch GmbHs mit einem gesunden Geschäftsmodell müssen wachsam sein und bleiben. Nach der Krise ist vor der Krise. Transformation, also die kontinuierlichen Veränderungen vor dem Hintergrund der rasant wachsenden technologischen und geopolitischen Herausforderungen, ist das „New Normal“. In solch rasanten Veränderungsprozessen muss die Geschäftsführung ihre Mitarbeiter zu Mitstreitern machen: zuhören, verstehen, fördern und gemeinsam machen.

Es geht nicht nur um die Vermeidung von Schieflagen, sondern auch um das Erkennen von neuen Chancen und Geschäftsfeldern, die die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichern. Damit geht auch die Wandlungsfähigkeit einher, sich kontinuierlich und schnell auf neue Gegebenheiten einzustellen.

Mit dem richtigen Kapitän (Geschäftsführer, Unternehmer), dem richtigen Ziel (Risikomanagement), dem richtigen Lotsen (Finance) und der richtigen Mannschaft (Leadership) wird es gelingen.

Tibor Reischitz

Tibor Reischitz ist Direktor, Restrukturierungsexperte und Mitglied der Solution Group Maschinen- und Anlagenbau bei der Managementberatung Atreus mit Sitz in München


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