Um Fachkräfte zu halten, setzen immer mehr Unternehmen auf moderne Führung, die Mitarbeitern viele Freiheiten zugesteht. In der Praxis ist dieser Ansatz jedoch oft zum Scheitern verurteilt. Viele Führungskräfte sind überfordert und klagen über Mitarbeiter, die ihnen auf der Nase herumtanzen. Um das Problem zu lösen, müssen Vorgesetzte wieder mehr Autorität an den Tag legen, gerade wenn sie ihr Team liberal und fortschrittlich führen wollen. Sie sollten ohne Gnade führen, dabei aber stets freundlich bleiben.
Gemeint ist moderne Mitarbeiterführung, bei der Autorität nicht unter den Tisch fällt, sondern fester Bestandteil ist. Das bedeutet: Vorgesetzte gehen auf ihre Mitarbeiter weiterhin ein und zeigen Verständnis, wenn es Probleme gibt. Aber sie bewahren gleichzeitig ihre Autorität und Durchsetzungsstärke. Sie sind verbindlich in ihren Aussagen, lösen konsequent Konflikte und bestehen darauf, dass ihre Mitarbeiter Ergebnisse erzielen. Dadurch sorgen sie in eigenständig arbeitenden Teams für die nötige Klarheit und Struktur und schaffen einen verlässlichen Rahmen, damit moderne Führungsstile reibungslos funktionieren können.
Störenfriede nicht dulden
Fehlt dieser Rahmen, gerät das Arbeitsklima oft in Schieflage, weil sich das hierarchische Gefälle dreht. Die Folge: Mitarbeiter sehen ihre Vorgesetzten nicht mehr als solche an, dehnen ihre Freiheiten ungesund aus und benehmen sich unangemessen. Verstärkt wird diese Entwicklung durch den Fachkräftemangel. Aus Angst vor Kündigung wird schlechtes Verhalten heute häufiger geduldet. Damit senden Führungskräfte ein fatales Signal an das Team und nehmen in Kauf, dass Produktivität und Stimmung langfristig sinken.
Mitarbeiter in die Pflicht nehmen
Um diese Situation nachhaltig zu ändern, sollten Betriebe Autorität nicht als altmodisch ad acta legen. Um modern zu führen, sollten sie ihre positiven Aspekte anerkennen. Aber wie gelingt es, Mitarbeiter „ohne Gnade, aber freundlich“ zu führen? Am wichtigsten ist, dass Führungskräfte Durchsetzungsstärke zeigen und Verlässlichkeit ausstrahlen. Das funktioniert am besten, wenn sie klar kommunizieren, was sie erwarten, was zu tun ist und wo sie die Verantwortlichkeit sehen.
Gerade hier liegt bei vielen Firmen der Hase im Pfeffer: Statt sich ständig selbst in der Zuständigkeit zu sehen, sollten Führungskräfte ihren Mitarbeitern unmissverständlich zu verstehen geben, dass es in ihrer Verantwortung liegt, die Probleme in ihrem Bereich zu lösen. Der Vorgesetzte stellt lediglich alle dafür notwendigen Ressourcen bereit. Deshalb ist es wichtig, dass Chefs ihre Teams regelmäßig danach fragen, wie aufgetretene Probleme in Zukunft sicher vermieden werden können.
Konsequenz und Fairness
Was sich vielerorts ebenfalls ändern muss: Konflikte nicht zu meiden, sondern konsequent anzupacken, damit sie das Arbeitsklima nicht belasten.
Im Alltag kann das z.B. ein Mitarbeiter sein, der regelmäßig zu spät kommt. In diesem Fall würde die Führungskraft ihn oder sie direkt auf das Verhalten ansprechen. Kommt die Person weiterhin nicht pünktlich, findet anschließend ein offizielles Gespräch dazu statt. Darin treffen beide Seiten eine verbindliche Vereinbarung darüber, wie der Mitarbeiter das Problem lösen möchte. Hält er sich nicht daran, sollte der Vorgesetzte nicht zögern, die nächsten Schritte zu gehen – wenn nötig bis hin zu arbeitsrechtlichen Sanktionen.
Trotz aller Konsequenz sollten moderne Führungskräfte jedoch fair ihren Mitarbeitern gegenüber bleiben. Nicht umsonst weist das Führungskonzept, das in mehreren Unternehmen bereits umgesetzt wurde, darauf hin, trotz aller Autorität immer freundlich zu bleiben. Das bedeutet in der Praxis: Verständnis zeigen, heikle Gespräche in vertrauensvoller Atmosphäre führen und aufmerksam zuhören. So lassen sich die Vorteile durchsetzungsstarker Führung mit eigenverantwortlichem Arbeiten verbinden. Mitarbeiter fühlen sich geschätzt und profitieren gleichzeitig von mehr Struktur, Klarheit und Transparenz.
Matthias Clesle ist seit rund 20 Jahren in der Personalentwicklung
tätig. Für Unternehmen löst er als Trainer, Berater und Speaker Probleme rund um Führung und Förderung von Mitarbeitern.