Unternehmergesellschaft: Die kleine Schwester der GmbH – von der Gründung bis zur Umwandlung

Die Unternehmergesellschaft (UG) (haftungsbeschränkt) ist eine besondere Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihre Besonderheit: Zu ihrer Gründung ist kein Mindeststammkapital erforderlich – und zugleich hat sie die volle Haftungsbeschränkung. Das macht diese Rechtsform besonders für Existenzgründer interessant. Die wachsende Bedeutung in der Praxis spiegelt sich auch in der Rechtsprechung der vergangenen Jahre wider.

Wer eine Gesellschaft gründen möchte, hat viele Punkte zu bedenken. Der Haftungsschutz – also die Begrenzung des Risikos, für Verbindlichkeiten der Gesellschaft privat in Anspruch genommen werden zu können – ist dabei von besonderer Bedeutung.

Nicht erst mit dem Brexit merkte der deutsche Gesetzgeber: Eine deutsche Alternative zur britischen Limited­Company, die seit jeher für „kleines Geld“ gegründet werden konnte, ist sinnvoll. Seit­ 2008 gibt es daher die UG­ (haftungsbeschränkt). Abgesehen von Besonderheiten bei der Kapitalaufbringung und -erhaltung ist sie in allem eine „kleine GmbH“. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind auch deswegen im GmbH-Gesetz­(GmbHG) geregelt.

Obwohl es nach wie vor wesentlich mehr GmbHs als UGs gibt, hat sich die Rechtsform im Geschäftsleben etabliert. Die Rechtsprechung musste sich dementsprechend in den vergangenen­ Jahren mit verschiedenen Aspekten dieser Gesellschaftsform befassen.

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Die Gründung der UG (haftungsbeschränkt)

Eine UG wird gegründet wie eine GmbH: Der oder die Gründer muss bzw. müssen beim Notar die Gesellschaft errichten und ihr einen Gesellschaftsvertrag geben. Dabei wird auch die Höhe des Stammkapitals festgelegt. Das Mindeststammkapital beträgt einen ­Euro. Die faktische Kapitalausstattung wird (und muss) in der Praxis allerdings höher sein. Allein die Gründungskosten liegen im dreistelligen Bereich und müssen bezahlt werden, damit die UG nicht direkt Insolvenzantrag stellen muss. Das Stammkapital muss – egal in welcher Höhe – voll und in bar aufgebracht sein, bevor die UG beim Handelsregister angemeldet und eingetragen werden kann. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht der volle Haftungsschutz für die Gesellschafter.

Obwohl die Rahmenbedingungen damit abgesteckt sind, waren Gründung und Gründungsgestaltung bei der UG in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung.

Der „Gründungsaufwand“ der UG

Ein Dauerthema in der Rechtsprechung ist für Kapitalgesellschaften der sogenannte Gründungsaufwand. Darunter versteht man die Kosten einer Gesellschaftsgründung (z.B. Steuern, Notar- und Handelsregistergebühren oder Kosten für Rechtsanwälte und Steuerberater). Im Ausgangspunkt müssen die Gesellschafter diesen Gründungsaufwand selbst tragen; immerhin sind sie diejenigen, in deren Auftrag und Interesse die zugrundeliegenden Leistungen erbracht werden. Übernimmt die Gesellschaft – also die GmbH oder UG – diese Kosten, stellt das eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter und damit häufig einen Verstoß gegen das gesetzlich zwingende Gebot zur Kapitalerhaltung (§§ 30 ff. GmbHG) dar. Die Rechtsprechung hat über die Jahre Ausnahmen von diesem Grundsatz herausgearbeitet. Unter bestimmten Voraussetzungen darf die Gesellschaft Gründungskosten selbst tragen. Die Einzelheiten sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

Für die UG erging 2021 ein Urteil zu dieser Frage. Dort war eine UG mit einem Stammkapital von 3.000 Euro errichtet worden. Die Satzung sah vor, dass der Gründungsaufwand bis zur Höhe von 2.500 Euro von der UG getragen werden sollte. Dies beanstandete das Registergericht mit der Begründung, dass dieser Gründungsaufwand zu hoch angesetzt sei. Es lehnte deswegen auch die Eintragung in das Handelsregister ab.

Über die dagegen gerichtete Beschwerde entschied das OLG­ Hamm (Az.­ 27 W­130/20). Es folgte der Auffassung des Registergerichts. Zwar könne der Gründungsaufwand im Allgemeinen zum Teil auf die Gesellschaft abgewälzt werden, dies allerdings nicht unbegrenzt. Bei einem Stammkapital von 3.000­ Euro dürften nicht in fast gleicher Höhe Gründungskosten in Ansatz gebracht werden. Das gelte umso mehr, wenn nicht nachgewiesen werden könne, wie man auf den in Ansatz gebrachten Betrag komme.

Keine Vorstrafen der Geschäftsführer

Wie bei einer GmbH kann auch bei der UG nicht jeder Geschäftsführer werden. Bestimmte Vorstrafen, vor allem im Bereich der Vermögensstraftaten (Betrug, Insolvenzverschleppung etc.) schließen die Übernahme des Geschäftsführeramts aus. Damit das Handelsregister diesen Punkt bei der Bestellung neuer Geschäftsführer überprüfen kann, müssen diese bei ihrer Anmeldung zum Handelsregister persönlich versichern, dass sie nicht in einschlägiger Weise vorbestraft oder mit Berufsverboten belastet sind (sogenannte Habilitätsversicherung). Wer eine falsche Versicherung abgibt, macht sich wiederum strafbar.

Die Straftaten, die eine Bestellung zum Geschäftsführer ausschließen, werden immer wieder erweitert und an Erweiterungen der strafrechtlichen Tatbestände angepasst. Ein Urteil des BGH hat 2022 gezeigt, dass das keine Formalie ist (Az. II ZB 8/22). Der BGH entschied über einen Fall, in dem ein neu bestellter Geschäftsführer bei seiner Handelsregisteranmeldung nicht ausdrücklich mitversichert hatte, dass er nicht wegen Straftaten nach den §§ 265c bis 265e Strafgesetzbuch (Sportwettbetrug) verurteilt worden sei. Das Registergericht und ihm folgend zunächst das OLG ­Düsseldorf und dann der BGH hielten die daran anknüpfende Zurückweisung des Eintragungsantrags für begründet. Der Geschäftsführer musste noch einmal zum Notar und eine vollständige Habilitätsversicherung abgeben.

Die UG im Rechtsverkehr

Die UG tritt im Rechtsverkehr auf wie jede andere Kapitalgesellschaft auch. Sie schließt Verträge, gibt Willenserklärungen ab und empfängt solche. Dabei wird sie von ihren Geschäftsführern geleitet und vertreten, für deren Vertretungsbefugnis („Können im Außenverhältnis“) und Geschäftsführungsbefugnis („Dürfen im Innenverhältnis“) die gleichen Vorgaben wie für GmbHs gelten. Das bedeutet insbesondere, dass UGs – außer bei Mustergründungen – einen großen Gestaltungsspielraum haben und die Gesellschafter die Befugnisse der Geschäftsführer an die konkreten Bedürfnisse ihrer UG anpassen können. Häufig sieht man deswegen Regelungen zur Einzel- oder Gesamtvertretungs- oder -geschäftsführungsbefugnis, zur (fehlenden) Befreiung von den Beschränkungen des §­181 BGB oder zu Katalogen zustimmungspflichtiger Geschäfte.

So vielfältig wie die Geschäftsmodelle der Gesellschaften sind dabei die rechtlichen Probleme aus ihrer Tätigkeit. Spezifische „UG-Probleme“ gibt es im laufenden Geschäft zwar selten, gleichwohl waren UGs in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Erreichbarkeit im Geschäftsverkehr Jede UG muss über eine inländische Anschrift verfügen, an der ihr Schriftstücke und Willenserklärungen zugestellt werden können – oder anders gesagt: an der sie jederzeit erreichbar ist. Die Geschäftsanschrift wird in das Handelsregister eingetragen. Diese Pflicht zur Anmeldung der Geschäftsanschrift dient dem Gläubigerschutz. Sie soll sicherstellen, dass die Gläubiger dem Handelsregister eine Anschrift entnehmen können, unter der zuverlässig wirksame Zustellungen an die Gesellschaft erfolgen können.

Das OLG ­Hamm wies im Jahr ­2021 im­ Rahmen eines Beschwerdeverfahrens auf die Bedeutung dieser inländischen Geschäftsanschrift hin (Az.­27 W­11/21). Eine an sich ordnungsgemäß gegründete UG hatte beantragt, in das Handelsregister eingetragen zu werden. Schon die Anforderung des Kostenvorschusses durch das Registergericht war jedoch daran gescheitert, dass das amtliche Schreiben an die angebliche Geschäftsadresse als unzustellbar zurückkam. Das Registergericht durfte damit – auch nach Auffassung des OLG­ Hamm zu Recht – den Eintragungsantrag zurückweisen. Wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, dass die Gesellschaft über eine zustellungsfähige Geschäftsanschrift verfügt, kann eine Eintragung in das Handelsregister nicht erfolgen.

In der Praxis sollten die Gesellschafter und Geschäftsführer einer UG stets darauf achten, dass sie dem Handelsregister eine inländische Geschäftsanschrift mitteilen, an der die Gesellschaft tatsächlich erreichbar ist. Ändert sich die Adresse, müssen sie das dem Handelsregister mitteilen. Dafür ist eine notariell beglaubigte, durch die Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl unterzeichnete Handelsregisteranmeldung erforderlich.

Ohne Rechtsformzusatz droht die persönliche Haftung

Damit ein Vertreter für die UG ein Geschäft abschließen kann, muss er kenntlich machen, dass er im Namen der Unternehmergesellschaft handelt. Andernfalls haftet für den abgeschlossenen Vertrag nicht die Gesellschaft, sondern der Vertreter persönlich nach §§­ 311 Abs.­2 und Abs.­3, 179 BGB analog. Das hat der BGH im Jahr­2022 entschieden (Az. III ZR 210/20).

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Anleger einen Vertreter einer UG – er war u.a. Prokurist der Gesellschaft – wegen fehlerhafter Anlageberatung verklagt. Obwohl eine Eigenhaftung des Vertreters aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nach §­311 BGB im konkreten Fall nicht vorlag, nahm der BGH eine persönliche Haftung des Vertreters an. Er begründete dies damit, dass es der Vertreter beim Abschluss der Verträge mit dem klagenden Anleger versäumt habe, den Rechtsformzusatz „UG­ (haftungsbeschränkt)“ zu führen. Er habe damit den unzutreffenden Rechtsschein erzeugt, dass – jedenfalls auch – eine natürliche Person mit ihrem Privatvermögen für die abgeschlossenen Verträge hafte. Aus diesem Grund hafte neben der UG (aus dem Grundsatz des unternehmensbezogenen Geschäfts) der Vertreter persönlich (aus allgemeinen Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung).

Wer für eine UG handelt, ist vor diesem Hintergrund gut beraten, dies den Geschäftspartnern auch kenntlich zu machen. Andernfalls droht die eigene und persönliche Haftung. Sinnvollerweise sollte die UG als Geschäftspartnerin ausdrücklich und mit ihrem vollen Rechtsformzusatz „UG/Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ benannt werden (z.B. auf Vertragsdokumenten oder dem Briefkopf).

Zur Person

Die Autorin Tina Bieniek ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Sozietät Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB in Freiburg im Breisgau.


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