Steuerliche Betriebsprüfung: Wie der Gesetzgeber Betriebsprüfungen ab 2023 und 2025 effektiver gestalten will

Mit dem DAC-Umsetzungsgesetz, das Ende 2022 in Kraft getreten ist, werden mehrere Vorschriften der Abgabenverordnung (AO) geändert mit dem Ziel, Betriebsprüfungen des Finanzamts künftig zu modernisieren und zu beschleunigen.

Während von den Steuerpflichtigen erweiterte Mitwirkungspflichten gefordert werden, sollen die Finanzbehörden Prüfungsanordnungen zeitnäher bekanntgeben, die Prüfungen früher beginnen und abschließen, Prüfungsschwerpunkte benennen sowie Zwischengespräche führen.

Begrenzung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist

Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt

  • ein Jahr für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen
  • und vier Jahre für alle andern Steuern und Steuervergütungen.

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Wenn eine Steuererklärung eingereicht wurde, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wurde.

Beispiel:
Die A-GmbH gibt die Körperschaftsteuer-Erklärung für 2019 im September 2020 ab. Das Finanzamt setzt die Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Die Festsetzungsfrist beginnt zum 31. Dezember 2020 und beträgt vier Jahre; sie endet also am 31. Dezember 2024.

Bei einer angekündigten Außenprüfung ist die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO zu beachten. Diese besagt: Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe des schriftlichen Prüfungsberichts (§ 202 Abs. 1 Satz 3 AO) drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.

Nach der bisherigen Gesetzesfassung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO endet im Fall einer Außenprüfung die Festsetzungsfrist spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die Festsetzungsfrist verstrichen ist.

Die gesetzliche Neuregelung sieht nunmehr vor, dass die an den Beginn einer Außenprüfung anknüpfende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO künftig spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Damit wird die bislang fehlende zeitliche Begrenzung gesetzlich verankert.

Zeitlicher Anwendungsbereich: Die neue Fassung von § 171 Abs. 4 AO gilt erstmals für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen.

Bekanntgabe der Prüfungsanordnung

Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung (§ 196 AO). Diese sowie der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer sind dem Steuerpflichtigen, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Auf Antrag der Steuerpflichtigen soll der Beginn der Außenprüfung auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden, wenn dafür wichtige Gründe glaubhaft gemacht werden.

Mit der Prüfungsanordnung kann die Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist verlangt werden. Sind diese Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, sind die Daten in einem maschinell auswertbaren Format an die Finanzbehörde zu übertragen. Sind die verlangten Unterlagen vorgelegt worden, sollen dem Steuerpflichtigen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt werden (§ 197 AO).

Ist Grundlage der Außenprüfung ein Steuerbescheid, der aufgrund einer in § 149 Abs. 3 AO genannten Steuererklärung erlassen wurde, wird die Prüfungsanordnung bis zum Ablauf des Kalenderjahres erlassen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist – unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe mit der Steuererklärung beauftragt oder ob er sie selbst erstellt hat. Die Prüfungsanordnung kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erlassen werden. Hat allerdings die Finanzbehörde die „Verspätung“ zu vertreten, beginnt die Fünfjahresfrist der Ablaufhemmung zugunsten des Steuerpflichtigen bereits mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der maßgebliche Steuerbescheid wirksam geworden ist (§ 197 Abs. 5 Satz 2 AO). Zeitlicher Anwendungsbereich: Die Neuregelungen des § 197 Abs. 5 AO sind erstmals auf Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen.

Vereinbarung von Rahmenbedingungen für die Mitwirkung des Steuerpflichtigen

Nach dem bisherigen Gesetzestext in § 1990 AO ist der Steuerpflichtige während der Außenprüfung über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu unterrichten, wenn dadurch Zweck und Ablauf der Prüfung nicht beeinträchtigt werden.

Nach dem neuen Satz 2 des § 199 Abs. 2 AO kann die Finanzbehörde mit dem Steuerpflichtigen vereinbaren, in regelmäßigen Abständen Gespräche über die im Rahmen der Außenprüfung festgestellten Sachverhalte und deren mögliche steuerliche Auswirkungen zu führen. Nach dem neuen Satz 3 in § 199 Abs. 2 AO können im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen Rahmenbedingungen für dessen Mitwirkung (§ 200 AO) festgelegt werden. Erfüllt der Steuerpflichtige diese Rahmenbedingungen, ist ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a AO (dazu sogleich) ausgeschlossen.

Zeitlicher Anwendungsbereich: Grundsätzlich erstmalige Anwendung auf alle am 1. Januar 2023 anhängigen Verfahren. § 199 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO in der ab 1. Januar 2023 geltenden Fassung sind auch für Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2025 entstehen, wenn für diese Steuern und Steuervergütungen nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben wurde.

Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen und Verzögerungsgeld

Neu eingeführt wurde mit § 200a AO ein „qualifiziertes Mitwirkungsverlangen im Rahmen von Außenprüfungen“. Die Regelung gilt nur für Steuerpflichtige, die ihren Mitwirkungspflichten nach § 200 AO nicht oder nicht hinreichend nachkommen. Vor Erlass eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens soll daher in der Regel bereits ein Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO ergangen sein, welches vom Steuerpflichtigen nicht oder nicht hinreichend erfüllt wurde.

Durch das qualifizierte Mitwirkungsverlangen wird bestimmt, dass im Falle der Nichterfüllung eines Mitwirkungsverlangens die Fünfjahresfrist der Ablaufhemmung verlängert oder gar außer Kraft gesetzt wird (§ 200a Abs. 4 AO) und ein Mitwirkungsverzögerungsgeld bzw. ein Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wird.

Bei Steuerpflichtigen, die ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nicht oder nicht hinreichend erfüllen und bei denen deshalb ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festzusetzen ist, verlängert sich die Fünfjahresfrist nach § 171 Abs. 4 AO um die Dauer der Mitwirkungsverzögerung, mindestens aber um ein Jahr (§ 200a Abs. 4 Satz 1 AO). Die Finanzverwaltung muss auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgelds und dessen voraussichtliche Höhe hinweisen. Die Höhe des Mitwirkungsverzögerungsgelds beträgt 75 € für jeden vollen Kalendertag der Mitwirkungsverzögerung, höchstens allerdings für 150 Kalendertage. Die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgelds kann auch in Teilbeträgen erfolgen (§ 200a Abs. 2 Satz 4 AO).

Zeitlicher Anwendungsbereich: § 200a AO ist grundsätzlich erstmals auf Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. § 200a Abs. 1 bis 3 und Abs. 6 in der ab 1. Januar 2023 geltenden Fassung ist auch für Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2025 entstehen, wenn für diese Steuern und Steuervergütungen nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben wurde.

Teilabschlussbescheid bei Außenprüfungen

Es wurde ein neuer § 180 Abs. 1a in die AO aufgenommenen. Danach können im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen durch einen Teilabschlussbescheid gesondert festgestellt werden.

Teilabschlussbescheide entwickeln nach § 182 AO Bindungswirkung für den Steuer- oder Feststellungsbescheid, für den die im Teilabschlussbescheid getroffenen Feststellungen von Bedeutung sind. Sie sind selbstständig anfechtbar. Die darin getroffenen Entscheidungen können aufgrund der Regelung in § 351 Abs. 2 AO nur durch Anfechtung des Teilabschlussbescheids und nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden.

Der Erlass eines Teilabschlussbescheids steht im Ermessen der Finanzbehörde. Stellt der Steuerpflichtige allerdings einen Antrag auf Erlass eines Teilabschlussbescheids, ergeht ein Teilabschlussbescheid, wenn daran ein erhebliches Interesse besteht und dies vom Steuerpflichtigen auch glaubhaft gemacht wird.

Zeitlicher Anwendungsbereich: § 180 Abs. 1a AO in der ab 1. Januar 2023 geltenden Fassung ist grundsätzlich erstmals auf Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. Abweichend hiervon ist § 180 Abs. 1a AO in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung auch für Steuern und Steuervergütungen anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2025 entstehen, wenn für diese Steuern und Steuervergütungen nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben wurde.

Zur Person

Dr. Hagen Prühs

Schriftleiter der GmbH-Steuerpraxis
und Herausgeber und Chefredakteur
des Wirtschaftsmagazins gmbhchef

www.gmbh-steuerpraxis.de
www.gmbhchef.de


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