Konkrete Handlungsempfehlungen für den Wandel: Wie ein Change Management gelingen kann

Change Management ist ein gewagter Begriff. Denn wer lässt sich schon gerne von außen verändern? Meist geht es um die eigene Einstellung, die veränderbar ist. Im folgenden Beitrag wird näher beleuchtet, worauf es für GmbH-Chefs und ihre Mitarbeiter ankommt, um den Wandel erfolgreich zu gestalten.

Studien von Beratungshäusern wie etwa McKinsey zeigen, dass mehr als 70 Prozent aller Change-Management-Aktivitäten scheitern. Doch was sind die Ursachen für diese alarmierende Quote? Liegt es daran, dass seitens der Unternehmen, GmbHs und ihrer jeweiligen Chefs nicht so wirklich an Veränderungen geglaubt wird, obwohl man es doch möchte? Will man die eigene Komfortzone nicht verlassen und sperrt sich daher gegen den oftmals notwendigen Wandel? Hat man Angst, sich
bei Veränderungen einem zu hohen Risiko auszusetzen? Fehlen die überzeugten Macher und Führungskräfte, um konsequent Veränderungsmaßnahmen voranzutreiben?

Die schlechte Nachricht ist, dass all diese oben angeführten Fragen und Parameter sich negativ auf die Umsetzung auswirken. Die gute Nachricht ist, dass man darauf als Chef wirkungsvoll und vor allem positiv einwirken kann. In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage, was erfolgreiche Unternehmen anders in der Umsetzung von Change-Management-Projekten machen?

Transformationen sind komplex und nie abgeschlossen

Grundsätzlich werden die Begriffe „Change“ und „Transformation“ häufig gleichgesetzt. Doch während Change den Weg von Zustand A zu Zustand B beschreibt, wie bei einem Austausch einer Software durch eine neue Applikation, so ist eine Transformation viel umfassender. Transformationen wirken auf das gesamte Unternehmen, auf die gesamte GmbH und ihre Prozesse. Es ist eine Reise, eine Veränderung zu erreichen – ohne den Weg im Detail zu kennen. Transformationen sind deshalb nie abgeschlossen. Change-Projekte dagegen sind meist kurzfristiger und viel operativer. Bei Transformationen erhöht sich die Komplexität und erfordert einen größeren Fokus auf kulturelle Aspekte wie Unternehmenswerte und Identität der Mitarbeiter – kurzum: es gilt, die weicheren Faktoren viel stärker zu berücksichtigen.

Veränderungsprojekte scheitern meist daran, dass die Mitarbeiter völlig unzureichend auf den Prozess vorbereitet und bei diesem begleitet werden. Veränderungen sind Phasen von größter Unsicherheit. Zu oft existiert der Glaube an digitale Tools, die automatisch die Lösung herbeiführen. Gedankengänge von Mitarbeitern wie „Was bedeutet das für mich und für meine Arbeit zukünftig, wie kann ich mich davor schützen, welche Alternativen oder Chancen gibt es für mich – oder was wäre das Worst-Case-Szenario?“, bleiben unbeantwortet und erzeugen existenzielle Ängste.

Einstellungen zwischen Ausgangssituation und Zielsetzung in Veränderungsprozessen positiv verändern

Es ist wichtig, die Stimmungskurve der Mitarbeiter durch einen so genannten „Reframing“-Prozess positiv zu gestalten. Dabei geht es um die Fähigkeit, ein bestimmtes Ereignis oder Verhalten in einem neuen Rahmen (Frame) zu sehen und/oder in einen neuen Rahmen zu setzen. Ohne die Hinzuziehung einer kritischen Masse von Mitarbeitern bleibt der Erfolg auf der Strecke. Es braucht neben anwenderfreundlichen Applikationen für die Belegschaft auch Experten-Teams, die durch die Unterstützung der Entscheider und Führungskräfte die Betroffenen zu Beteiligten des Veränderungsprozesses machen. Die den Mitarbeitern neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, gemeinsam Teilziele definieren und verabschieden und die Belegschaft auf eine positive Zukunft einstellen. Damit wird eine Atmosphäre geschaffen, die sicherer mit der Unsicherheit kommender Veränderungen umgehen kann. Kommunikativ sollten immer das „Wofür“ und der Blick in die Zukunft
in den Vordergrund gestellt werden. Es geht um die Sinnhaftigkeit und nicht um die Frage nach dem „Warum“, die mehr als Verteidigung des Neuen interpretiert wird. Die Stärke der Veränderung durch eine bessere Zusammenarbeit in heterogenen Teams bildet einen Katalysator für einen erfolgreichen Prozess. Dafür braucht es Offenheit in der Kommunikation auf allen Ebenen während der gesamten Projektdauer. Schwierigkeiten, Ängste und Stolpersteine dürfen angesprochen werden. Rückkopplungsschleifen bieten die Möglichkeit, Teilziele zu überprüfen und eventuell anzupassen. Das Partizipieren, also die aktive Teilnahme von Mitarbeitern an Entscheidungen, fördert die Agilität und die Motivation, Teil der Lösung zu sein.

Dabei ist es wichtig, die Mitarbeiter abzuholen und gezielt zu hinterfragen, wo sie zu Beginn des Veränderungsprozesses stehen. Veränderungstempo und -maß müssen ausgewogen sein und entsprechend angepasst werden. Die Dosis macht das Gift und erfordert größte Wahrnehmung. Warnsignale der Belegschaft sollten antizipativ erkannt werden. Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen oder Feedbackschleifen einzelner Teams und Stakeholder sind dafür hilfreiche Stimmungsparameter.

Gelungene Veränderung erfordert professionelles Stakeholder Management

Damit sind wir bei den Stakeholdern. Jenen Personen, die spezifische Anliegen gerne durchsetzen wollen. Die zentrale Frage lautet: Welche Interessen beeinflussen diese Gruppierungen in Veränderungsprozessen? Wer diese Perspektiven und ihre Risiken bzw. Erfolgsfaktoren gut einschätzen kann, der weiß, welche Maßnahmen für das Gelingen zu wählen sind. Dabei sind die unterschiedlichen Stakeholder in fünf Bereiche nach Auswirkungen des und Bereitschaft zum Veränderungsprozess zu unterteilen. Die Gruppe der Ambivalenten ist meist die größte Gruppe. Hier sollten im Dialog besonders viel Energie und Zeit aufgewendet werden. Ist eine „kritische Masse“ dieser Fraktion als Unterstützer der Veränderung gewonnen, lässt sich das Momentum nicht mehr aufhalten.

Leadership als entscheidender Faktor für einen erfolgreichen Veränderungsprozess

Veränderungsprozesse können nicht durch Entscheider wegdelegiert werden. Die Mitarbeiter brauchen die Gewissheit, dass die GmbH-Chefs davon zu 100 Prozent überzeugt sind und es vorleben. Führungskräfte sollten den Mitarbeitern Halt und Orientierung geben. Das ist ihre Aufgabe. Zusammenfassend basiert diese Aufgabe auf vier Prinzipien.

  1. Messgrößen und Kennzahlen zu wirkungs-und sinnorientierten Führungsindikatoren umdeuten: Stellgrößen gemeinsam im Team entwickeln und abstimmen, um den Fortschritt des Veränderungsprozesses aufzeigen zu können. Alle Mitarbeiter brauchen Klarheit, wo das Unternehmen steht, welche Teilziele erreicht sind und wo es möglicherweise hakt. Wo nachgearbeitet werden muss und welche nächsten Schritte zu gehen sind. Das Bewusstsein und der Sinn hinter einer Veränderung sollten für jeden erkennbar sein.
  2. Mikromanagement durch Vertrauen in die Mannschaft und das Übertragen von Verantwortung: Teilziele gemeinsam definieren und sie gegebenenfalls anpassen. Dazu sollte die notwendige Autonomie der Teams in der Umsetzung sichergestellt sein. Das stärkt das Vertrauen der Mitarbeiter sowie ihre Überzeugung von der eigenen Expertise und erhöht das Engagement der Teammitglieder.
  3. Wertschätzender Dialog auf Augenhöhe: Nichts ist wichtiger für Mitarbeiter als Zugehörigkeit zu wichtigen Teams im Umsetzungsprozess. Somit werden starre Hierarchien durch eine Kommunikation auf Augenhöhe verflüssigt. Jeder, egal welche Funktion, wird als Teil der Lösung mit Wertschätzung wahrgenommen.
  4. Wandel von Fachkompetenz zu einer Führungskompetenz: Führung ist nicht ausschließlich den Führungskräften zugeschrieben. Jeder Mitarbeiter hat einen Führungsanspruch – gegenüber sich selbst, seinem Team und dem Unternehmen. Wird diese Haltung im Unternehmen gefördert und gelebt, sind Führungsprinzipien wie Sinnhaftigkeit, Autonomie, Expertise und Zugehörigkeit gegeben.

Fazit

Veränderungsprozesse bedeuten und erfordern ein hohes Maß an Disziplin von Entscheidern und Mitarbeitern. Auf dieser Reise sind Höhen, Tiefen und Ängste zu überwinden, die große Chancen bieten, sich wesentlich besser kennenzulernen, um für weitere zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein. In solchen schwierigen Phasen bildet sich gegenseitiges Vertrauen zwischen Teammitgliedern und Entscheidern einer GmbH, da zunächst keiner weiß, wie sich die Entscheidungen in der Zukunft auf ihren Erfolg auswirken.

Hinzu kommt ein stärkerer Zusammenhalt mit dem Gefühl, dass alle im gleichen Boot sitzen. Das Bewusstsein einer gemeinsamen Abhängigkeit verstärkt sich durch diese Unsicherheit. Gelingt es einer Organisation oder GmbH, diese Phasen erfolgreich gemeinsam zu bestehen, sind der Zusammenhalt und die Motivation einer starken, schlagkräftigen Mannschaft noch viel höher als in Zeiten vor den größeren Veränderungen. Denn Vertrauen kann man nicht einfordern, es muss geschaffen werden. GmbHs, ihre Chefs und Mitarbeiter müssen also – gerade in Zeiten der Unsicherheit – gemeinsam auf eine positive Zukunft setzen. Der in diesem Beitrag beschriebene Prozess ist der Katalysator, um den Fokus und die Energie mit vereinten Kräften auf den Erfolg auszurichten. Damit verflüssigen sich dann auch Ängste, Zweifel und Gedanken des Scheiterns. Und es gelingt, die kritische Masse der Mitarbeiter und Führungskräfte dauerhaft für das gemeinsame Ziel zu gewinnen.

Zur Person

Harald Smolak

Partner und Direktor sowie Leiter
People Management bei der Managementberatung
Atreus in München

Harald.Smolak@atreus.de
www.atreus.de


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