Ende März beschloss das Bundeskabinett die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, über die inzwischen im Bundestagsausschuss für Inneres und Heimat beraten wird. Damit sollen die zahlreichen bürokratischen Hürden gesenkt werden, die dazu führten, dass die erste Fassung des Gesetzes aus dem Jahr 2019 nur wenig Wirkung zeigte.
Hintergrund ist der immer dringlicher werdende Mangel an Mitarbeitern in einigen Branchen. Zahlreiche Stellen können nicht mehr besetzt werden, worunter die Produktivität und Leistungsfähigkeit von Unternehmen und damit letztlich die gesamte Wirtschaft leiden. Bei diesem Problem sollen nun ausländische Fachkräfte Abhilfe schaffen. Doch die aktuelle Gesetzesanpassung stößt auch auf Kritik.
Mit zweijähriger Berufserfahrung und einer im Herkunftsland anerkannten Ausbildung soll Fachkräften zukünftig eine Einwanderung möglich sein, ohne dass der Abschluss zunächst in Deutschland anerkannt werden muss. Dadurch soll der bürokratische Weg verkürzt werden. Eine Anerkennung des Berufsabschlusses ist weiterhin möglich, kann nun aber auch nach der Einwanderung stattfinden.
Vorgesehen ist zudem eine Chancenkarte, mit der das Potenzial der Arbeitsuchenden auf Basis eines Punktesystems eingeordnet werden soll. Dazu werden Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Qualifikation, Alter, Deutschlandbezug und ggf. die beruflichen Aussichten des Ehepartners herangezogen. Diese Karte soll die Arbeitssuche erleichtern. Parallel zur Suche sind zudem eine begrenzte Beschäftigung (20 Wochenstunden) oder eine Probebeschäftigung gestattet.
Was ändert sich für Unternehmen?
Unternehmen soll es künftig möglich sein, ein schnelleres Fachkräfteverfahren bei der zuständigen Ausländerbehörde einzuleiten. Dazu braucht das Unternehmen grundsätzlich die Vollmacht der Fachkraft, die es einstellen möchte. Das Verfahren soll die Dauer der bürokratischen Abläufe wesentlich verringern (mehr Informationen und die wichtigsten Schritte finden Leser, wenn sie den QR-Code am Ende des Artikels scannen).
Für Branchen, in denen besonders großer Bedarf herrscht, ist die Einführung sogenannter „kontingentierter kurzzeitiger Beschäftigung“ vorgesehen. Das bedeutet, dass Arbeitskräfte unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation für acht Monate in Deutschland arbeiten dürfen, sofern sie einen tarifgebundenen Arbeitgeber haben.
Noch bleiben Fragen offen
Dass neue Anreize für die Zuwanderung von Fachkräften nötig sind, steht für viele nicht in Frage. Bedenken gibt es vor allem zur Umsetzung. So wies der Deutsche Mittelstands-Bund darauf hin, dass auch die besten Gesetze nur wirken könnten, wenn die Verwaltung die überfälligen Neuerungen tatsächlich wie geplant umsetze. Dafür sei es notwendig, die Verfahren zu modernisieren und zu vereinfachen.
Auch in der Politik herrscht aktuell noch große Uneinigkeit. Die Opposition kritisierte im Bundestag, dass die Reform vor allem Minderqualifizierte anspreche und damit dem eigentlichen Bedarf nicht gerecht werde. Die Regierungsparteien betonten hingegen, dass Deutschland eine Willkommenskultur benötige, um Arbeitskräfte – die man in allen Qualifikationsstufen benötige – anzuziehen.
Gerade eine solche Kultur hängt nicht nur von gesetzlichen Vorgaben ab. Neuankömmlinge müssen sich wohlfühlen, um langfristig zu bleiben und die bestehenden Lücken erfolgreich auszufüllen. Nur wenn das gelingt, können die neuen Verordnungen tatsächlich die gewünschte Wirkung entfalten.
Karsten Köhler, Redakteur beim VSRW-Verlag