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Zukunftsgestaltung in Unternehmen: Der Unterschied zwischen starken und schwachen Leadern

Um zu den ersten an den Honigtöpfen der Zukunft zu zählen, müssen sich viele Unternehmen neu erfinden. Dies erfordert innovative Ideen – und eine passende Führungskultur.

Wer die Zukunft erreichen will, braucht Menschen im Unternehmen, die sich als Pioniere ins Neuland wagen. Auch dorthin, wo noch niemand vor ihnen war. Solche Menschen werden Quer- und Weiterdenker oder bisweilen auch Game Changer, Freigeister und Corporate Rebels genannt. Sie sprühen vor Ideen, wie man das, was in die Jahre gekommen ist, besser machen könnte, sollte und müsste.

Sie sind Helfershelfer auf dem Weg ins Übermorgen, Lotsen in die kommende Zeit. Sie ehren das Gute und plädieren zugleich für das bessere Neue. Sie zeigen auf alles, was für Kollegen und Kunden eine Zumutung ist. Sie sind oen für Fortschritt und treiben mutig den Wandel voran. Solche Zukunftsgestalter im Unternehmen sind ein echter Wettbewerbsvorteil. Wenn man sie doch nur machen ließe.

Weiterdenker legen Trittsteine ins Neuland

Das Denken und Handeln gegen die Regel und das Etablierte gehört zu den maßgeblichsten Erfolgsfaktoren, um sich von Durchschnitt und Mittelmaß abzuheben. Wer das nicht versteht, wird Weiterdenker als Querulanten abqualifzieren. Doch damit liegt er falsch. Querulanten sind Personen, die an allem etwas auszusetzen haben, die sich wegen jeder Kleinigkeit beschweren und stur darauf pochen, Recht zu haben.

Querulanten legen sich quer um des Querlegens willen. Sie stänkern rum, verbreiten schlechte Stimmung, befeuern die Gerüchteküche, verdrehen die Wahrheit, spinnen Intrigen und zetteln Streitigkeiten an. Man kann sie auch als Nörgler oder Miesmacher bezeichnen. Ihr Verhalten ist destruktiv und zu nichts nutze. Sie treiben Keile in Gemeinschaften, statt alle gemeinsam voranzubringen.

Echte Querdenker hingegen sind konstruktiv. Sie wollen nichts zerschlagen und auch nicht zündeln. Ihre Vorstöße zielen auf die Verbesserung einer jeweiligen Situation. Sie sind sanfte, schöpferische, förderliche Rebellen, aber keine Aufständischen, Saboteure oder Untergrundkämpfer. Allerdings befolgen sie nicht unbesehen, was ein Prozess oder System von ihnen verlangt. Gottseidank. Denn Konformismus erzeugt Stillstand. Nichts wird mehr gewagt, was zwar Chancen bietet, aber vielleicht auch schiefgehen könnte. Und die flottere Konkurrenz zieht mit Besserem, Neuerem an einem vorbei.

Hätten alle Menschen immer alle Regeln des zu ihrer Zeit Üblichen perfekt befolgt, säßen wir noch heute in der Savanne. Es waren die innovativen Pioniere, die mit Entdeckerfreude, Gestaltungslust und umtriebigen Ideen Konventionen durchbrachen und Trittsteine ins Neuland legten. Sie sorgten für Fortschritt und führten uns dahin, wo wir heute sind. Wer sich mit Um-die-Ecke-Denkern und Über-den-Tellerrand- Schauern umgibt, wer den Neumachern im Unternehmen eine tragende Rolle gibt, zählt zu den Ersten an den Honigtöpfen der Zukunft.

Schwache Leader verspielen die Zukunft

Zwangsläufig muss man sich von Veraltetem trennen, damit das notwendige Neue „werden kann“. Leider ist man mit solchen Gedankengängen vielen im Unternehmen ein Graus. Bloß nicht den Laden durcheinanderbringen, bloß nicht für Unruhe sorgen, bloß nicht das beschauliche „weiter so“ stören. „Wer sich der vorgegebenen Ordnung nicht fügt, den können wir hier nicht gebrauchen“, erklärte man mir neulich.

Schwache Leader beharren auf vermeintlich Bewährtem. Regeln und Normen geben ihnen einen Sicherheitsrahmen. Neue Wege bedeuten für sie nicht Chance, sondern Gefahr. Zudem haben sie Angst vor der Demaskierung. Insofern nutzen sie die ihnen zugewiesenen Befugnisse für Command & Control. Sie hüten Wissen, denn das gibt ihnen Macht. Auf ihre Entscheidungen muss man lange warten. Sie erzeugen ein Umfeld von Unlust und blindem Gehorsam. Neudenker stellen für sie ein Risiko dar. Deshalb verweigern sie ihnen Entfaltungsräume und neigen dazu, sie fertig zu machen.

Darüber hinaus sind schwache Leader defizitorientiert. Sie thematisieren die Schwächen ihrer Leute – und nicht deren Stärken. Sie heben deren Fehler und nicht deren Erfolge hervor. Sie können sich schlecht auf andere Sichtweisen einlassen. Selbst die genialsten Ideen werden sie niedertrampeln, wo es nur geht. Und in Wahrheit? In Wahrheit hat ihr Ego vor allem Sorge um Machtverlust – oder Angst vor dem Zeigen von Schwäche.

Starke Leader geben Freigeistern Raum

Starke Leader wissen, wie wichtig neues Denken und Handeln ist, um die Zukunft erreichen zu können. Sie geben keine Direktiven vor, sondern unterstützen autonome Entscheidungen in ihren Teams. Spielfelder des Experimentierens sind in ihrem Umfeld völlig normal. So sorgen sie für einen Nährboden stetigen Wandels und erzeugen Biotope für unkonventionelle Ideen. Neuesprobierern zollen sie Anerkennung. Querdenkenden wird Wertschätzung entgegengebracht und Wagemut wird belohnt. Auf diese Weise beflügeln sie ihre Mitarbeitenden zu immer neuen Heldentaten.

Bei starken Leadern stehen nicht Vorgaben, Forderungen und Kontrollaktionen im Vordergrund, sondern das Befähigen und die vertrauensvolle Ermunterung. Sie stecken Spielfelder ab, in denen Handlungsoptionen für großartige Ideen und hohe Performance entstehen können. Sie öffnen Türen, entfernen Hürden und machen die Bahn frei, damit die Leute lossprinten können. Hier und da stellen sie – abhängig von Aufgabenstellung und Persönlichkeitstypologie – auch ein paar Leitplanken auf, damit niemand in den Abgrund gerät. Wenige Spielregeln bestimmen, was geht und was nicht.

Zudem erleben starke Leader die Perspektiven anderer als bereichernd. Ihre eigene Meinung betrachten sie als eine von vielen Möglichkeiten. Ihnen ist sonnenklar: Die Menschen wollen wirksam werden, sie wollen erfolgreich sein und das Unternehmen nach vorne bringen. Man muss nur alles entfernen, was sie daran hindert. Spielraum und gefahrloses Ausprobieren lässt Menschen reifen. Eigenverantwortung macht sie selbstbewusst. Entscheidungskompetenz macht sie stark. Selbstinitialisierte Weiterentwicklung macht sie kreativ – und damit die ganze Firma fit für die Zukunft.

Zukunftsmacher brauchen Rückendeckung

Freigeister – vor allem die aus der jungen Generation – muss man liegen lassen. Wer sie domestizieren und ihnen die Flügel stutzen will, nimmt ihnen genau die Kraft, die sie so überaus wertvoll macht. Bevormundung und starre Regelkorsetts kommen für sie nicht in Betracht. Ihnen geht es um spannende Aufgaben und bereichernde Erfahrungen, an denen sie selbstwirksam arbeiten können. Folgende Überlegungen treiben sie an:

– Ergibt es Sinn, was ich hier mache?
– Kann ich mich fachlich einbringen und etwas zum Guten verändert?
– Werde ich als wertvoll gesehen und in meinem Tun anerkannt?

Gute Ideen sind sehr zerbrechlich und werden leicht totgetrampelt. Ihnen und ihren Schöpfern weht oft eine steife Brise entgegen, weil sie sich gegen eine Vielzahl von Bremsern zur Wehr setzen müssen. Weil Neudenker also schnell ins Abseits geraten, brauchen sie Rückendeckung. Nur dann kann sich ihre Wirkkraft voll entfalten. Andererseits müssen sie hier und da eingebremst werden, da sie sich in ihrem Übereifer bisweilen vergaloppieren. Und ja natürlich, sie werden sich auch verlaufen. Doch wie heißt es so schön: Wer sich nie verirrt, findet auch keine neuen Wege.

Freigeister haben ein gutes Gespür für neue Trends

Als vor Jahren enthusiastische Entwickler bei Atari begannen, Videospiele zu konzipieren, war die Weisung aus der Chefetage deutlich und klar: „Es gibt keinen Markt dafür. Atari ist nicht daran interessiert, Spiele für Computer zu produzieren.“ Einem der Software-Ingenieure, der an Star Raiders arbeiten wollte, sagte ein Spitzenmanager: „Ein Spiel, bei dem man im Weltraum herumliegt und andere Raumschiffe abschießt? Das ist die dümmste Idee, die uns je untergekommen ist. Schreiben Sie das Projekt ab!“ Star Raiders ist nur deshalb fertiggeworden, weil der Entwickler vorgab, sich um die regulären Atari-Programme zu kümmern – und weil sein direkter Vorgesetzter ihn schützte. Das Spiel wurde nicht nur zu einem Verkaufsschlager, es gilt als Klassiker der Videospielgeschichte und wurde von der Stanford University zu einem der zehn wichtigsten Computerspiele aller Zeiten gekürt.

Die Sprechblasenmethode für Optimierungsinitiativen

Wer Überholtes loswerden und Verbesserungspotenzial zeitnah einfangen will, braucht die richtigen Fragen. Versuchen Sie es doch mal mit der Sprechblasen-Methode. Die geht so: Man malt Sprechblasen, die sich gegenüberstehen, eine links und drei rechts. In die linke kommt eine ausgewählte Frage aus der folgenden Liste, die rechten sind leer, damit der Befragte seine Antworten dort einsetzen kann.

  • Die Goldstück-Frage: Welches sind die drei umsatzträchtigsten oder auch kostensparendsten
    Ideen, die Sie für uns hätten?
  • Die Sternenstaub-Frage: Welches sind Ihre drei verrücktesten/emotionalsten Ideen, die wir
    bei unseren Kunden umsetzen könnten?
  • Die Trüffelschwein-Frage: Welches sind die drei innovativsten Dinge, die wir schnellstmöglich
    einführen sollten?
  • Die Killer-Frage: Wenn es einen Sensenmann gäbe, welches wären die drei Dinge, die er
    unbedingt dahinraffen müsste?
  • Die Ufo-Frage: Wenn Sie ein Außerirdischer wären, welche drei Dinge kämen Ihnen bei uns
    besonders merkwürdig vor?
  • Die Forum-Frage: Wenn wir ein Forum hätten mit dem Namen „Was bei uns total nervt“,
    welches wären die drei Hauptdiskussionspunkte?
  • Die Gummibaum-Frage: Wenn der Gummibaum in unserem Besprechungsraum reden könnte,
    was würde er zu unserer Gesprächskultur sagen?
  • Die Kaffeemaschinen-Frage: Wenn unsere Kaffeemaschine sprechen könnte, was würde ihr
    bei unserem Miteinander am meisten missfallen? Und was würde ihr am besten gefallen?
    (dazu zweimal drei Sprechblasen)

Die Sprechblasen-Methode kann offen oder anonymisiert eingesetzt werden. Hierbei befragt
man die Mitarbeitenden einzeln – oder das ganze Team im Zuge eines Meetings.

Das Buch zum Thema

Anne M. Schüller
Querdenker verzweifelt gesucht
Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt
Mit einem Vorwort von Gunter Dueck
Gabal Verlag 2020, 240 Seiten, 29,90 €
ISBN: 978-3-86936-998-3

Zur Person

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenzentrierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von XING wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.
www.anneschueller.de

Stand: 09.11.2021 10:30