Das Zeitalter des „Schneller! Höher! Weiter!“ ist vorbei. Nur nach mehr Umsatz und Gewinn zu streben, reicht nicht länger aus. Auch genügt es nicht mehr, dass Unternehmen ihren „Purpose“ (also lediglich den Zweck ihres Daseins) definieren. Denn der ist wir-orientiert, bezieht sich nur auf die Unternehmer und lässt die Mitarbeitenden und Kunden außen vor. Es geht jetzt um das Ihr, das dienende „Wofür“: Unternehmen, die ihren Gesellschaftsbeitrag entwickeln und erlebbar machen, sind besonders future-ready.
Starke und widerstandsfähige Unternehmen müssen dieses gewisse Etwas haben, das motivierend, einend und richtungsweisend für alle Beteiligten ist, das weit über ein bloßes Umsatz-und-Gewinn-Machen hinausgeht und das sich für alle gut anfühlt. Wenn es da ist, ist es die maßgebliche Grundlage für die planbar beste Zukunft einer Firma. Diese Basis gibt Kraft, Halt und Sicherheit – in einer Zeit, in der das Unwägbare das neue Normal ist. Es geht um den Gesellschaftsbeitrag. Davon brauchen wir in der heutigen Zeit alle mehr. Auf dem Weg dorthin sind diese Schritte notwendig:
1. Change: Das „Wofür“ beerbt das „Warum“
„Purpose“ war gestern: Das dienende „Wofür“ tritt an die Stelle des egoistischen „Why“. Zukünftig kommt erst das „Du und ihr“, dann das „Ich und wir“. Dabei geht es um das für alle mehrwertige Miteinander in den Dimensionen Soziales (fair, verantwortungsvoll, solidarisch den Menschen gegenüber) und Ökologisches (rücksichtsvoll und nachhaltig der Natur gegenüber).
Zudem geht es dabei speziell um die Rolle und die Aufgaben jedes Chefs, diesen erstrebenswerten Zustand zu erreichen. Dafür müssen Unternehmen ihren dienenden Anspruch formulieren und vertreten sowie die bewährten Methoden Inhaberstrategie und Familienverfassung, Wertewelt und Markenpositionierung erweitert anwenden. Und zwar so, dass das Ergebnis auf das einzahlt, was die große gemeinsame Aufgabe für alle Beteiligten fassbar macht. Ihre neu gelebte Empathie stellt dann zusammen mit rationalem Handeln sicher, dass das Unternehmen das ist, was alle sein wollen: bedeutsam.
2. Charakter: Was den Gesellschaftsbeitrag auszeichnet
Der Gesellschaftsbeitrag ist kein Ziel. Das ist traditionell vor allem betriebswirtschaftlich und eher rational. Klare Produktions- und Absatzziele sind auf der einen Seite elementar wichtig, damit das Unternehmen prosperiert. Auf der anderen Seite ist der emotionale Klebstoff zwischen all dem genauso zentral: Was treibt uns an, macht jeden Einzelnen konstruktiv betroffen? Der Gesellschaftsbeitrag lädt das Betriebswirtschaftliche auf, reichert es zeitgemäß an. Was er vorschreibt, ist genauso hart und klar und überhaupt nicht „soft“. Der große Unterschied: Das Wofür ist dienend und gebend und nicht, wie die monetären Ziele, in erster Linie selbstzentriert und nehmend. So hat das Unternehmen die beste Ausgangsbasis für die beste Zukunft. Und zwar in B-to-B genauso wie in B-to-C.
3. Produkt: Dienende Bedeutsamkeit ist begehrt
Immer mehr Entscheider verstehen, dass es gar nicht mehr allein um die angebotenen Produkte und Services geht. Es geht jetzt vor allem um die wert(e)vollen Beziehungen. Solche Verbindungen im Geschäftsleben müssen behutsam aufgebaut, geflissentlich gehegt und engagiert gepflegt werden, damit sie weiter wachsen und gedeihen können. Der Billigste zu sein ist immer weniger entscheidend: Wer Haltung zeigt und relevant ist, wird dagegen zusehends „seinen Preis wert“ sein. So jemandem schenken Kunden und auch Bewerber gerne ihr Vertrauen. Es gründet nicht mehr so sehr auf den harten Leistungswerten und Konditionen, sondern vor allem auf den soften Faktoren, die zu einem stimmigen Bild führen. Bedeutsame Unternehmen packen ihre Wofür-Projekte dafür genauso strategisch an wie die Aktivitäten für Märkte, Absatz und Profit. Wer das nicht schafft, wird sich und seine Produkte noch mehr über große Versprechungen, Rabatte und Selbstausbeutung verkaufen müssen.
4. Werte: Haltung wahren und vermitteln
Mehr denn je sind Unternehmen gefordert, der ihnen zugeschriebenen verantwortlichen Rolle in allen Facetten zu entsprechen. Das bedeutet, beim umsichtigen Einsatz von Ressourcen (was Rohstoffe und Energie genauso wie die Fähigkeiten und das Potenzial der Menschen angeht) wie im Produktionsprozess und beim Output im Sinne wertvoller Produkte und Dienstleistungen nachweislich tätig zu werden: Als ihr Beitrag zu einem menschlichen und menschenwürdigen Miteinander aller. Leitplanke dafür sind die Werte des Unternehmens. In der Regel waren sie schon immer da, sind zwischenzeitlich vielleicht verschütt gegangen und müssen rekultiviert oder neu gefunden werden. Werte als kollektiv geschätzte „Vorstellungen von Wünschenswertem“ müssen immer stärker das Handeln prägen, weil sie das dienende Gute stärken: Wenn die Welt volatiler wird und die Intuition nachlässt, geben gelebte Werte Halt und Sicherheit. Denn sie sind eine grundlegende Konstante bei strategischen richtungsweisenden Entscheidungen. Wer seine Werte als Leitlinie betrachtet, hat den aufgeklärt-kritischen Kunden auf seiner Seite.
5. Taten: Wirklich „woke“ denken und handeln
„Woke“ sein, liegt im Trend und wir hören es alle oft. Viele wollen „aufgewacht“ erscheinen – aber den wenigsten wird es auch bescheinigt. Beim Gesellschaftsbeitrag liegen die Grundlagen dafür im ESG-Wertedreieck mit den Dimensionen „Ecological“ (Umwelt), „Social“ (Soziales) und „Governance“ (Unternehmensführung):
- In der Dimension „Ecological“ setzen die einen in der Produktion auf Ökostrom, andere bei den Dienstwagen auf
E-Mobilität, wiederum andere produzieren regional oder stellen sogar auf ein neues Geschäftsmodell um. - In der Dimension „Social“ stehen die Menschen im Mittelpunkt, innerhalb der Organisation genauso wie außerhalb: sichere Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen, Einhalten der Arbeitnehmerrechte und faire Löhne, divers denken und handeln sowie Respekt.
- Die Dimension „Governance“ umfasst das ethische wertekonforme Verhalten des Chefs als Arbeitgeber wie als Mitgestalter von Gemeinschaft. Zur Norm gehören u.a. die transparente Unternehmensführung, Maßnahmen gegen Korruption und die kritische Überprüfung von Geschäftsbeziehungen in autoritär regierten Ländern.
6. Wesentlichkeit: Sinnstiftend vorweggehen
Es geht – vor allem den Generationen Y und Z – zusehends um das Empfinden, dass das eigene Tun bedeutsam ist. Das betrifft die eigene Tätigkeit genauso wie die des Arbeitgebers: Stehe ich hinter den Werten der Firma? Ist es relevant für mich, was sie macht? Welchen Beitrag zum Gemeinwohl leistet sie? Diese Ansprüche erfordern von Führungspersönlichkeiten, sich – besonders was die Ausrichtung des Unternehmens und die Ausgestaltung von Leadership-Kompetenzen anbelangt – mit den Themen zeitgemäße Führung, Befähigung und Motivation ergebnisstark zu beschäftigen. Um ein Unternehmen sinnstiftend aufzusetzen bzw. zu wandeln, gilt es, sich vor allem auch mit dem Wofür auseinanderzusetzen dem ideellen Profit für alle, der intern und da draußen viele berührt und mitnimmt. Es verschafft die zeitgemäße Bedeutsamkeit, stiftet Sinn und das gute Gefühl des Win-win-Wirtschaftens zum Wohle aller Anspruchsgruppen.
Beim Finden und Ausrollen des Wofür sollten alle Kollegen hinter dem Bekenntnis zum gesellschaftsfokussierten Wirtschaften stehen und ihren Beitrag leisten. Für die größtmögliche Akzeptanz von Beginn an muss
- der Wandel zum wofür-getriebenen Unternehmen von oben initiiert und getrieben werden,
- dieser Change organisationsweit verlautbart werden, – ein schlagkräftiges heterogenes Team das Wofür mit den Hauptelementen Inhaberstrategie und Markenbildung entwickeln,
- der jeweilige Stand der Dinge intern transparent kommuniziert werden,
- das Ergebnis mit allen gefeiert und so ausgerollt werden, dass jeder zum Spürbar-Macher des Gesellschaftsbeitrags wird sowie
- das Wofür laufend überprüft, justiert und neu erlebbar gemacht werden.
7. Führung: Bewährte Skills neu anwenden
Der institutionalisierte Gesellschaftsbeitrag ist der Wettbewerbsvorteil in emotionaler wie wirtschaftlicher Hinsicht. Vorausgesetzt, die innere Haltung des Chefs ist von Dauer und wirkt sich auch auf sein eigenes Verhalten aus. Das gelebte Wofür macht absolut transparent, und „die da oben“ sind nur dann spürbar zu erleben, wenn sie sich in die Karten schauen lassen und solange sie bei allem, was sie tun, wertschätzende Empathie an den Tag legen. Wer empathisch ist, zeigt Mitgefühl und reagiert angemessen und macht dies durch eine herausragende Gabe ganz besonders deutlich: kollaborierendes Zuhören, sein Gegenüber unter Einbezug der emotionalen Ebene in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist die Basis dafür, gemeinsam den besten Weg für alle zu finden, in Lieferanten- genauso wie z.B. in Einstellungs- und Zielvereinbarungsgesprächen.
Fazit: Profit bekommt eine zweite Dimension
Mit dem gelebten Gesellschaftsbeitrag ergibt sich die erweiterte Definition von „Gewinn“: Er manifestiert sich jetzt – neben dem monetären Aspekt – auch als möglichst großer Mehrwert im Sinne von Anregung, Bereicherung und Zufriedenheit sowie als immaterieller kollektiver Profit im Einklang mit dem nötigen materiellen Gewinn, den es weiterhin braucht, um all das leisten zu können. Wer diese Symbiose schafft, geht mit der Zeit und hat wahrlich Zukunft. Dabei ist der institutionalisierte Gesellschaftsbeitrag kein Sprint, sondern ein Marathon: erst kraftvoll aufgesetzt, dann konsequent umgesetzt.