Wachstumschancengesetz: Impulse aber auch Mehraufwand für KMU

Im Interview erklärt Steuerexperte Jakob Jauch vom Beratungsverbund ABG-Partner, weshalb das Wachstumschancengesetz nicht die ganz große Entlastung für Betriebe geworden ist. Dabei spricht er über Erleichterungen und neue Aufgaben im Rahmen des Gesetzes.

Können Sie das Wachstumschancengesetz und seine Ziele kurz beschreiben?

Gerne. Das Gesetz ist als Hebel der Regierung gedacht gewesen, um Investitionen zu erleichtern und Innovationen voranzubringen. Damit sollten der Wirtschaft wichtige Wachstumsimpulse angesichts der Krisen der letzten Jahre gegeben werden. Allerdings wurde das Gesetz in seiner ursprünglichen Form vom Bundesrat aus Kostengründen zunächst blockiert und ist 2024 in einer abgeschwächten Form verabschiedet worden. Diese enthält durchaus nützliche Veränderungen für Unternehmen. So wurde beispielsweise die steuerliche Verlustverrechnung optimiert. Und auch die Abschreibungsmöglichkeiten von neuen Wohnimmobilien sind erheblich verbessert worden. Hinzu kommen steuerliche Anreize für Investitionen in bewegliche Vermögensgegenstände. Die ganz große Erleichterung, die mit der Klimaschutz-Investitionsprämie gekommen wäre, ist aber in der Gesetzesvariante light nicht mehr enthalten. Sie hätte einen staatlichen Zuschuss von 15 Prozent zu Transformationsinvestitionen vorgesehen. Außerdem birgt das Gesetz für Unternehmen erheblichen neuen bürokratischen Aufwand.

Interessanter Punkt, doch könnten Sie zunächst die Vorteile etwas konkretisieren?

Das Wachstumschancengesetz bietet insbesondere bei Neuinvestitionen Vorteile, da Betriebe bei beweglichen Wirtschaftsgütern zeitweise von einer wieder eingeführten degressiven steuerlichen Abschreibung profitieren. Auch die Anhebung der Grenzen der Sonder-AfA [Absetzung für Abnutzung] auf 40 Prozent als mögliche Sofortabschreibung bei Investitionen in Anlagevermögen bietet Vorteile. Allerdings ist der Effekt hier meist eben rein ein Liquiditäts- bzw. steuerlicher Effekt – echte Zuschüsse vom Staat wurden durch den Vermittlungsausschuss gekappt. Der vielleicht stärkste Hebel ist die Einführung der degressiven AfA für Wohngebäude von fünf Prozent. Wir haben das für einen Kunden einmal durchgerechnet. Hiermit lassen sich bis zur Hälfte der Investitionskosten abschreiben. Und nach zehn Jahren kann das Gebäude steuerfrei verkauft werden. Der große Wermutstropfen dabei: Der Hebel lohnt sich hauptsächlich für Privatpersonen, denn Unternehmen haben die Möglichkeit zu diesem steuerfreien Verkauf nicht.

Sie sprachen von neuen Belastungen. Worin liegen diese?

Mit dem Gesetz wurden auch die sogenannten E-Rechnungen eingeführt, womit der Gesetzgeber der EU-Richtlinie ViDA vorgreift. Künftig werden bei Geschäften von Unternehmen mit Unternehmen elektronische Rechnungen in einem ganz bestimmten normierten Format verpflichtend. Bereits ab 2025 müssen alle Betriebe solche E-Rechnungen empfangen können. Für den Versand gilt die nächsten Jahre eine Übergangsfrist, je nach Umsatzgröße. 2028 sollen dann auch Kleinunternehmen E-Rechnungen versenden, wenn sie Geschäfte mit anderen Unternehmen tätigen. Vom kleinen Handwerker über den Vermieter bis hin zum Industriebetrieb müssen Firmen ihre administrativen Abläufe hier also massiv auf den Prüfstand stellen.

Welche Branche oder Branchen sehen Sie durch das Wachstumschancengesetz am spürbarsten entlastet?

Unseren bisherigen Beobachtungen nach profitieren besonders Bauunternehmer, die auf effizientes und nachhaltiges Bauen setzen. Ein gutes Beispiel ist die erweiterte Sonderabschreibung für neue Wohnungen, die in Kombination mit der KfW-Förderung für nachhaltige Gebäude mit dem QFN-Siegel [Qualifizierter Flächennachweis] stark nachgefragt wird. Diese Regelung ist vor allem für private Investitionen attraktiv, wenn ein Unternehmer ein entsprechendes steuerliches Verrechnungsvolumen besitzt.

Interessant ist, dass die Sonderabschreibung mit der degressiven Gebäudeabschreibung kombiniert werden kann. In den ersten Jahren der Vermietung entstehen dadurch steuerliche Verluste, die mit anderen Einkünften verrechnet werden können. Das gilt auch dann, wenn die Investition vollständig aus Eigenkapital finanziert wurde. Bleibt die aktuell geltende Spekulationsfrist von zehn Jahren weiter erhalten, ergeben sich hier deutliche Steuervorteile.

Das Interview führte Tony Wachtel, Redaktionsleiter der ABG Marketing GmbH.

Jakob Jauch

Standortleiter Berlin, Steuerberater

E-Mail: jauch@abg-partner.de
Tel.: 030 318030 69

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