Verdeckte Gewinnausschüttungen einer GmbH: Wichtige Urteile aus der jüngeren Rechtsprechung

Bei Betriebsprüfungen einer GmbH suchen Betriebsprüfer gezielt nach verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA). In erster Linie werden im Rahmen dieser Prüfungen Verträge zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern bzw. deren Angehörigen unter die Lupe genommen. Stellen die Betriebsprüfer vGA fest, erhöhen sie den Gewinn der GmbH und setzen höhere Steuern fest. Der Beitrag informiert über wesentliche finanzgerichtliche Entscheidungen aus neuerer Zeit, in denen es um den Verdacht auf vGA ging.

Wesen einer vGA

Von einer vGA ist regelmäßig auszugehen, wenn eine GmbH einem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person (z.B. der Ehefrau) für der GmbH überlassene Wirtschaftsgüter, ihr gewährte Darlehen oder für die Übernahme der Geschäftsführung überhöhte Vergütungen in Form von Miete, Zins oder Gehalt zahlt – Beträge, die sie einem fremden Dritten nicht gewährt hätte.

Eine Definition der vGA findet sich im Körperschaftsteuergesetz (KStG) nicht. Vielmehr hat sie sich aus zahlreichen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzgerichte entwickelt.

Demzufolge ist eine vGA eine bei der GmbH eintretende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Gewinns auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.

Im Verhältnis zu einem beherrschenden Gesellschafter ist darüber hinaus eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis – und damit eine vGA – in der Regel auch dann anzunehmen, wenn eine zivilrechtlich wirksame, klare, eindeutige und im Voraus getroffene Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist bzw. wenn nicht einer klaren Vereinbarung entsprechend verfahren wird.

Auswirkungen einer vGA

Der Betrag der vGA ist im Falle einer Gewinnminderung dem Einkommen der GmbH außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen. Die Buchhaltung einer GmbH bleibt also unberührt. Die vGA erhöht somit das Einkommen der GmbH. Das erhöhte Einkommen unterliegt der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Außerdem kann die vGA als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegen.

Hält der Gesellschafter die GmbH-Anteile im Privatvermögen, führt die vGA im Zuflusszeitpunkt zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Besteuerung erfolgt nach der Abgeltungsteuer, was besagt, dass die Einkommensteuer durch den bei der GmbH erfolgten 25-prozentigen Kapitalertragsteuerabzug abgegolten ist.

Ist der Gesellschafter mindestens zu 25 Prozent an der GmbH beteiligt, kann er die vGA auf Antrag nach dem Teileinkünfteverfahren versteuern (§§ 3 Nr. 40 und 32d Abs. 2 Nr. 3 Einkommensteuergesetz). In diesem Falle wird die vGA nur in Höhe von 60 Prozent versteuert. Mit ihr zusammenhängende Aufwendungen können dann ebenfalls – wenn auch nur in Höhe von 60 Prozent – als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Handelt es sich bei dem betreffenden Gesellschafter um eine Kapitalgesellschaft, ist die vGA bei dieser körperschaftsteuerfrei (§ 8b Abs. 1 KStG). Lediglich 5 Prozent der vGA werden als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 KStG) dem Gewinn der Gesellschaft hinzugerechnet.

Überhöhtes Geschäftsführergehalt

Überhöhtes Geschäftsführergehalt Streitpunkte bei Betriebsprüfungen stellen regelmäßig die Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer dar. Ein sehr hohes Geschäftsführergehalt scheint besonders „verdächtig“ zu sein, denn die Steuerbelastung der GmbH lässt sich so drücken.

Insbesondere Geschäftsführer mit einer Mehrheitsbeteiligung an ihrer Gesellschaft sollten gegenüber dem Finanzamt in der Lage sein darzulegen, dass ihre Vergütung fremdüblich ist, also auch einem nicht beteiligten Geschäftsführer gezahlt worden wäre bzw. in anderen Unternehmen der gleichen Branche und vergleichbarer Größe auch gezahlt wird. Dieser Nachweis gelingt in der Regel durch Verweis auf eine Gehaltsstrukturuntersuchung, in der Geschäftsführergehälter in Abhängigkeit von der Branche, dem Umsatz und der Mitarbeiterzahl ausgewiesen werden (z.B. in der jährlich neu erscheinenden BBE-Gehälterstudie).

Geschäftsführergehalt neben Versorgungsbezügen

Der BFH hat mit Urteil vom 15. März 2023 (Az. I R 41/19) das zusätzlich zu einer Betriebsrente gezahlte Geschäftsführergehalt an einen pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA qualifiziert.

Im Streitfall wurde der pensionierte Alleingesellschafter-Geschäftsführer erneut zum Geschäftsführer bestellt. Als Vergütung erhielt er ein abgesenktes Monatsgehalt. Die Versorgungszahlungen liefen weiter.

Nach Auffassung des BFH schließen sich bei einer Weiterbeschäftigung die uneingeschränkten Zahlungen von Pension und laufendem Gehalt aus. Allerdings würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer auch nicht erwarten, dass ein pensionierter Geschäftsführer umsonst arbeitet. Vielmehr wäre er bereit, für die zusätzlichen Dienste aufgrund der wieder aufgenommenen Tätigkeit neben der Versorgung ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen.

Im entschiedenen Fall war das reduzierte Geschäftsführergehalt nach Ansicht des BFH keine vGA, weil es die Differenz zwischen der Betriebsrente und den letzten Aktivbezügen nicht überschritt. Die Finanzverwaltung hat im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 30. August 2024 diese Auffassung übernommen.

Privatnutzung des Dienstwagens

Im Rahmen von Betriebsprüfungen wird regelmäßig die Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge aufgegriffen. Bei der Prüfung, ob betriebliche Fahrzeuge auch privat genutzt werden, greifen Rechtsprechung und Finanzverwaltung regelmäßig auf den sogenannten Anscheinsbeweis zurück. Dieser besagt, dass ein betriebliches Fahrzeug regelmäßig (nach der Lebenserfahrung) auch privat genutzt wird. Aber dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert – d.h. durch äußere Umstände widerlegt – werden. Dabei müssen nach dem BFH-Urteil vom 22. Oktober 2024 (Az. VIII R 12/21) sämtliche Umstände berücksichtigt werden. Ein Fahrtenbuch darf nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, es handle sich um ein nicht ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch.

Im Urteilsfall hatte der Kläger zwei hochwertige Pkws seinem Betriebsvermögen zugerechnet, für die er – nach Auffassung des Finanzamts – unzulängliche Fahrtenbücher führte. Im Privatvermögen verfügte er über gleichwertige Fahrzeuge.

Dieses Urteil betraf zwar einen Freiberufler. Es dürfte aber zweifellos auch für einen GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer gelten, dem die Gesellschaft einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt hat.

Verzinsung von Gesellschafterdarlehen

In dem dem BFH-Urteil vom 18. Mai 2021 (Az. I R 62/17) zugrunde liegenden Sachverhalt nahm eine GmbH bei ihrer Alleingesellschafterin ein Darlehen auf, das mit 8 Prozent verzinst wurde. Sicherheiten waren keine vereinbart. Daneben erhielt die GmbH ein Bankdarlehen, das mit 4,78 Prozent verzinst wurde und vollumfänglich besichert war. Das Gesellschafterdarlehen war gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten nachrangig.

Bezüglich des Gesellschafterdarlehens vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die GmbH mit einem fremden Dritten einen Zinssatz von 5 Prozent vereinbart hätte. In Höhe der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Zinssatz von 8 Prozent liege eine vGA vor.

Der BFH folgte dem nicht. Denn seiner Ansicht nach hätte sich die GmbH nicht ohne Weiteres an dem Zinssatz für das Bankdarlehen orientiert. Die Bankkredite waren besichert und vorrangig zu bedienen. Das streitige Darlehen war dagegen unbesichert und nachrangig. Nach Auffassung des BFH widerspricht es allgemeinen Erfahrungssätzen, dass ein fremder Dritter für ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen denselben Zins vereinbart hätte wie für ein besichertes, vorrangiges Darlehen.

Gesellschafterverrechnungskonto

Auch ein unverzinstes Gesellschafterverrechnungskonto kann eine vGA zur Folge haben, wie der BFH mit Urteil vom 22. Februar 2023 (Az. I R 27/20) entschieden hat.

Im Urteilsfall bestanden zwischen dem Einzelunternehmen des A und der X-GmbH, an der A zu 60 Prozent beteiligt war, eine Betriebsaufspaltung und eine umsatzsteuerliche Organschaft. Die X-GmbH führte ein Verrechnungskonto für A, auf dem Zahlungsbewegungen im Verhältnis zwischen A und der X-GmbH gebucht und verrechnet wurden.

In der Folge ergab sich auf diesem Konto ein Saldo zugunsten der X-GmbH. Eine Verzinsung erfolgte nicht, sodass das Finanzamt eine entsprechende vGA ansetzte. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage der GmbH ab.

Der BFH sah die Revision der X-GmbH als unbegründet an. Ungeachtet des Umstands, dass in den Streitjahren 2014 und 2015 ein Niedrigzinsniveau herrschte und im Falle der Geldanlage bei Banken Verwahrungsentgelte drohten, sei aus Sicht der X-GmbH von einer verhinderten Vermögensmehrung auszugehen. Denn nach der Rechtsprechung sei der bankübliche Habenzins, der in den Streitjahren nahezu bei null gelegen habe, nicht der alleinige Maßstab für die Fremdvergleichsprüfung. Es sei auch nicht allein auf den banküblichen Sollzins abzustellen, sondern auf einen Zinssatz, der zwischen Haben- und Sollzins liegt.

Dabei sei es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen werde, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (sogenannte Margenteilung).

Dr. Hagen Prühs

Der Autor Dr. Hagen Prühs ist Schriftleiter der monatlich erscheinenden Fachzeitschrift GmbH-Steuerpraxis. Zudem ist er seit 2005 Herausgeber des Wirtschaftsmagazins gmbhchef.

www.gmbh-steuerpraxis.de

www.gmbhchef.de

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