Noch nie waren Unternehmen einem so starken Transformationsdruck ausgesetzt wie heute. Schnelle Entwicklungen in Technik, Demografie und Wirtschaftspolitik verursachen oft hektischen Veränderungs-Aktionismus.
Viele Change-Projekte erzielen nicht die gewünschten Ergebnisse und machen die Belegschaft müde. Das macht Transformation unnötig kostspielig. Laut einer Studie von 2022 (Mercuri Urval) können unzureichend gesteuerte Veränderungsprozesse in mittelständischen Unternehmen Produktivitätseinbußen von bis zu 43 Prozent verursachen. In derselben Studie kritisierten 1.400 befragte Manager in Europa auch eine niedrige Zielerreichungsquote von nur 44 Prozent.
In den meisten Unternehmen stehen IT- und Automatisierungsprojekte an erster Stelle der Transformationsliste. Ein hoher Digitalisierungsrückstand und kurze Innovationszyklen setzen Unternehmen zusätzlich unter Druck. Problematisch wird es, wenn solche Veränderungen rein technisch betrachtet werden und die Anwender nicht Schritt halten können. Um die gewünschten Verbesserungen zu erreichen, sind gezieltes Change-Management und strategische Kommunikation erforderlich.
Hohe Dynamik
Zudem kann sich kein Unternehmen globalen oder konjunkturellen Einflüssen entziehen. Viele müssen ihr Geschäft neu ausrichten, effizienter werden oder Prozesse umstellen. Oft wird auf agile Methoden umgestellt, ohne dass entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Nicht selten bleibt ein zwar selbstorganisiertes, aber orientierungsloses Team zurück.
Kultureller Wandel
Zu den individuellen Change-Projekten kommen Entwicklungen hinzu, denen sich kaum ein Unternehmen entziehen kann und die sich massiv auf die Unternehmenskultur auswirken wie z.B. die Nachfolgeregelung. Sie ist seit jeher eine besondere Herausforderung für familiengeführte Unternehmen. Wichtig ist, rechtzeitig die Weichen für eine geordnete Übergabe zu stellen und dafür zu sorgen, dass die nächste Generation das notwendige technische und betriebswirtschaftliche Knowhow mitbringt. Was aber, wenn niemand das Geschäft weiterführt und das Unternehmen daher verkauft werden soll? Die derzeit trüben konjunkturellen Aussichten haben laut einem Bericht der DIHK dazu geführt, dass auf immer mehr ausscheidende Senior-Unternehmer immer weniger Übernahmeinteressierte kommen. Zudem sind in vielen kleineren Unternehmen die Strukturen sowie die Mitarbeiter- und Kundenbeziehungen so stark von den bisherigen Inhabern geprägt, dass es oft Jahre dauert, diese Abhängigkeiten zu reduzieren. Mit der Nachfolge ändern sich in der Regel auch Unternehmenskultur und interne Kommunikation. Diese Umstellung kann für viele Mitarbeiter schmerzhaft sein und sich auf Leistungsfähigkeit und -willen auswirken.
Wechsel der Generationen
Auch der bevorstehende Generationenwechsel innerhalb der Belegschaft stellt Firmen vor die Herausforderung, das wertvolle Wissen und die Erfahrung der älteren Generation zu bewahren und gleichzeitig die jüngere Generation zu fördern. Dabei stoßen Welten aufeinander, die auf den ersten Blick inkompatibel scheinen. Unternehmen, die es schaffen, beide Gruppen mit durchdachten kommunikativen Maßnahmen in den Austausch zu bringen, sichern substanzielles Know-how für die Zukunft und schaffen eine produktive Arbeitsatmosphäre.
Die DEIB-Kriterien
Auf eine gute Arbeitsatmosphäre zahlen auch die sogenannten DEIB-Kriterien – Diversity (Diversität), Equity (Gleichstellung), Inclusion (Inklusion) und Belonging (Zugehörigkeit) – ein. Je traditioneller ein Betrieb, desto weniger finden diese Faktoren in der Regel Beachtung und umso größer sind die Umstellung und der Kommunikationsbedarf. Durch eine mangelhafte Berücksichtigung der neuen Werte geht wertvolles Mitarbeiterpotenzial verloren. Aktuell wird z.B. über das ungenutzte Potenzial von Frauen in Teilzeit diskutiert. Mitarbeiter, die am Arbeitsplatz gute Bedingungen und Respekt vorfinden, sind regelrechte Produktivitätsbooster und Treiber der Transformation.
Veränderungen genau planen
Alle Veränderungen müssen sorgfältig geplant und mit viel Einfühlungsvermögen für die psychosoziale Dynamik durchgeführt werden. Managementberater und Harvard-Lehrer John Kotter hat ein 8-Stufen-Modell entwickelt, das dabei hilft, Change-Prozesse erfolgreich umzusetzen. Denn werden die Beteiligten nicht eingebunden, bremsen Reibungen und Widerstände die gewünschten Effekte aus. Das beeinträchtigt die Produktivität und verteuert Change- Projekte. Wichtig ist es, die Bedenken, Anliegen und Emotionen der Mitarbeiter zu kennen und ernst zu nehmen. Jede maßgebliche Veränderung führt Menschen auf eine emotionale Achterbahnfahrt, die individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Nur mithilfe methodischer Kommunikation kann ein Veränderungsprozess zum Verbesserungsprozess werden.
Die häufigsten Fehler bei Veränderungsprozessen
Unklare Ziele und mangelnde Vision: Viele Change-Projekte scheitern, weil die Ziele nicht klar definiert sind oder die Vision unzureichend kommuniziert wird. Dies verursacht Angst und Verwirrung bei den Mitarbeitern und kann zu Widerstand führen.
- Fehlendes Engagement des Managements: Dem oberen Management fehlt oft das Engagement, den Wandel aktiv zu unterstützen oder vorzuleben. Studien (u.a. von Capgemini) zeigen, dass der Erfolg von Change-Projekten aber wesentlich von der aktiven Beteiligung der Führungskräfte abhängt.
- Mangelhafte Kommunikation: Mangelhafte oder ungerichtete Kommunikation ist oft ein Hindernis bei Veränderungsprozessen. Unklare und intransparente Informationen führen zu Missverständnissen und Widerstand. Zuhören ist wichtig! Ärger und Ängste müssen beachtet und respektiert werden. Die Mitarbeiter sperren sich sonst gegen den Wandel und blockieren damit Fortschritte.
- Fehlende Einbindung der Mitarbeiter: Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, nicht gehört oder einbezogen zu werden, kann dies zu erheblichen Widerständen führen. Das gilt insbesondere, wenn die Veränderung keine gewollte ist oder zunächst mehr Nachteile als Verbesserungen verspricht. Wer mitgestaltet, identifiziert sich mit den Neuerungen.
- Unzureichende Schulung: Change-Projekte scheitern oft, wenn Mitarbeiter nicht ausreichend geschult werden oder zu wenig Zeit für die Einarbeitung in neue Prozesse und Anwendungen haben. Dies bezieht sich darauf, dass man die neuen Prozesse versteht und neue Technologien nutzt. Oft folgt ein IT-Projekt auf das nächste, ohne dass die zuvor eingeführten Änderungen verinnerlicht werden konnten. Zudem mangelt es oft daran, den Zusammenhang zwischen den einzelnen Projekten nachvollziehbar zu machen. Dann wird es überfordernd.
- Fehlende Anpassung an Unternehmenskultur: Veränderungen, die nicht zur Unternehmenskultur passen oder diese ignorieren, stoßen oft auf Ablehnung. Ein traditionelles Unternehmen wird nicht schnell auf agile Methoden umstellen können. Wenn bisher viel Wert auf kollegialen Austausch und gemeinsame Aktivitäten gelegt wurde, können Standortschließungen oder die Einführung des Arbeitens im Home-Office zu starken Ängsten vor Verlusten führen. Die Unternehmenskultur darf sich ändern, aber Konsistenz ist ebenfalls wichtig.
- Mangelnde Fehlerkultur: Eine lernende Organisation passt sich an und ist widerstandsfähig gegenüber Fehlern. Viele Führungskräfte weisen oft auf die Fehler anderer hin, während sie gleichzeitig ihre eigenen verbergen. Das beeinträchtigt das Vertrauen und die Innovationsfähigkeit des Unternehmens langfristig, da mögliche Anpassungen und Verbesserungen so blockiert werden.
Meike Sturat ist Expertin für PR, Kommunikation und Change-Management mit über 20 Jahren Erfahrung in der Beratung von Unternehmen. Mit ihrem Unternehmen „Sturat Kommunikation“ unterstützt sie Unternehmen bei der Erstellung von Strategien, Konzepten und medialen Inhalten zu Kommunikations- und PR-Zwecken.