Tabuthema Unternehmensnachfolge: Die Top 5 Aspekte, die jeder Unternehmer bedenken sollte

Wie geht es mit dem Unternehmen weiter, wenn sich der Inhaber daraus zurückzieht? Welche zentralen Gesichtspunkte müssen beachtet werden, wenn es um die Unternehmensnachfolge geht? Nachfolgend sind Erläuterungen zu den fünf wichtigsten Aspekten zusammengefasst.

Persönliche Lebensplanung

Haben Sie sich als Unternehmer schon einmal die Frage gestellt, wie lange Sie sich noch voll für Ihr Unternehmen engagieren wollen? Der Begriff Work-Life-Balance ist derzeit in aller Munde. Auch Menschen, für die ihr Unternehmen bereits seit vielen Jahren im Mittelpunkt steht, müssen sich fragen, wann sie sich mehr auf ihre persönlichen Interessen, ihre Familie und allgemein auf ihr Privatleben konzentrieren wollen.

Aber wie gelingt der Ausstieg? Es ist zu empfehlen, sich darüber Gedanken zu machen, ab welchem Alter es für einen persönlich sinnvoll ist, „einen Gang runterzuschalten“ oder vollständig aus dem Unternehmen auszuscheiden. Diese Frage kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Jeder Mensch ist anders und auch die Beanspruchung im Rahmen der Geschäftsführung variiert bei unterschiedlichen Unternehmen. Es geht dabei auch nicht unbedingt um ein Alles oder Nichts, also um einen Verbleib im Unternehmen oder ein komplettes Ausscheiden. Möglich sind Zwischenstufen, etwa der Wechsel aus der aktiven Geschäftsführung in den Aufsichtsrat des Unternehmens. Außerdem sollten sich Firmeninhaber Gedanken über ihr Privatleben nach dem Ausstieg machen. Ein gleitender Ausstieg ist häufig besser als eine scharfe Zäsur.

Als Unternehmer bedenken Sie bitte Folgendes: Die Regelung der Nachfolge wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen und zwar unabhängig davon, ob die Kinder zu Nachfolgern aufgebaut oder das Unternehmen zu optimalen Konditionen verkauft werden soll. Selbst wenn ein Unternehmer plant, das Unternehmen noch längere Zeit selbst fortzuführen, sollten die Weichen für die Zukunft frühzeitig gestellt werden.

Ist das Unternehmen zukunftsfähig?

Wir leben in einer Zeit des beschleunigten technologischen Wandels. Geschäftsmodelle, die gestern noch gefragt waren, sind möglicherweise morgen infolge der Digitalisierung bereits überholt. Das Stichwort Disruption fasst die Herausforderung für viele derzeit noch erfolgreiche Geschäftsmodelle zusammen. Hinzu kommen regulatorische Eingriffe, durch die an sich wettbewerbsfähige Produkte verboten werden. Beispiele sind etwa der Verbrennungsmotor oder die Gasheizung. Unternehmenslenker sollten darüber nachdenken, ob diese Faktoren ihr Geschäftsmodell mittelfristig bedrohen.

Wenn dies der Fall ist, stellt sich die Frage, wie das Unternehmen langfristig zukunftsfähig aufgestellt werden kann und welchen persönlichen und finanziellen Aufwand dies erfordert. Sind Sie als Inhaber in Ihrer derzeitigen Lebensphase bereit, das Unternehmen komplett neu aufzustellen? Derartig grundlegende Veränderungen stellen einen erheblichen Kraftakt dar. Außerdem ist der Erfolg nicht garantiert. Ist es unter diesen Voraussetzungen möglicherweise besser, das Unternehmen mittelfristig zu verkaufen oder einzustellen?

Gibt es einen Nachfolger?

Eine der wichtigsten Weichenstellungen ist die Frage, ob es für Inhaber einen möglichen Nachfolger gibt. Dies können die Kinder oder sonstige Angehörige sein. In Betracht kommt aber auch ein langjähriger Mitarbeiter, dem die Inhaber vertrauen. Dabei sollte man ehrlich zu sich selbst sein: Sind die Personen, die in Betracht kommen, geeignet, perspektivisch den Platz der jetzigen Inhaber in dem Unternehmen einzunehmen? Sind sie auch bereit, sich der Herausforderung und der Verantwortung zu stellen? Bei der Entscheidung ist der gesellschaftliche Wandel zu berücksichtigen. In früheren Generationen hieß es häufig: „Du machst das jetzt!“ Eine solche Einstellung ist heute nicht mehr zeitgemäß und führt in aller Regel nicht zu einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge. Aber auch die gegenteilige Einstellung „Meine Kinder sollen sich das nicht antun“ ist dann falsch, wenn sie nicht gemeinsam mit den Kindern besprochen wird.

Es ist vielmehr zu empfehlen, mit den potentiellen Nachfolgern ein offenes Gespräch über das Thema Nachfolge zu führen. Falls der mögliche Nachfolger nicht bereit ist, in das Unternehmen einzutreten, sollten die Inhaber diese Entscheidung akzeptieren und über Alternativen nachdenken.

Hinzu kommt folgende Problematik: Wenn Eltern ihre Kinder an dem Unternehmen beteiligen, überschneidet sich das private Verhältnis zu den Kindern mit den geschäftlichen Interessen. Möglicherweise sind die Eltern später mit den Leistungen der Kinder als Geschäftsführer des Unternehmens nicht zufrieden. Sie sollten sich bewusst sein, dass diese geschäftlichen Themen das Verhältnis zu den Kindern beeinträchtigen können. Kommunikation ist für eine gelingende Nachfolge unabdingbar.

Sofern die Kinder noch jung sind, lohnt es sich, sie und ihre Entwicklung zu beobachten und die Entscheidung auf Wiedervorlage zu legen. Die Inhaber könnten auch im Rahmen eines Coachings darüber nachdenken, wie es ihnen gelingen könnte, ihre Kinder für eine Zukunft als Unternehmer zu interessieren.

Ist die Rechtsform Ihres Unternehmens noch zeitgemäß?

Die meisten mittelständischen Unternehmen bestehen entweder in der Rechtsform einer Personengesellschaft, etwa einer GmbH & Co. KG, oder einer Kapitalgesellschaft, etwa einer GmbH. Häufig liegt die Wahl der Rechtsform schon lange zurück und ist historisch begründet. Die Überlegungen zur Unternehmensnachfolge geben Anlass, die Rechtsform auf den Prüfstand zu stellen. Es gibt sowohl für die Personengesellschaft als auch für die Kapitalgesellschaft gute Gründe. Sie unterscheiden sich etwa im Hinblick auf die Mitspracherechte von Minderheitsgesellschaftern. Von erheblicher Bedeutung ist auch die unterschiedliche Besteuerung der laufenden Einkünfte und eines etwaigen Veräußerungsgewinns. Sofern die Inhaber perspektivisch über einen Verkauf des Unternehmens nachdenken, wäre eine GmbH besser als eine Personengesellschaft. Das deutsche Steuerrecht ermöglicht es in aller Regel, die Rechtsform des Unternehmens umzuwandeln, ohne dass Steuern anfallen.

Allerdings sollten steuerliche Erwägungen nicht die entscheidende Rolle spielen. Die Rechtsform sollte eine möglichst einfache Handhabung ermöglichen und einemöglichst geringe Komplexität aufweisen. Aus dem letztgenannten Grund ist die Aktiengesellschaft bei mittelständischen Unternehmen selten die beste Rechtsform. Das Aktienrecht enthält im Gegensatz zu dem Recht der GmbH eine Vielzahl von Formalien, deren Verletzung zu Risiken für den Vorstand und den Aufsichtsrat führen kann. Demgegenüber ist die GmbH ein flexibles Instrument mit vergleichsweise wenigen Anforderungen, die nicht durch Gesellschaftsvertrag an die konkrete Konstellation angepasst werden können.

Im Ergebnis sollten die Unternehmer gemeinsam mit ihren Beratern prüfen, ob es gegenüber der gegenwärtigen Struktur Optimierungspotenzial gibt. Welche Argumente sprechen für und welche gegen die eine oder die andere Lösung?

Unternehmertestament

„Memento mori – bedenke, dass Du sterben musst“ sagten die alten Lateiner. Es ist menschlich, den Umstand zu verdrängen, dass das Leben nicht ewig dauert. Leider kommt es immer wieder vor, dass ein Unternehmer stirbt, ohne den eigenen Nachlass durch ein Testament geregelt zu haben. Zwar sieht das BGB eine allgemeine Erbfolgeregelung vor. Diese trägt aber den Besonderheiten einer Übertragung von Unternehmen keine Rechnung. Versterben die Inhaber, so kann eine ungeregelte Nachfolge für das Unternehmen existenzbedrohend sein. Die sogenannte Erbengemeinschaft, die bei mehreren Angehörigen kraft Gesetzes Unternehmensnachfolgerin wird, ist hierfür normalerweise bereits deshalb nicht geeignet, weil sie einstimmige Entscheidungen verlangt. Diese gesetzliche Regelung ist möglicherweise sinnvoll, wenn es um die Verteilung des Nachlasses auf mehrere Erben geht. Für die Geschäftsführung eines Unternehmens kann das Erfordernis der Einstimmigkeit aber existenzbedrohend sein. Wenn es sich um eine sogenannte Patchworkfamilie handelt, kann erschwerend hinzukommen, dass Kinder aus früheren Ehen mit dem letzten Ehepartner, mit dem sie sich nicht verstehen, zu einer Erbengemeinschaft gehören. Es ist deshalb dringend zu empfehlen, als Unternehmer ein Testament aufzusetzen, in dem die Übertragung des Unternehmens geregelt wird.

Das deutsche Erbrecht ist juristisch komplex. Bei der Formulierung des Testaments sollten sich die Unternehmer deshalb durch einen Notar oder einen auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen.

Fazit

Die Unternehmensnachfolge stellt eine große Herausforderung dar, da sich das Interesse des Unternehmens an seiner Zukunftsfähigkeit mit den persönlichen Interessen des Unternehmers überschneidet. Es hat sich bewährt, die aufgeführten Aspekte frühzeitig durchzudenken und sie im eigenen Tempo Schritt für Schritt umzusetzen.

Zur Person

Dr. Thomas Winkemann

Dr. Thomas Winkemann ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar. Als Partner im Berliner Büro der Wirtschaftssozietät GÖRG ist der Gesellschaftsrechtler für national und international operierende Unternehmen und Family Offices im Bereich Mergers & Acquisitions tätig und berät regelmäßig Unternehmer bei der Planung der Unternehmensnachfolge. Seine fachliche Expertise teilt er seit Juni 2022 als „Unternehmerjurist“ auf YouTube, wo er auf dem GÖRG-Kanal regelmäßig Videos zum Thema Unternehmensnachfolge veröffentlicht.

Tel. 030 884503 131
E-Mail: twinkemann@goerg.de


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