Ausschüttungen an die Gesellschafter einer GmbH aus dem steuerlichen Einlagekonto sind nur dann steuerfrei, soweit kein ausschüttbarer Gewinn zur Verfügung steht. Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 1. Oktober 2024 erneut bestätigt.
Im Urteilsfall beschlossen die Gesellschafter einer GmbH im Jahr 2006 eine Ausschüttung. Da der ausschüttbare Gewinn nicht ermittelt worden ist, sollte die gesamte Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto erbracht werden. Demgemäß bescheinigte die Klägerin den Gesellschaftern eine steuerfreie Leistung aus dem steuerlichen Einlagekonto in Höhe der Ausschüttung.
Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass bei der Klägerin am 31. Dezember 2005 entgegen bisheriger Annahme ein ausschüttbarer Gewinn in Höhe von rund 12.000 Euro zur Verfügung stand, der gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) vorrangig für die Gewinnausschüttung als verwendet gilt. Die Klägerin berichtigte die fehlerhaft zu hoch ausgestellte Bescheinigung über die Leistung aus dem steuerlichen Einlagekonto nicht.
Daraufhin nahm das Finanzamt die Klägerin mit einem als „Nachforderungsbescheid“ überschriebenen Bescheid auf Zahlung der zu Unrecht nicht abgeführten Kapitalertragsteuer in Anspruch. Die dagegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Der BFH gab der Klage – allerdings aus formellen Gründen – statt.
Unstreitig war vorliegend der Umstand, dass die GmbH die steuerfreie Einlagenrückgewähr in den an die Gesellschafter erteilten Bescheinigungen gemäß § 27 Abs. 3 KStG überhöht ausgewiesen hatte. Den Ausgangspunkt dieser Prüfung bildet insofern der gesondert festgestellte Bestand des steuerlichen Einlagekontos auf den Schluss des vorangegangenen Jahres (hier: 2005). Da der ausschüttbare Gewinn vorrangig für die Gewinnausschüttung als verwendet gilt, ist das steuerliche Einlagekonto durch die in Rede stehende Gewinnausschüttung um 12.000 Euro geringer gemindert worden. Richtigerweise hätte die GmbH für die Ausschüttung den ausschüttbaren Gewinn (Folge: Zahlung der Kapitalertragsteuer) verwenden müssen und (nur) im Übrigen auf das Einlagekonto zurückgreifen dürfen.
In diesem Fall haftet nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG die Klägerin für die überhöht ausgewiesene Einlagenrückgewähr, und zwar verschuldensunabhängig. Die Rückforderung seitens des Finanzamts ist gemäß § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG zwingend durch Haftungsbescheid geltend zu machen. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin aber einen Nacherhebungsbescheid erlassen und dies war formell unzulässig. Die zwingende verfahrensrechtliche Vorgabe ergibt sich aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 5 Satz 4
KStG: „… ist durch Haftungsbescheid geltend zu machen.“ Insoweit war das Urteil aufzuheben.