In einem Urteil vom 27. März 2024 (Az. VI R 5/22) hat der BFH einen Weg aufgezeigt, wie auch eine GmbH für ihre Führungskräfte eine steuerfreie und für die Gesellschaft selbst steuerbegünstigte Betriebsveranstaltung durchführen kann.
Der Sachverhalt
Im Urteilsfall richtete eine GmbH eine Weihnachtsfeier für Mitarbeiter aus, die zum oberen Führungskreis gehörten. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die eine bestimmte Karrierestufe erreicht hatten, aber keinen eigenständigen Betriebsteil bildeten. Für diese Veranstaltung fielen insgesamt Kosten in Höhe von 168.439 Euro an. Für diese Aufwendungen beantragte die Klägerin die Lohnsteuerpauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 25 Prozent. Dies lehnte das Finanzamt ab mit der Begründung, die Veranstaltung sei keine Betriebsveranstaltung gewesen, da sie nicht allen Betriebsangehörigen offenstand.
Zur Erinnerung: Für Zuwendungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung sieht das EStG in § 19 Abs. 1 einen Freibetrag von 110 Euro vor. Voraussetzung ist, dass diese Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Ist diese Voraussetzung erfüllt, gilt der Freibetrag pro Arbeitnehmer für maximal zwei Veranstaltungen pro Jahr.
Auf diese Vorschrift hat sich das Finanzamt im Urteilsfall berufen und die Lohnsteuerpauschalierung abgelehnt. Hätten die Führungskräfte die auf sie umgelegten Kosten von 168.439 Euro mit ihrem individuellen Steuersatz versteuern müssen, läge ihr Steuersatz mehrheitlich vermutlich weit über dem Pauschsteuersatz von 25 Prozent. Das Finanzamt hätte sich freuen können.
Das Urteil und die Begründung des BFH
Der BFH kommt in seiner Entscheidung zu folgendem Ergebnis: Entgegen der Rechtsauffassung des Finanzgerichts Köln (Urteil vom 27. Januar 2022, Az. 6 K 2175/20) handelte es sich bei der Weihnachtsfeier für die Führungskräfte um eine Betriebsveranstaltung im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Dass die Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offenstand, steht dem nicht entgegen. Seit der Einfügung der Legaldefinition in diese Vorschrift zum 1. Januar 2015 setzt eine Betriebsveranstaltung nur noch eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter voraus. Diese Voraussetzung erfüllte die Weihnachtsfeier, zumal ausschließlich Beschäftigte des Betriebs und deren Begleitpersonen an der Veranstaltung teilnahmen. Abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2014 (R 19.5 Abs. 2 Satz 1 Lohnsteuer-Richtlinien) wird ein Offenstehen der Veranstaltung für alle Beschäftigten nicht mehr gefordert (BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015, BStBl. I 2015, S. 832).
Seit 2015 ist das Offenstehen einer Betriebsveranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils ausschließlich Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung des Freibetrags von 110 Euro. Der BFH stützt seine Argumentation u.a. darauf, dass die Pauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 EStG der Vereinfachung des Lohnsteuerverfahrens diene. Der Arbeitgeber habe bei Betriebsveranstaltungen praktisch keine Möglichkeit, die von ihm eingeladenen Arbeitnehmer mit der auf die Zuwendung entfallenden Lohnsteuer zu belasten. Die vereinfachte Berechnung mit einem Pauschsteuersatz solle daher übermäßigen Arbeitsaufwand in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle vermeiden. Im Übrigen lasse sich bezogen auf den einzelnen Arbeitnehmer ein Begünstigungszweck der Vorschrift insoweit erkennen, als der individuelle Steuersatz des Arbeitnehmers den Pauschsteuersatz von 25 Prozent übersteigt.
Auswirkungen auf die GmbH-Praxis
Was im Urteilsfall für eine Konzerngesellschaft entschieden wurde, kann selbstverständlich auch jede GmbH unabhängig von ihrer Größe für sich in Anspruch nehmen.
Beispiel:
Zur Führungsmannschaft der Z-GmbH gehören zwei Geschäftsführer, ein Fremdgeschäftsführer und ein Gesellschafter-Geschäftsführer, ferner ein Prokurist und der Leiter des Vertriebs. Für diesen Personenkreis und jeweils eine Begleitperson bucht die GmbH einen zweitägigen Aufenthalt in einem bayerischen Nobelhotel mit Komplett-verpflegung. Auch die Kosten der Hin- und Rückfahrt übernimmt die Gesellschaft. Ziel der Veranstaltung ist es, den Kontakt zwischen den teilnehmenden Führungskräften und damit ihre Zusammenarbeit zu intensivieren. Für die Gesamtkosten in Höhe von 6.000 Euro nimmt die GmbH die Lohnsteuerpauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG in Anspruch.
Die Lösung: Unstreitig handelt es sich um eine Betriebsveranstaltung, also eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, die das Betriebsklima zwischen einem eingegrenzten Personenkreis – den Führungskräften der Gesellschaft – verbessern soll.
Die Veranstaltung könnte auch mehrmals im Jahr stattfinden. Denn die Beschränkung auf zwei Veranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 4 EStG) steht – ebenso wie das Offenstehen der Veranstaltungen für alle Betriebsangehörigen – „nur noch in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 Euro“ (BFH, Urteil vom 27. März 2024, Rz. 15).
Die Gefahr, dass die auf den Gesellschafter-Geschäftsführer entfallenden Anwendungen als verdeckte Gewinnausschüttungen eingestuft werden, besteht nicht. Die Übernahme dieser Aufwendungen durch die Gesellschaft entspricht dem Fremdvergleich, da auch ein Fremdgeschäftsführer an der Veranstaltung teilnimmt. Hat die Gesellschaft keinen Fremdgeschäftsführer, sollte im Dienstvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers vermerkt sein, dass auch für ihn alle Vergünstigungen gelten, die das Gesetz für Arbeitnehmer vorsieht. Notfalls wäre vor einer solchen Veranstaltung ein Gesellschafterbeschluss herbeizuführen, in dem die Gesellschafter die Teilnahme des Gesellschafter-Geschäftsführers an der Veranstaltung beschließen.
Alternativ zum Führungskräfte-Ausflug könnte die Gesellschaft auch Betriebsveranstaltungen nur für die Außendienstler oder nur für die Abteilung „Produktentwicklung“ durchführen – auch jeweils mehr als zwei Veranstaltungen – und dafür die Lohnsteuerpauschalierung von 25 Prozent in Anspruch nehmen.
Der Autor Dr. Hagen Prühs ist Schriftleiter der monatlichen Zeitschrift GmbH-Steuerpraxis. Zudem ist er seit 2005 Herausgeber und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins gmbhchef.