Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine Person lediglich nach der dem Beschäftigungsverhältnis zugrundeliegenden Vertragsgestaltung selbstständige Dienst- oder Werkleistungen für ein fremdes Unternehmen erbringt, tatsächlich aber nichtselbstständige Arbeiten im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung bzw. eines Arbeitsverhältnisses vorliegen. Die selbstständige Tätigkeit erfolgt also nur „zum Schein“. Die Beurteilung dessen richtet sich bei einem Widerspruch zwischen Vertragsinhalt und dem gelebten Vertragsverhältnis stets nach Letzterem. Entscheidend ist das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung.
Ein freier Mitarbeiter muss weisungsfrei und selbstbestimmt seine Leistung erbringen sowie persönlich, sozial und wirtschaftlich vom Auftraggeber unabhängig sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, liegt eine selbstständige Tätigkeit und kein Arbeitsverhältnis vor.
Während Weisungen eines Arbeitgebers für ein Arbeitsverhältnis typisch sind, ist dies im Rahmen eines Auftragsverhältnisses gerade nicht der Fall. Bei einer selbstständigen Tätigkeit werden vom Auftraggeber lediglich die Ziele der Tätigkeit vorgegeben, welche die Erbringung der Arbeitsleistung in generell-abstrakter Weise umschreiben und somit ergebnisorientiert sind. Die Art und Weise, wie diese Ziele erreicht werden, bleibt hingegen der Entscheidung des freien Mitarbeiters überlassen.
Eine Weisungsgebundenheit ist hingegen anzunehmen, wenn der Mitarbeiter einem den Inhalt, die Durchführung, Zeit, Dauer oder den Ort betreffenden Direktionsrecht des Auftraggebers unterliegt. Dem Beschäftigten wird insoweit individuell vorgegeben, wann er wie seine Arbeit zu erledigen hat. Als das in der Praxis maßgebliche Unterscheidungskriterium zwischen freier Mitarbeit und abhängiger Beschäftigung hat sich die Eingliederung des freien Mitarbeiters in die betriebliche Organisation des Auftraggebers herausgestellt.
Liegt eine abhängige Beschäftigung vor, ist der Arbeitgeber stets Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, also für den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil. Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen hat der Arbeitgeber einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Zahlung des Arbeitnehmeranteils, der grundsätzlich durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht wird. Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung rückwirkend die Versicherungs- und Beitragspflicht für einen vermeintlich freien Mitarbeiter festgestellt, haben die Einzugsstellen wegen der Schuldnerstellung des Arbeitgebers einen Nachforderungsanspruch hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gegen diesen. Die Nachforderung bezieht sich auf die letzten vier Kalenderjahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Beitragsanspruch fällig geworden ist, d.h. in dem die abhängige Beschäftigung von einem Sozialversicherungsträger festgestellt wurde.
Der Arbeitgeber kann die Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zwar vom Beschäftigten verlangen. Dieser Anspruch ist wegen des für diesen Fall vorgeschriebenen Lohnsteuerabzugsverfahrens in der Praxis jedoch nicht geeignet, zu einem gerechten Ausgleich für den Arbeitgeber zu führen.Denn der Arbeitgeber kann die Arbeitnehmer-Sozialversicherungsbeiträge, die er für den Haftungszeitraum von vier Jahren neben den Arbeitgeberbeiträgen zahlen muss, grundsätzlich lediglich bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen einbehalten. Danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Von einem Verschulden ist allerdings regelmäßig auszugehen, wenn der Auftraggeber bzw. Arbeitgeber (der Geschäftsführer) weder bei der zuständigen Krankenkasse als Einzugsstelle noch über das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vor Aufnahme der Beschäftigung eine Klärung herbeigeführt hat.
Insbesondere die nachträgliche Feststellung einer abhängigen Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne begründet nach alldem erhebliche finanzielle Belastungen für die Gesellschaft als Auftraggeber.