Rechnungsstellung: Drei strategische Schritte für E-Invoicing

Mit der elektronischen Rechnungsstellung kommt auch das nahezu in Echtzeit ablaufende Reporting gegenüber Steuerbehörden. Es wird Zeit, die nötigen technischen Modernisierungen in Angriff zu nehmen.

Die EU-Umsatzsteuer-Reform (genannt VAT in the Digital Age, kurz ViDA) sowie bereits bestehende Regelungen in zahlreichen Ländern erfordern E-Invoicing, also eine elektronische Rechnungsstellung. Im Zuge dessen setzen Steuerbehörden vermehrt auch auf die umsatzsteuerliche Meldung in nahezu Echtzeit, das sogenannte Real-Time-Reporting bzw. die kontinuierliche Transaktionskontrolle (CTC). Dies ermöglicht Steuerbehörden eine unmittelbare Einsicht in die Umsatzdaten von Unternehmen.

Umsatzsteuer im Fokus

Mit diesen Neuerungen müssen steuerliche Daten direkt bei der Generierung den rechtlichen Regelungen entsprechen. Einen zweiten Versuch, etwa nach Datenanalysen Fehler im Nachhinein zu korrigieren, gibt es nicht mehr. Auch manuelle Eingriffe bei Transaktionen, deren Umsatzsteuerermittlung vom eigenen System nicht abgedeckt wird, sind nicht mehr möglich. Dies ist durchaus eine Herausforderung, da sich die internationale Umsatzsteuergesetzgebung beinahe täglich ändert – oft sehr kurzfristig und teilweise nur für einen expliziten Gültigkeitszeitraum. Betroffen sind dabei häufig Bereiche wie grenzüberschreitender E-Commerce, digitale Dienstleistungen oder die Modernisierung der Umsatzsteuererhebung.

Gleichzeitig werden mehr und mehr die Finanzprozesse in Unternehmen digitalisiert und automatisiert. Getrieben wird diese Entwicklung durch ERP-Modernisierungen – etwa mit SAP S4/HANA – mit dem Ziel, hier effizienter zu werden, manuelle Routine-Tätigkeiten zu minimieren und die Vorschriften für Steuer-Compliance einfacher einhalten zu können.

Die logische Konsequenz: Die Umsatzsteuer-Findung, die faktisch alle Transaktionsprozesse im Unternehmen betrifft, sollte in digitalisierten Finanzprozessen gleichermaßen automatisiert werden.

Schritt 1: Datenqualität sicherstellen

Zunächst ist erforderlich, in ein ERP-System zu investieren, das für alle relevanten Länder die nötige Datenqualität als Basis für E- Invoicing sicherstellt. Denn die E-Invoicing-Regelungen sind international nicht einheitlich und erfordern unterschiedliche Daten zu Rechnungsstellung, Rechnungsempfang und Validierung.

Schritt 2: Standards einhalten

Im nächsten Schritt braucht es ein E-Invoicing-System, das die Rechnungen entsprechend den weltweit unterschiedlichen Standards übersetzt und übermittelt. Dafür setzen Unternehmen in der Regel auf externe Partner, statt dies im eigenen Rechenzentrum vorzuhalten. Ein E-Invoicing-Partner bietet auch den Zugang zu den Netzwerken für den Austausch der elektronischen Rechnungen zwischen Unternehmen. Hierfür hat sich in Europa PEPPOL als offener Standard etabliert. PEPPOL wird auch in Deutschland für Regierungs- bzw. öffentliche Aufträge genutzt.

Schritt 3: Umsatzsteuer automatisieren

Die dritte strategische Entscheidung ist: Wie soll künftig die Umsatzsteuer-Ermittlung erfolgen? Hier gilt es zu prüfen, ob die im ERP-System nativ bestehenden Steuerfunktionen, verbunden mit eigener manueller Steuerrecherche, genügen. Eine Alternative dazu ist die Integration einer Tax-Engine in die Transaktionssysteme des Unternehmens. Diese ermöglichen eine automatisierte Umsatzsteuerermittlung. Die dafür relevanten Steuervorschriften hält der Anbieter der Tax-Engine kontinuierlich auf dem neuesten Stand.

Welcher Weg für die Ermittlung der Umsatzsteuer wirtschaftlicher und effizienter ist, hängt zum einen von der Internationalität und Komplexität des Geschäftsmodells ab. Zum anderen spielt es eine Rolle, wie viele Transaktionssysteme – etwa für E-Commerce, Beschaffung etc. – neben dem ERP-System vorhanden sind. Denn diese müssen entweder jeweils einzeln kontinuierlich an neue Steuervorschriften angepasst werden oder sie werden an eine zentrale Tax-Engine angebunden. Das Ziel ist in beiden Fällen, durchgängig Steuer-Compliance und das vorgeschriebene Reporting gegenüber Steuerbehörden gewährleisten zu können.

Fazit

In den nächsten zwei bis drei Jahren wird die EU-Umsatzsteuer-Reform in Deutschland umgesetzt. Da dafür durchaus tiefgreifende Neuerungen bei den IT-Systemen und Prozessen der Finanzabteilung erforderlich sein können, sollten die Maßnahmen frühzeitig durchdacht und umgesetzt werden, um Investitionen zu schützen und die künftigen Anforderungen der Steuerbehörden auch einhalten zu können.

Maximilian Borgmann



Maximilian Borgmann ist Director of Sales Engineering bei Vertex, einem Steuer-Technologieunternehmen, das Unternehmen bei Herausforderungen rund um
Steuern und Compliance unterstützt. Das Angebot umfasst diverse Lösungen rund um indirekte Steuern.

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www.vertexinc.com

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