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Perspectives Ahead: Nachhaltigkeit in Business, IT und Digitalisierung

Perspectives Ahead: Nachhaltigkeit in Business, IT und Digitalisierung

Wir brauchen Vorreiter und Best Practice Beispiele für Nachhaltigkeit in der IT-Branche. Die Prior1 GmbH ist solch ein Vorreiter und somit wert, detailliert betrachtet zu werden. Was den mittelständischen Rechenzentrumsbauer besonders macht, ist seine ganzheitliche Sicht auf Nachhaltigkeit. Das heißt, es werden ökologische, soziale und ökonomische Aspekte betrachtet – und in Angriff genommen.

Es wird viel darüber berichtet, dass die IT-Branche durch den Einsatz digitaler Technologien zur Bewältigung unserer globalen Probleme bzw. zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele beiträgt. Gleichzeitig ist unbestreitbar, dass die stark zunehmende Digitalisierung auch Teil des Problems ist: Sie verändert unsere Lebens- und Arbeitsweisen, wie auch die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen. Hierzu gehören z.B. die Verschärfung der Einkommensunterschiede, Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt, Risiken der Überwachung und Meinungsmanipulation, Verbrauch von knappen Ressourcen und klimaschädlichen Energieträgern.

Ansteigende Datenmengen werden zum Problem

Ein Problem sind insbesondere die immer größeren Datenmengen und Rechenzentrumsleistungen: Laut Borderstep Institut verbrauchten Rechenzentren in Deutschland 2020 16 Mrd. kWh. Das ist mehr als der Gesamtstromverbrauch der Stadt Berlin 2019 (13,3 Mrd. kWh). In Europa ist der Energiebedarf von Rechenzentren zwischen 2010 und 2020 um 55% gestiegen, von rund 56 auf rund 87 Terrawattstunden pro Jahr. Ein weiterer starker Anstieg ist zu erwarten: Der weltweite Datenverkehr wächst jährlich um etwa 20% und bis 2025 könnte die IT- und Kommunikations-Branche für 20% des globalen Stromverbrauchs verantwortlich sein – und bis zu 5,5% der weltweiten Kohlenstoffemissionen ausstoßen. Das wäre mehr als jeder Staat der Welt verbraucht, mit Ausnahme der USA, China und Indien.

Aus diesem Grund ist es notwendig, die IT – und vor allem die Rechenzentren – auf Nachhaltigkeit auszurichten. Hierzu zählen die Erhöhung der Energieeffizienz, die verstärkte Nutzung von regenerativen Energien, eine Sektorenkopplung zur Einbettung von Rechenzentren in ihr Umfeld, sodass z.B. Abwärme gezielt genutzt werden kann, sowie Materialrecycling und eine Etablierung von Stoffkreisläufen, um zu einem Zero-Waste Modell zu kommen.

Fokus auf ganzheitliche Nachhaltigkeit

Ein Vorreiter im Thema Nachhaltigkeit ist der mittelständische Rechenzentrumsbauer Prior1 mit Hauptsitz in St. Augustin bei Bonn. Das Unternehmen bietet ganzheitliche Lösungen für betriebssichere sowie effiziente Rechenzentren, Serverräume und Netzwerkstrukturen. Das Portfolio umfasst Beratungsleistungen, Bau, Betriebsführung und Wartung.

Seit seiner Gründung 2008 setzt das Unternehmen nicht nur auf ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch auf ein wertschätzendes und respektvolles Miteinander mit Kund*innen, Partner*innen und Lieferant*innen. Das Unternehmen, mit 70 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von rund 12 Mio. € sieht sich – als Akteur in einer energie-intensiven Branche – in besonderer Verantwortung dafür, Energieeffizienz und Klimaschutz voranzutreiben.

Aber der Nachhaltigkeitsbegriff wird noch deutlich weiter gefasst: Prior1 versteht darunter ein unternehmerisches Handeln, das auf langfristigen wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet ist, ohne dabei hinsichtlich ökologischer und sozialer Aspekte auf Kosten anderer oder zukünftiger Generationen zu agieren.

Prior1‘s Vision ist „das Streben nach unternehmerischer Freiheit durch nachhaltiges und menschliches Wirtschaften“. Die Umsetzung dieser Vision beinhaltet ökologische, soziale und ökonomische Ziele. Ethisches Verhalten stellt einen zentralen Grundsatz dar.

Um diese Vision dauerhaft umzusetzen, nutzt Prior1 die Richtlinien der Gemeinwohl-Ökonomie, die mit der Gemeinwohlbilanz ein pragmatisches Konzept zur Überprüfung der ganzheitlichen Nachhaltigkeit in einer Organisation bietet. Mit der Gemeinwohlbilanzierung sieht sich Prior1 als innovativ und zukunftsorientiert aufgestellt. Vor allem dient die detaillierte Analyse des Status quo der Nachhaltigkeit in Relation zu den verschiedenen Berührungsgruppen des Unternehmens dazu, Potenzial für Verbesserungen aufzuzeigen. Generell wird bei Prior1 auf Energieeffizienz und nachhaltige Materialien geachtet. Zusammen mit höchstmöglicher Qualität für den Kunden haben diese Aspekte Vorrang vor einer Preisführerschaft.

Die Initiativen adressieren alle Unternehmensbereiche

Die Nachhaltigkeitsinitiativen im Unternehmen sind vielfältig. Im Fokus steht vor allem das Kerngeschäft: Das eigens gegründete ‚Future Center‘ Kompetenzteam arbeitet kontinuierlich an der Weiterentwicklung von energievermeidenden und ressourcensparenden Datencenterdesigns bei gleichzeitiger Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.

So berät Prior1 seine mittelständische Kundenbasis zu Green IT Themen, z.B. bezüglich Messung von Einsparpotenzial beim Stromverbrauch, Optimierung der Kühlung durch gezielte Luftführung, Einsatz von umweltfreundlichen Kältemitteln für Klimaanlagen, Effizienz durch Virtualisierung etc. Das Kompetenzteam erforscht und entwickelt praxistaugliche Lösungsbausteine, die dann in das Kerngeschäft eingebracht werden. Es wurde z.B. ein Tool entwickelt, mit dem der Return-on-Investment einer Photovoltaik-Anlage für Kunden errechnet werden kann.

Mobilitätskonzept für umweltfreundliches Reisen

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von weiteren Maßnahmen, wie z.B. ein umfassendes Mobilitätskonzept, das darauf ausgerichtet ist, die Reduzierung von Schadstoffemissionen bei Geschäftsreisen und Fahrten zur Arbeit zu vermeiden, oder wenigstens zu reduzieren. Was dann noch unvermeidbar ist, wird kompensiert, z.B. durch Förderung von Klimaschutzprojekten und Baumpflanzinitiativen. Die Maßnahmen beinhalten einerseits die Forderung an die Mitarbeiter, Reisetätigkeiten möglichst effizient und umweltschonend zu gestalten und gleichzeitig eine Förderung, indem Anreize durch Prior1 gesetzt werden. Konkrete Umsetzungsbeispiele sind:

  • Die Förderung von Homeoffice und Videokonferenzen durch Ausstattung mit Equipment und Unterstützung der virtuellen Kommunikationswege.
  • Anreize für Bahnreisen und Prämien für zurückgelegte Bahn-Kilometer.
  • Auswahl von schadstoffarmen oder EAuto-Modellen als Geschäftsfahrzeuge (abhängig von den zu fahrenden Wegstrecken).
  • Prämien für umweltfreundliche Mobilität: Kosteneinsparungen, die hierdurch erzielt werden, werden zur Hälfte dem Mitarbeiter ausgezahlt.
  • Weitgehende Streichung von Flugreisen (Genehmigung der Geschäftsführung notwendig).
  • Fahrradschenkungen an Mitarbeitende.

Darüber hinaus fördert das Unternehmen die solidarische Zusammenarbeit mit Lieferanten und achtet beim Einkauf auf größtmögliche Nachhaltigkeit, z.B. indem sie Arbeitsmaterialien mit Nachhaltigkeits-Labels wie Blauer Engel auswählen und bei IT-Equipment energiesparende Produkte bevorzugen.

Was bewirken die Nachhaltigkeitsinitiativen?

Kunden und arbeitet seit 2018 „CO2 kompensiert“. Mit dieser Wortwahl stellt das Unternehmen klar, dass es immer noch CO2 emittiert – also nicht CO2 neutral ist –, aber alle nicht vermeidbaren Emissionen kompensiert werden.

Obwohl Wachstum kein Unternehmensziel ist, ist das Unternehmen über die Jahre von ursprünglich geplanten 20 auf mittlerweile 70 Mitarbeitende gewachsen. Als Arbeitgeber erweist sich Prior1 als sehr attraktiv. „Wir brauchen keine Headhunter oder andere Aktivitäten, um gute Talente zu finden“ berichtet die Teamkoordinatorin für Personal, Anja Zschäck, „die Mitarbeitenden finden zu uns, weil sie unsere Vision gut finden.“

Die Zufriedenheit ist hoch, da die Mitarbeitenden Sinnhaftigkeit und Eigenwirksamkeit in ihrer Arbeit erfahren. Die Fluktuationsrate ist gering. Dass die Mitarbeitenden das Thema Nachhaltigkeit mittragen, zeigt sich z.B. daran, dass mehrere Mitarbeiter*innen auf einen Firmenwagen verzichtet haben. Seit einigen Jahren werden keine Flugreisen mehr getätigt.

Im nächsten Schritt arbeitet Prior1 am Projekt „NextLand“: Der Transformation des Unternehmens hin zu einer selbstführenden Organisationsform, deren wichtigste Grundpfeiler hohe Transparenz sowie substanzielle Mitarbeiterbeteiligung sind. So treffen die Mitarbeitenden z.B. Investitions- und Personalentscheidungen und partizipieren an Gewinnausschüttungen. Durch Schulung und Weiterbildung werden die Mitarbeitenden auf diese neue Organisationsform vorbereitet.

Auch ist das Unternehmen gerade dabei, seine Gemeinwohl-Bilanzierung zu erneuern, um Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit transparent zu dokumentieren – und Möglichkeiten für weitere Verbesserungen zu identifizieren.

Fazit

Prior1 ist ein gutes Beispiel für eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie, die auf kontinuierliche Verbesserung ausgerichtet ist. Der Fokus auf Grundwerte wie Qualitätsführerschaft, Mitarbeiterzufriedenheit, ökologische Nachhaltigkeit und gesellschaftliches Engagement ermöglicht langfristig wirtschaftlichen Erfolg.

Zur Person

Katja Grimme engagiert sich leidenschaftlich für ethische und nachhaltige Ansätze für Business, IT und Digitalisierung. Sie bietet unabhängige, forschungsbasierte Analysen und Beratung zu Nachhaltigkeit in der IT und hilft hierdurch Unternehmen dabei, ihre Nachhaltigkeitsinitiativen erfolgreich zu gestalten.

k.grimme@perspectivesahead.com

Stand: 13.07.2021 10:30