Wird eine GmbH von einem anderen Unternehmen über eine Mehrheitsbeteiligung beherrscht, vereinbaren beide Unternehmen häufig eine Organschaft, um auf diesem Wege ihre Gewinne und Verluste verrechnen zu können. Zu diesem Zweck schreibt das Gesetz den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags für die Dauer von fünf Jahren vor (§ 14 Abs. 1 KStG). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Rücklagen die Tochter zur Abdeckung eines Verlusts auflösen darf, bevor das Mutterunternehmen den restlichen Verlust der Tochter ausgleichen muss. Diese Frage hatte der BFH in einem Beschluss vom 19.10.2020 zu entscheiden.
Nach dem Sachverhalt hatte die Klägerin, eine GmbH, mit ihrer alleinigen Muttergesellschaft einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag (EAV) geschlossen, der im Handelsregister eingetragen worden ist. Unter anderem war dort geregelt, dass Rücklagen – auch vororganschaftliche – auf Verlangen der Gesellschafterin aufzulösen sind und zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags zu verwenden oder als Gewinn abzuführen sind. Weiterhin regelte der EAV, dass die Muttergesellschaft in entsprechender Anwendung des § 302 Aktiengesetz (AktG) in seiner jeweils gültigen Fassung zum vollen Verlustausgleich verpflichtet war.
Das FA erkannte den EAV wegen Verstoßes gegen § 17 KStG nicht an und erließ entsprechende Bescheide. Dagegen richtete sich die Klage, die vom FG abgewiesen worden ist.
Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück und führte u.a. aus, dass die hier thematisierte Frage des Verlustausgleichs durch Auflösung vororganschaftlicher Rücklagen bereits entschieden sei. Er wies darauf hin, dass § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG auf § 302 AktG verweist. § 302 AktG lässt einen Verlustausgleich aber ausdrücklich nur durch die Auflösung solcher Rücklagen zu, die während der Vertragslaufzeit des EAV gebildet worden sind. Demzufolge ist die im EAV vorgesehene Möglichkeit des Verlustausgleichs durch Auflösung vororganschaftlicher Rücklagen schädlich und führt zur steuerlichen Nichtanerkennung des EAV und damit der beabsichtigten Gewinn- und Verlustverrechnung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft.