Online-Marketing: Agenturen in Deutschland müssen lernen „Nein” zu sagen

Wenn Sie sich als Unternehmer überlegen und schließlich auch dazu entscheiden, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten, dann zählt neben den Aufgaben, die diese Agentur im Online-Marketing für Sie übernimmt, auch das, was sie nicht macht. Und das kann auch ein „Nein” zu einer gemeinsamen Zusammenarbeit sein. Denn oft ist es ja so: Agenturen laden sich zu viel auf, nehmen zu viele Kunden und zu viele Aufträge an. Wollen den schnellen Umsatz noch mitnehmen. Diese Tendenz ist vorhanden und so ist hier die Forderung nach einem „Nein” auch für Sie als Kunde mehr als schlüssig: Sie wollen mit Ihrem Unternehmen schließlich nicht einer unter vielen sein, sondern individuell, zeitintensiv und qualitativ hochwertig betreut werden.

In einer Befragung von 155 Marketingverantwortlichen in B2B-Unternehmen sowie Führungskräften in Werbeagenturen mit B2B-Schwerpunkt (durchgeführt vom Bundesverband Industrie Kommunikation e.V.) mit dem Titel „Zusammenarbeit von B2B-Unternehmen und Agenturen” zeigte sich, dass die Unternehmen von Agenturen unter anderem mehr „neue Ideen“ erhoffen. Gleichzeitig sehen die Agenturen ihre Top-Kernleistung in der Kreativität (79 Prozent). Darüber hinaus positionieren sich Agenturen mehrheitlich als Markenberater (65 Prozent), die bekanntlich den Gesamtüberblick behalten
müssen. Unternehmen aber möchten vermehrt den Großteil Ihres Marketings „insourcen” und zunehmend auf junge, spezialisierte Agenturen setzen.

Wie bekommt man also dieses „Mehr” an kreativen, neuen Ideen, ein ganzheitliches Coaching, Spezialisierung auf bestimmte Kanäle und den Aufbau eines Inhouse-Teams auf Unternehmensseite unter einen Hut? Hier den Konsens zu finden mag wie ein Drahtseilakt für beide Parteien anmuten, kann aber durchaus gelingen und in eine langfristige Zusammenarbeit führen – wenn man weiß wie.

Eine langfristige Zusammenarbeit ist keine Raketenwissenschaft

Schaut man sich die in der Befragung genannten Bedürfnisse und Erwartungen von Unternehmern und Agenturen genauer an, wird deutlich, dass es vor allem Einfühlungsvermögen, Flexibilität, eine konstruktive und offene Feedbackkultur sowie effektive Kommunikation und gutes Projektmanagement braucht. (Sieht man einmal von der notwendigen Fachkompetenz ab.)

Sollten Sie sich also für die Zusammenarbeit mit einer Agentur entscheiden, können Sie sich im Vorfeld auf eine erfolgreiche und langfristige Partnerschaft vorbereiten. Bevor Sie sich nämlich vertraglich an eine Agentur binden, ist es unabdingbar, dass Sie diese genannten Soft Skills genau unter die Lupe nehmen und zudem auch Ihre eigenen Bedürfnisse und Erwartungen überprüfen und berücksichtigen. Letztere sollten Ihnen dann vor allem als Orientierung und Entscheidungsgrundlage dienen.

Auch ein „Nein” kann zielführend sein

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten mit einer großen, namhaften Agentur zusammen, die sich damit brüstet, für eine enorm hohe Zahl an Kunden zu arbeiten. Was denken Sie, wie viele Stunden wird sich diese Agentur wohl in der Woche für Sie blocken? Und werden die von den Unternehmern erhofften „neuen Ideen” – wie in der Befragung genannt – auch entstehen, wenn die Agentur ein 08/15 Setup fährt und einen Mitarbeiter vier Stunden pro Woche für Sie bereitstellt?

Die meisten Agenturen haben verlernt, „Nein” zu sagen. Sie nehmen den Auftrag und den Umsatz mit und denken sich: „Ja, wir machen das schon.“ Es ist absolut essentiell, dass eine Agentur auch „Nein” sagt und sich so nicht zu viele Kunden und Projekte auflädt. Nur so können Kreativität und neue Ideen ihren Platz finden und ein Wissenstransfer zu einem (vorhandenen oder sich im Aufbau befindlichen) Inhouse-Team kann gelingen. Agenturen in Deutschland müssen lernen, „Nein” zu sagen, wenn sie zu wenig Personal haben, um Ihr Unternehmen zu unterstützen, und wenn sie Ihre Branche nicht verstehen.

Coacht Sie Ihre Agentur nur oder steht sie mit Ihnen im Ring?

Bei einer langfristigen und effektiven Zusammenarbeit zwischen Agentur und Unternehmen sollte es das Ziel sein, dass der Unternehmer sich sein eigenes Team aufbaut. Wie in der Befragung deutlich geäußert, besteht eben auch auf Unternehmensseite der Wunsch nach einem Inhouse-Marketing-Team. Und dieser Wunsch ist absolut sinnvoll. Die Agentur sollte also im Laufe der Zusammenarbeit dafür sorgen, dass ein Wissenstransfer stattfindet – und dafür muss sie mit Ihnen im Ring stehen.

Und das sieht so aus: Von dem Zeitpunkt an, ab dem eine Agentur beispielsweise auf Conversions ausgerichtete Werbung für Sie und Ihr Unternehmen schaltet (und nicht nur durch Consulting-Leistungen von außen dirigiert), steht sie mit Ihnen im Ring. Sie ist mit Ihnen in der Verantwortung für das Ergebnis der Kampagnen. Sie kämpft mit Ihnen zusammen. Es sollte Ihr Anspruch an das Projekt sein, dass die Agentur Ihnen die Starthilfe gibt. Und das sollte auch der Anspruch einer guten Agentur sein.

Effektive Kommunikation ist das A und O

Der Kommunikationskanal zwischen Ihnen und der Agentur nimmt niemals Fahrt auf, wenn der Kommunikation nicht Priorität A eingeräumt wird. Es ist das A und O für ein erfolgreiches Projekt, das absolut gewissenhaft und offen kommuniziert wird. Grundsätzlich gilt in der Zusammenarbeit mit Agenturen und Experten im Online-Marketing immer, dass sie Ihnen als Unternehmer eine Entscheidungsgrundlage liefern und diese argumentativ untermauern sollten. Ihr Unternehmen braucht eine Agentur, die nicht nur einen Kanal beherrscht, sondern mehrere Kanäle. (Um die ganzen Synergieeffekte zwischen Push- und Pull-Marketing alle in Ihrem Online-Marketing zu spüren. Die Agentur sollte diese kennen, fördern und effektiv umsetzen.) Ihr Unternehmen braucht eine Agentur, die proaktiv mit Ideen auf Sie zukommt. Ihre Aufgabe als Unternehmer ist es anschließend, die Impulse Ihres Marktes und Ihrer Branche aktuell aufzugreifen und der Agentur zur Verfügung zu stellen. So kann die Agentur daraus relevante Marketing-Taktiken ausarbeiten.

Welche Aufgaben liegen bei Ihnen im Unternehmen?

Ihr Core-Content bleibt bei Ihnen – Sie sind der Experte. Das bedeutet für Sie als Unternehmer, dass es Ihre Aufgabe ist, alle Themen des Core-Content zu liefern. Das sind Themen wie z.B. Bildmaterial, Videomaterial, Textbausteine zu Abläufen oder Textbausteine zu Prozessen. So erfahren die Agentur auch ist, Sie kennen Ihre Marge, Ihre Bestseller und Ihre Wertschöpfungskette am besten. In Projekten, in denen Sie über viele Jahre hinweg mit einer Agentur zusammenarbeiten, ist diese auch prinzipiell dazu in der Lage, Ihnen Hilfestellung zu geben, was Ihren Core-Content, Ihren Fokus und Ihre Positionierung betrifft. Sehen Sie aber diesen Core-Content weiterhin in Ihren Händen. Die Agentur kann auf diesem Gebiet Hilfestellung geben, Sie sind jedoch weiterhin dafür verantwortlich, Ihre Kerninhalte auszuwählen, der Agentur zur Verfügung zu stellen und im Sinne Ihrer Positionierung abzusegnen. Es gilt: Die
Methodenkompetenz liegt bei der Agentur, die Fachkompetenz bei Ihnen als Kunde.

Wie genau gelingt der Wissenstransfer?

Es braucht vor allem eine klare Kommunikationsstruktur und eine klare Verteilung der Kompetenzen. (Wie im Absatz zuvor erläutert.) Die Projekte werden größer, das Wissen bei Ihnen im Team wächst stetig und irgendwann kommt der Punkt, an dem Sie mit Ihrem Team alleine „laufen können”. Und dann sollte Ihnen die Agentur Consulting anbieten. Ihr Unternehmen hat zu diesem Zeitpunkt ein eigenständig funktionierendes Team, das sich lediglich Impulse von außen holt. Ihre Agentur nimmt dann die Funktion ein, das, was Ihr Team leistet und umsetzt, zu feedbacken und wertvolle tiefere Impulse zu geben. Die Agentur feedbackt dann also Ihre Leistung. Vorher haben Sie die Leistung der Agentur bewertet und unter die Lupe genommen. So ergibt sich eine langfristige, effektive sowie flexible Zusammenarbeit an der auch alle Parteien wachsen können.

Kein „Entweder-Oder” als Fazit

Gerade in Bezug auf die, in der Befragung des Bundesverbands Industrie Kommunikation e.V., genannten Erwartungen und Wünsche sei nochmals hervorgehoben, dass keine „Entweder eigenes Inhouse-Team oder Zusammenarbeit mit einer Agentur”-Entscheidung getroffen werden sollte, sondern, dass es beider Wege bedarf, um für beide Parteien alle positiven Auswirkungen zu generieren. Im Zweifel aber sollte die Entscheidung eher zu einem klaren „Nein” tendieren als zu einem „Ja, kriegen wir schon irgendwie hin”. Hier ist es essentiell, dass beide Parteien eine offene Kommunikation sowie eine klare Linie fahren, ihre Aufgaben klar kennen und effektiv umsetzen. Dann findet eine wirksame und erfolgreiche Zusammenarbeit von Online-Marketing-Agenturen und Unternehmern statt.

Wenn Sie wissen wollen, worauf Sie bei der Suche nach einem zuverlässigen Partner für Ihr Online-Marketing achten müssen, wie die Zusammenarbeit mit einer Marketingagentur automatisch Umsatzsteigerung bedeutet und wie eine interne Marketing-Abteilung Ihr Unternehmen nach vorne bringen kann – all das und noch viel mehr lesen Sie im Buch „Milliardengrab Agenturdienstleistung”.

Zur Person

Robert Klipp

Experte im Online-Marketing,
CEO bei My Best Concept in Bochum
und internationaler Speaker


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