Seit Ende November liegt der erste Entwurf der Europäischen Union (EU) für eine neue Verordnung mit Vorgaben zu Verpackungen und Verpackungsabfällen vor. Die Packaging & Packaging Waste Regulation, kurz PPWR, soll die bisher bestehende Verpackungsrichtlinie 94/62/EG mit für alle Mitgliedsstaaten fest verbindlichen Vorgaben ersetzen. Ziel ist mehr Nachhaltigkeit, immerhin werden in der EU ca. 40 Prozent der verbrauchten Kunststoffe und 50 Prozent des Papiers für Verpackungen genutzt – Tendenz steigend. Es ist also naheliegend und sinnvoll, in diesem Bereich Verbesserungen anzustreben. Das bedeutet für betroffene Unternehmen allerdings einige Änderungen, die sowohl Risiken als auch Chancen mit sich bringen. Der deutsche Markt reagiert bereits auf diese neue Situation: Neue Gewährleistungsmarken und Drucktechnologie legen Wert auf Nachhaltigkeit.
Es scheint aktuell sehr wahrscheinlich, dass die EU die neue Verordnung verabschieden wird. EU-Rat und -Parlament einigten sich Anfang März auf den Entwurf. Der ständige Umweltausschuss hat diesem Mitte März zugestimmt, sodass das EU-Parlament nach aktueller Planung am 24. April darüber abstimmen wird. Sollte es erwartungsgemäß zur Bestätigung kommen, ist in der zweiten Jahreshälfte mit der endgültigen Zustimmung zu rechnen. Die Neuregelung würde dann 18 Monate nach dem Inkrafttreten der PPWR wirksam werden.
Welche Vorgaben bringt die PPWR mit sich?
Diese Regelungen sehen eine ganze Reihe von Punkten vor, die im Sinne der Nachhaltigkeit angepasst werden sollen:
- Recyclingfähigkeit von Verpackungen: Es werden Mindestanforderungen eingeführt, die Händler einhalten müssen, wenn sie ihre Verpackungen konzipieren.
- Einsatz von recycelten Materialien: Händler müssen in Zukunft Verpackungen verwenden, die zu einem bestimmten Anteil aus recyceltem Material bestehen, insbesondere bei Kunststoffen.
- Kennzeichnung und Information: Recyclingfähige Verpackungen müssen gekennzeichnet und Informationen zur korrekten Entsorgung auf dem Verpackungsmaterial direkt bereitgestellt werden.
- Verpackungsabfälle vermeiden: Feste Zielvorgaben zur Vermeidung von Verpackungsabfällen, die von Händlern verbindlich erfüllt werden müssen.
- Verpflichtung zur Benennung eines bevollmächtigten Vertreters: Unternehmen müssen für Länder, in denen sie Verpackungen vertreiben, aber nicht ihren Sitz haben, einen bevollmächtigten Vertreter als Ansprechpartner für Fragen rund um die PPWR festlegen.
- Konformitätserklärung: Umfassende Konformitätserklärungen auf Verpackungsebene sind für Händler zukünftig verpflichtend.
- Mehrwegsysteme: Die Verordnung führt Maßnahmen ein, um die Verwendung von Mehrwegsystemen mit Anreizen zu fördern.
Auch wenn die Vorgaben für Unternehmen einige Arbeit bedeuten, ist es nicht nur aus gesetzlicher Sicht sinnvoll, sich frühzeitig mit der eigenen Berücksichtigung der Regelungen zu befassen. So vermeidet man unnötigen Stress. Zudem legen auch die Käufer immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit, sodass Unternehmen, die frühzeitig und transparent agieren, einen Vorsprung als nachhaltige Anbieter aufbauen und Vertrauen gewinnen können.
Mit Gewährleistungsmarken den eigenen Standard sichtbar machen
Eine Möglichkeit, um beispielsweise die eigene Erfüllung von Recycling-Standards zu zeigen, sind die seit Januar 2019 in Deutschland eingeführten Gewährleistungsmarken. Dabei handelt es sich um Gütesiegel oder Prüfzeichen, die von neutralen Zertifizierungsunternehmen eingetragen werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die Garantiefunktion. Der Markeninhaber übernimmt als neutrale Instanz die Überwachung und Kontrolle eindeutig festgelegter Eigenschaften von Produkten und/oder Dienstleistungen. Das heißt, er darf nicht selber an Herstellung, Vertrieb oder Erbringung der von ihm zertifizierten Produkte oder Dienstleistungen beteiligt sein. Zusätzlich muss der Inhaber der Marke vollständig transparent arbeiten. Es muss für Verbraucher leicht erkennbar sein, welche Garantien die Gewährleistung umfasst und mit welchen Kontrollmechanismen deren Einhaltung sichergestellt wird.
Eine solche Marke bietet dem Verbraucher also zahlreiche Sicherheiten im Gegensatz zu einem normalen Garantieversprechen des Händlers. Zunächst einmal ist eine Garantie im Grunde eine freiwillige, teilweise auch kostenpflichtige Leistung des Händlers. Zwar müssen auch dabei gesetzliche Vorgaben zu den formalen Bestandteilen beachtet werden, letztlich entscheidet der Händler aber selbst über die Bestimmungen seiner Garantie. Er hat hier also erheblich mehr Spielraum, sich der Beanstandung von Mängeln zu entziehen. Der Verbraucher wiederum muss sich eingehend mit den jeweiligen Garantie-Bestimmungen beschäftigen. Nur dann kann er es vermeiden, etwa durch Fehlnutzung oder falsche Produktpflege den eigenen Anspruch ungültig zu machen.
Bei der Gewährleistungsmarke hingegen muss der Verbraucher nur die Markensatzung kennen, die der Markeninhaber gesetzlich verpflichtend transparent kommunizieren muss. Alles Weitere übernimmt das Zertifizierungsunternehmen, hinter dem das Deutsche Patent- und Markenamt als zusätzliche Kontrollinstanz steht. Es ist also für Markennutzer, die mit dem Zertifikat werben möchten, nicht möglich, den Verbraucher über Details im Unklaren zu lassen oder anderweitig zu täuschen.
Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als 100 solcher Gewährleistungsmarken, von ökologisch produzierter Kleidung bis hin zu ergonomischen Büromöbeln. Für den Bereich Verpackungen gibt es seit Kurzem die Marke CERREC (kurz für: Certified Recycable Packaging & Paper). Mit dieser lassen sich sämtliche Verpackungsmaterialien aus Papier, Pappe oder Kartonage als recyclingfähig gemäß des Verpackungsgesetzes zertifizieren. Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, können damit den gesetzlichen Verpflichtungen gerecht werden und zugleich ihr Engagement für die Kreislaufwirtschaft demonstrieren. Das ist sowohl hinsichtlich der Kundenbeziehungen als auch der Erfüllung von wachsenden ESG-Vorgaben sinnvoll. Zusätzlich ist die Förderung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft in Anbetracht der nicht zu leugnenden ökologischen Herausforderungen unserer Zeit auch abseits rein wirtschaftlicher und juristischer Überlegungen wichtig.
Geeignete Technologien stehen bereit
Um eine solche Zertifizierung zu erhalten, müssen natürlich zunächst recyclingfähige Verpackungsmaterialien produziert werden, die zugleich die Ansprüche an Design und Qualität erfüllen. Die Entwicklung von modernen Maschinen für den Digitaldruck schafft hier Abhilfe. Dazu zählt Single-Pass-Drucktechnologie. Single-Pass beschreibt ein Verfahren, bei dem die Druckeinheit das zu bedruckende Material in einem Durchgang komplett mit Farbe besprüht. Auf diese Weise kann man im Vergleich zum Multi-Pass-Druckverfahren, bei dem es mehrere Durchgänge braucht, sehr schnelle Produktionszeiten erreichen.
Doch die Geschwindigkeit des Druckprozesses ist nicht der einzige Vorteil des digitalen Single-Pass-Drucks. Da im Digitaldruck keine umständliche Vorbereitungen und Einrichtungen nötig sind, können damit auch kleine Auflagen problemlos gefertigt werden, ohne dass die Kosten rapide in die Höhe schießen. Außerdem hat sich auch im Bereich Nachhaltigkeit einiges getan. Die Verwendung von zu 100 Prozent wasserbasierten Tinten sowie ein verhältnismäßig niedriger Stromverbrauch leisten ihren Beitrag dazu, Nachhaltigkeits- und Umweltziele zu erreichen. Somit dürfte es auch für KMU erschwinglicher werden, individuelle und nachhaltige Verpackungsmaterialien zu produzieren und damit die wachsenden Vorgaben zu erfüllen.
Fazit
Der europäische Verpackungsmarkt ist in Bewegung. Auch hier schlägt sich der Wille der Gesetzgebung zu mehr Nachhaltigkeit und einer Förderung der Kreislaufwirtschaft nieder. Unternehmen können diese Herausforderung aber auch als Gelegenheit begreifen, wie einige Beispiele schon jetzt zeigen. Wer sich frühzeitig auf die neuen Anforderungen einstellt, kann sich auf dem Markt Vorteile sichern.
Karsten Köhler
Redakteur im VSRW-Verlag