Klima, Migration, Frauenförderung, LGBTIQA, Sprache: Kaum ein Thema, das sich nicht für Empörung oder einen Shitstorm eignet. Was heißt das für Unternehmen?
Die empörte Gesellschaft hat es inzwischen bis in Management-Fachbücher geschafft. Ein ungeschickt inszeniertes Produkt, ein falscher Post, eine gehisste oder nicht-gehisste Regenbogenflagge: Alles kann einen Shitstorm auslösen und Krisenkommunikation nötig machen. Manchmal muss auch nichts vorgefallen sein. Es genügt, wenn jemand mit viel Reichweite Gerüchte streut. Wie können Unternehmen in einer polarisierten Gesellschaft Haltung zeigen, Shitstorms möglichst umschiffen und wenn der Sturm trotzdem losbricht, resilient mit ihm umgehen?
Inneren Kompass als Navigator eichen
Kein Unternehmen muss zu jedem Streitthema in der ersten Reihe stehen. Kein Unternehmen kann jedem Streitthema aus dem Weg gehen. Aber jedes Unternehmen kann sich über die tatsächlich gelebte Unternehmenskultur und das gewünschte Miteinander klar werden. Und dies in Beziehung zu den Streitthemen setzen. Nötig dafür ist ein ehrlicher Blick nach innen und außen. Unternehmenskultur ist nicht, was sich eine Führungskraft wünscht, sondern das, was in der Vielfalt der Belegschaft gelebt wird. Sich ehrlich mit dem Ist und dem Soll zu befassen, beschreibe ich mit: Kompass eichen.
Für gutes Kartenmaterial sorgen
Damit das Boot gefährliche Klippen unter der Oberfläche geschickt umschiffen kann, ist gutes Kartenmaterial nötig, welches Untiefen anzeigt. Allzu oft schwimmen Unternehmen im hippen Strom und knallen unversehens gegen einen Felsen, den sie hätten sehen können, hätten sie unter die Oberfläche geschaut.
Nehmen wir das Beispiel geschlechtergerechte Sprache: hochgradig polarisiert und egal, wie sich ein Unternehmen entscheidet, bleibt Shitstorm-Potenzial. Besser ist es also, sich gut zu informieren, die Triggerpunkte zu kennen und eine zum Unternehmen und den Stakeholdern passende Leitlinie zu haben, die den Weg weist.
Gute Erfahrungen habe ich gemacht, indem externes Fachwissen kombiniert wird mit den unterschiedlichen Erfahrungen und Bedürfnissen im Unternehmen. Das führt im Regelfall zu einer passenden und weithin akzeptierten Strategie. Und es trägt dazu bei, dass bereits in der Auseinandersetzung in der Gruppe Wissen aufgebaut wird.
Ein resilientes Team hält auch bei Sturm Kurs
Trotzdem kann die beste Navigation nicht davor schützen, dass es zu Kritik, Konflikten oder Shitstorms kommt. In diesen Fällen kommt es darauf an, nicht im Sturm zu kentern. Zum Kompass, der zeigt, ob der Kurs stimmt, und dem Kartenmaterial, das nötig ist, um die Segel Richtung ruhigere Gewässer zu setzen, kommt die Resilienz. Sie hilft, fokussiert zu bleiben, die Lage zu analysieren und die Handlungsmöglichkeiten zu erkennen.
Im Umgang mit der empörten Gesellschaft und ihren Risiken für Unternehmen greifen also drei Dinge ineinander: Die innere Klarheit in der Haltung, differenziertes Wissen zum Thema und seinen Triggerpunkten und Resilienz für die nötige Konzentration und Handlungsorientierung, wenn es trotzdem stürmisch wird.
Drei Tipps zum Abschluss
Egal zu welchem Thema, wichtig ist, dass wir uns an gemeinsamen Fakten orientieren, in der Bewertung aber Raum für vielfältige Meinungen lassen.
- Wir alle haben unbewusste Verzerrungen und sehen nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit.
- In der Vielfalt der Perspektiven erkennen wir Bedürfnisse, Ungleichheiten und Interessen. Indem wir differenzieren, bewegen wir uns Richtung Lösung.
- Wir können es nicht allen recht machen. Aber wir können uns darauf einigen, dass wir unterschiedliche Sichtweisen haben.

Sigi Lieb ist Diplom-Sozialwirtin und Inhaberin von gesprächswert. Sie arbeitet als Beraterin, Trainerin und Autorin in Sachen Kommunikation und Konfliktmanagement. Ihr Schwerpunkt ist das Zusammenspiel von inneren Einstellungen, Sprachgebrauch und dem Gelingen eines Kommunikationsprozesses, der daraus entsteht.
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