Der Slogan „Heute schon an morgen denken“ ist inzwischen vielleicht etwas abgedroschen, aber in einer volatilen Welt wie unserer so wahr wie nie. Sprich: Unternehmen, die immer fortführen, was in der Vergangenheit gut funktioniert hat, ohne sich weiterzuentwickeln, werden früher oder später abgehängt. Denn der globale Wettbewerb ist dynamisch; Gegebenheiten in den Märkten und Erwartungen von Partnern und Kunden sind nicht starr, sondern verändern sich stetig. Deshalb müssen sich Unternehmen Wissen aneignen, mit dem sie den aktuellen Herausforderungen begegnen und sich zugleich strategisch für die Zukunft aufstellen können.
Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, wie zerbrechlich Gegebenheiten und Annahmen sein können. Ob Pandemie, massiv gestörte Lieferketten oder Kriege: Von jetzt auf gleich mussten Unternehmen reagieren, umdenken und sich neu aufstellen. Hinzu kommt der gesellschaftliche Wandel, der starke Auswirkungen auf die Arbeitswelt hat: Mit den jüngeren Generationen rücken Menschen in die Unternehmen, die die bisherigen Arbeitsmodelle hinterfragen und neue Anforderungen an Arbeit stellen. Das Konzept „New Work“, das bereits in den 1980er-Jahren entwickelt wurde, ist vier Jahrzehnte später endlich in der Arbeitswelt angekommen. Nicht zuletzt prägen auch moderne Technologien den gesellschaftlichen Wandel deutlich mit. Auch hier müssen Organisationen nicht nur Schritt halten, sondern der Konkurrenz im Idealfall immer ein Stück voraus sein, um eben nicht nur Mitläufer, sondern Vordenker zu sein.
Es gilt daher, den Blick nicht nur auf die Gegenwart, sondern gleichzeitig auch auf die Zukunft zu richten – ganz im Sinne der Beidhändigkeit. Dabei können sieben Zukunftsimpulse als Denkanstoß, Ideenquelle und Handlungsantrieb Hilfestellung geben.
1. Ambidextrie: Aktuell und perspektivisch „beidhändig“ denken
Der Begriff Ambidextrie kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Beidhändigkeit“. Im unternehmerischen Kontext bedeutet dies, gleichzeitig aktuell und perspektivisch zu denken – im Jetzt und im Morgen. Dabei ist Kontinuität wichtig: Unternehmen dürfen nicht nachlassen, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Die Schwierigkeit hierbei ist, dass die Zukunft nicht vorhersehbar und somit nicht eindeutig ist. Deshalb ist es wichtig, sich mehrgleisig aufzustellen, verschiedene Optionen durchzuspielen und sich auf unterschiedliche Szenarien vorzubereiten.
Genau hierbei hilft Ambidextrie, weil mit dieser Herangehensweise nicht alles auf eine Karte gesetzt, sondern die Transformationsfähigkeit bewahrt wird. Es gilt, aktuelle Herausforderungen zu meistern und zugleich künftige Chancen und Entwicklungen im Blick zu behalten. Die einzelnen Teams brauchen dafür Raum für innovative Ideen und kontinuierliches Lernen, um ihre Strategien und Prozesse fortlaufend anzupassen.
2. Bewusstsein und Wissen über Zukunft: Zukunft aktiv gestalten
Nicht auf die Zukunft warten, sondern sie aktiv mitgestalten – diese Haltung braucht es, um als Unternehmen nicht immer nur auf Gegebenheiten zu reagieren, sondern aktiv vorauszudenken. Es gilt also, die Zukunft zu materialisieren sowie möglichst konkret vorstellbare Bilder und Ideen zu kreieren. Auf diese Weise lassen sich Entscheidungen viel bewusster treffen und die Zukunft des Unternehmens in die gewünschte Richtung lenken. Voraussetzung hierfür ist aber zu verstehen, was Zukunft überhaupt ist. Das Ziel ist, informiert über aktuelle Entwicklungen und künftige Trends zu bleiben, sich mit Experten zu vernetzen, neue Perspektiven zu gewinnen, den eigenen Blickwinkel zu erweitern, Wissen kritisch zu hinterfragen und offen für neue Ideen und Erfahrungen zu sein.
3. Zukunftsvision: Das veranschaulichte Bild
Die Zukunftsvision ist das veranschaulichte, höhere Ziel, auf das es hinzuarbeiten gilt. Wo möchte man in diesem Jahr ankommen? Wo sieht sich das Unternehmen in fünf oder zehn Jahren? Je attraktiver diese Zukunftsvision skizziert ist, desto leichter kann der Weg dorthin geplant und konkrete Maßnahmen ergriffen werden. Das Bild der Zukunft darf dabei als emotionale Gestaltungsvorlage verstanden werden, die mit möglichst vielen Details und „Ankern“ als Verbindung zur Gegenwart ausgestattet ist. Dann lassen sich alle Mitarbeiter motivieren, ihr Bestes zu geben, um dieses Ziel gemeinsam zu erreichen.
4. Future Journey: Die Reise in die Zukunft erzählen
Ganz ohne Zeitmaschine in die Zukunft reisen: Das gelingt, indem eine Vision der Zukunft entwickelt wird bei der der Weg dorthin konkret gestaltet ist. Denn bei dieser Zeitreise ist der Weg an sich entscheidend. Tools (wie z.B. „Future-Journey-Canvas“) können bei der Gestaltung helfen. Hierbei ist es wichtig, Storytelling zu betreiben, also die Zukunft des Unternehmens in einer Geschichte zu erzählen – und zwar als Fiktion der zukünftigen Realität. Denn Geschichten fesseln die Menschheit seit jeher. Sie erzeugen Emotionen, und die braucht es, um Mitarbeiter zu binden und dafür zu begeistern, die erzählte Zukunft mitzugestalten. Unternehmen können bei dieser Reise die Prinzipien von Design und Kreativität nutzen, um die Abläufe und Aufgaben im Unternehmen zu organisieren und zu optimieren. Dabei sollten sich die Beteiligten von starren Vorstellungen lösen und kreativ, erfinderisch und mutig werden.
5. Serendipity: Teams für zufällige Erkenntnisse befähigen
Mit „glücklicher Zufall“ lässt sich Serendipity übersetzen. Der bereits im 18. Jahrhundert
geprägte Begriff beschreibt das Phänomen, unerwartet auf eine neue Erkenntnis, Idee oder Möglichkeit zu stoßen. Für die Zukunft von Unternehmen bedeutet das, nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern die Teams zu befähigen, verschiedenste Optionen offen und unvoreingenommen zu erkunden.
6. Organisationskultur: Gemeinsame Werte, offene Kommunikation
Eine gute und widerstandsfähige Kultur im Unternehmen bildet das Fundament für den Erfolg. Die Organisationskultur sollte die Werte und Ziele des Unternehmens widerspiegeln und eine offene und vertrauensvolle Kommunikation fördern. Die Mitarbeiter brauchen ein gemeinsames Verständnis für die Vision des Unternehmens und müssen sich sicher fühlen, ihre Meinung frei äußern zu können. Hier kommt „Collective Sensemaking“ ins Spiel: Das Leitbild und das Wertesystem des Unternehmens sollten möglichst im Kollektiv entstehen, weil sich so unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen zu einem kohärenten Verständnis verbinden lassen. Durch gemeinsame Werte entsteht letztlich eine positive und notwendigerweise agile Organisationskultur, die die Zusammenarbeit, das Vertrauen und die Motivation jedes Einzelnen fördert und der Motor für Innovation und Wachstum ist.
7. Resilienz: Krisen meistern und aus Fehlern lernen
Widerstandsfähig bleiben und trotz Rückschlägen optimistisch und lösungsorientiert weiterarbeiten – das beschreibt der Begriff Resilienz.
Auch in schwierigen Zeiten sollten Unternehmen ihr Ziel und ihre Vision nicht aus den Augen verlieren und gleichzeitig in der Lage sein, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren. Um Fehlschläge und Schwierigkeiten neutral zu bewerten und aus Krisen lernen zu können, muss die Lernbereitschaft der Teams und die kontinuierliche Verbesserung von Strategien und Prozessen gefördert werden. Außerdem ist es ratsam, ein unterstützendes Netzwerk innerhalb und außerhalb der Organisation aufzubauen.
Fazit
Unternehmen müssen sich in einer dynamischen und unsicheren Welt zukunftsorientiert aufstellen, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Traditionelle Ansätze reichen nicht mehr aus; stattdessen sind strategische Weitsicht und Anpassungsfähigkeit entscheidend. Um auf Veränderungen flexibel reagieren und als Vordenker statt als Mitläufer agieren zu können, sollten Organisationen also diese wichtigen Impulse befolgen:
- Ambidextrie (gleichzeitig Gegenwart und Zukunft im Blick haben),
- Zukunft aktiv gestalten,
- Zukunftsvisionen entwickeln,
- Future Journey (Zukunft als Geschichte erzählen),
- Serendipity (zufällige Erkenntnisse fördern),
- Aufbau einer starken Organisationskultur und
- Resilienz (Krisen meistern).


Die Autoren sind Managing Partner der GENERATIONDESIGN GmbH.
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