Job Crafting – Die Evolution der Arbeitsgestaltung: Warum wir unsere Jobs verändern wollen

Viele Menschen erleben den Arbeitsalltag als nervenaufreibend und wenig erfüllend. Doch es gibt Möglichkeiten, den Job aktiv so zu gestalten, dass er besser zu den eigenen Stärken und Bedürfnissen passt. Hier setzt Job Crafting an: ein Ansatz, der es ermöglicht, den eigenen Aufgabenbereich durch kleine, gezielte Anpassungen so zu verändern, dass die Arbeit wieder Freude macht und eine Quelle der Lebensqualität wird.

Job Crafting (Arbeitsgestaltung) ist ein natürlicher Prozess, der in unserem Leben eine zentrale Rolle spielt. Die menschliche Neigung, unsere Lebensumstände stetig verbessern zu wollen, begleitet uns seit jeher. In der Evolution streben Organismen danach, sich an verändernde Bedingungen anzupassen, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Dieses evolutionäre Prinzip spiegelt sich auch in unserer inneren Fähigkeit wider, uns an externe Gegebenheiten anzupassen und zu analysieren, warum unsere Arbeit in einem bestimmten Moment sinnvoll ist. Es ist wichtig zu erkennen, dass sich diese Wahrnehmung im Laufe der Zeit verändern kann.

Die externe Dimension des Job Crafting spricht unsere Motivation an, unseren Arbeitskontext so zu gestalten, dass wir uns wohler fühlen. Verbesserungen in diesem Bereich können sich sowohl positiv auf unsere Leistung als auch auf unsere Gesundheit, zwischenmenschlichen Beziehungen und unser Wohlbefinden auswirken.

Job Crafting verstehen: Unsere inneren Bedürfnisse als Gestaltungsfaktor

Job Crafting liegen verschiedene Bedürfnisse zugrunde, die sich unterschiedlich auswirken. Zum einen geht es um das Kohärenzgefühl, das von Aaron Antonovsky geprägt wurde. Es beschreibt den Zustand oder die Motivation, die den Menschen antreibt, das Leben als verstehbar, handhabbar und sinnvoll zu gestalten.

Wichtig ist zudem das Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit, das auch in der Glücksforschung immer wieder im Fokus steht. Diese beschreibt, dass es für die Gesundheit und das Glücksempfi nden der Menschen wichtig ist, soziale Kontakte zu pflegen.

Das Bedürfnis nach Kontrolle und Kompetenz beschreibt den Wunsch der Menschen, ihr Leben so zu beeinfl ussen, dass sie ihre Werte und Ziele verfolgen können. Es ist mit dem Teil des Kohärenzgefühls verwandt, welches die Handhabbarkeit umschreibt.

Das letzte Bedürfnis in diesem Kontext ist das Streben nach einem positiven Selbstbild. Wir alle fragen uns, wer wir sind, was unsere Stärken sind, und wir sehnen uns danach, wertvoll zu sein. Diese Sehnsucht treibt uns an, unser Selbstbild zu stärken und unseren Selbstwert zu steigern, was einer ewigen Spirale gleichkommt: In unserer Entwicklung wird sich auch unsere Erwartung an uns selbst entwickeln und verändern.

Job Crafting: Ein Gewinn für Mitarbeiter, HR und Führungskräfte

Angesichts des Fachkräftemangels und der Suche nach motivierten Mitarbeitern ist das Verständnis von Job Crafting auch für HR-Fachkräfte von großer Bedeutung. Durch gezielte Anpassungen können HR-Verantwortliche nicht nur Stellenprofile attraktiver gestalten, sondern auch die individuellen Stärken und Bedürfnisse von Mitarbeitern besser berücksichtigen, was zu höherer Mitarbeiterbindung und reduzierten Fluktuationsraten führen kann. Ein solcher Ansatz fördert ein gesundes Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter die Freiheit haben, ihre Rollen aktiv zu formen.

Für Führungskräfte ist Job Crafting daher ebenso von zentralem Wert, weil es ihnen hilft, die Zusammenarbeit in ihren Teams zu stärken. Wenn Mitarbeiter ihren Arbeitsbereich aktiv an ihre Stärken und Bedürfnisse anpassen können, führt dies oft zu einer produktiveren und harmonischeren Teamdynamik. Das wiederum kann dazu beitragen, das allgemeine Arbeitsklima nachhaltig zu verbessern.

Ein wichtiger Tipp zum Schluss!

Beim Job Crafting ist es wesentlich, einen (kleinen) Schritt nach dem anderen zu gehen und diesen geduldig und beharrlich zu verfolgen, statt hastig voranzueilen. So vermeiden Sie, dass Sie Ihren Veränderungsplan vorschnell aufgeben. Denken Sie immer daran: Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.

Dr. Andrea Barrueto
Eveline Baumgartner Meier


Dr. Andrea Barrueto ist Dozentin, Beraterin und Integraler Mastercoach.

Eveline Baumgartner Meier ist Arbeits- und Organisationspsychologin, Atemtherapeutin und Coach.

Den Ansatz des Job Crafting greifen die Autorinnen auch in ihrem Buch „Job Crafting: Arbeit besser gesalten“ auf.

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