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Influencing bei Führungskräften? – Was Führungskräfte von Influencern im Netz lernen können (Neun Thesen)

Influencing bei Führungskräften? – Was Führungskräfte von Influencern im Netz lernen können (Neun Thesen)

In der von rascher Veränderung geprägten VUKA-Welt müssen Führungskräfte sich zu Influencern in ihrem Beziehungsnetzwerk entwickeln, um die gewünschte Wirkung zu entfalten. Dabei können sie viel von Influencern, nicht nur aus dem Bereich Social Media, lernen.


Wie lange ist eine Führungskraft eine Führungskraft? Solange andere Menschen ihren Ideen und Initiativen folgen. Wenn ihr keine Personen (Mitarbeiter, Kollegen usw.) mehr folgen, ist sie auch keine Führungskraft mehr. Sie ist schlicht wirkungslos und kann sich mittelfristig vermutlich einen neuen Job suchen. Dieses Schicksal teilen Führungskräfte mit den Influencern im Netz: Auch sie sind nur solange Influencer, wie sie Follower haben. Das Bemerkenswerte dabei ist: Ihre Follower folgen ihnen ganz freiwillig. Sie lassen sich völlig ohne Zwang von ihren Ideen beeinflussen und inspirieren. Dies ist auch das Ziel einer modernen Führung. Sie zielt darauf ab, ein Milieu zu kreieren, in dem andere Menschen

  • sich freiwillig für das Erreichen der gemeinsamen Ziele engagieren und
  • eigeninitiativ ihr Denken und Handeln daraufhin überprüfen, inwieweit sie damit ihren Beitrag hierzu leisten.

Dieses Ziel zu erreichen wird umso wichtiger, je stärker die Führungskräfte ihre Mitarbeiter auf Distanz führen – beispielsweise, weil diese im Homeoffice sind. Also lohnt es sich, sich mit dem Phänomen Influencer zu befassen. Nachfolgend neun Thesen, was dieses erfolgreich macht.

These 1: Influencer zeigen sich
Ein wichtiger Erfolgsfaktor aller Influencer im Netz ist, so banal dies klingt: Sie sorgen dafür, dass sie sichtbar sind – beispielsweise, indem sie regelmäßig ihre Social Media-Kanäle füttern und ihr virtuelles Netzwerk pflegen. Ähnliches gilt für alle Personen, die Influencer sind oder sein möchten. So fällt auch auf, wie oft unsere Spitzenpolitiker seit Ausbruch der Corona-Pandemie spät abends noch in Fernseh-Talkshows sitzen, um ihr Denken und Handeln der Bevölkerung zu vermitteln und zu erreichen, dass diese ihre Entscheidungen mitträgt. Das heißt, eine Führungskraft, die sich nur hinter ihrem Schreibtisch verbirgt, wird nie ein Influencer, denn eine Voraussetzung hierfür ist: Man muss die Kommunikation mit den Netzwerkpartnern suchen.

These 2: Influencer stehen erkennbar für gewisse Werte
Fast alle erfolgreichen Influencer haben eine klare Botschaft bzw. stehen erkennbar für gewisse Werte. Dies sollte auch bei Führungskräften der Fall sein: Sonst sind sie für ihre Netzwerkpartner unberechenbar. Wenn sie in ihrem Denken und Handeln aus deren Sicht schwanken, wie ein Rohr im Wind, fassen sie zu ihnen kein Vertrauen und dies führt dazu, dass sie auch nicht bereit sind, ihnen und ihren Ideen zu folgen. Dies ist jedoch gerade in unsicheren Zeiten wichtig, da in ihnen Vertrauen der entscheidende Erfolgsfaktor ist.

These 3: Influencer inszenieren ihre Auftritte
Erfolgreiche Influencer überlassen ihr Auftreten nicht dem Zufall. Es wird sorgsam inszeniert, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Diesbezüglich haben viele Führungskräfte noch Entwicklungspotenzial. Das zeigt sich z.B. in den Online-Meetings, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vermehrt stattfinden. Man registriert als Beobachter immer wieder:

  • Die Führungskräfte loggen sich nicht selten verspätet ein,
  •  sie tragen, wenn sie im Homeoffice arbeiten, häufig eine sehr legere Freizeitkleidung,
  • sie hängen nicht selten schlaff auf ihrem Stuhl und
  • im Hintergrund sieht man manchmal sogar ein Strandbild mit Palmen.

Dabei ist eine Botschaft, die die Führungskräfte ihren Mitarbeitern in den Online-Meetings eigentlich vermitteln möchten: „Wir arbeiten nun zwar vermehrt im Homeoffice, doch ansonsten gilt: „Business as usual“. Von ihrem Auftritt geht aber oft eine gegenteilige Botschaft aus. Einer Führungskraft, die sich als Influencer versteht, passiert ein solches Missgeschick selten, denn sie reflektiert vor jedem öffentlichen Auftritt, sei es in der realen oder digitalen Welt:

  • Welche Wirkung will ich erzielen?
  •  Welche Botschaft will ich vermitteln?
  • Wie sollte ich mich folglich präsentieren?

These 4: Influencer wollen eine vertrauenswürdige Marke sein
Hinter dem Inszenieren der Auftritte der Influencer steckt auch der Wunsch: Sie möchten sich als Marke etablieren. Eine Marke kennzeichnet sich durch zwei Faktoren:

  • Sie ist aufgrund ihres Auftritts bzw. Erscheinungsbilds wiedererkennbar und:
  • Sie gibt den Kunden ein Leistungsversprechen.So wie dies z.B. das Unternehmen Audi mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik“ oder das Unternehmen BMW mit seinem Slogan „Freude am
    Fahren“ tut.

Auch Führungskräfte sollten für ihre Netzwerkpartner erkennbar für bestimmte Grundüberzeugungen und -haltungen stehen, indem sie beispielsweise signalisieren:

  • „Auf meine Aussagen ist Verlass“.
  • „Ich bin bereit, neue Wege zu gehen“.

Außerdem sollten sie ihren „Followern“ ein Leistungsversprechen geben wie:

  • „Ich binde euch in meine Entscheidungsprozesse soweit wie möglich ein“ oder:
  • „Wenn es hart auf hart kommt, stehe ich hinter euch“.

These 5: Influencer funken auf vielen Kanälen
Influencer kommunizieren mit ihren Followern auf unterschiedlichen Kanälen und zwar abhängig davon, welche Botschaft sie vermitteln und welche Wirkung sie erzielen möchten. Diese Kompetenz brauchen heute auch Führungskräfte. Sie müssen wissen, welche Botschaften man per Mail, in Online-Meetings oder Social Media verkünden und wann man das persönliche Gespräch suchen sollte. Führungskräfte brauchen also eine gewisse Medienkompetenz. Sie müssen die Stärken der verschiedenen Kommunikations-und Informationskanäle kennen und diese gezielt nutzen.

These 6: Influencer interagieren mit ihren Followern
Influencer sind nur so lange Influencer wiesie Follower haben. Verweigern letztere ihnen die Gefolgschaft sind sie keine Influencer mehr. Influencer wissen um diese Abhängigkeit. Deshalb versuchen sie möglichst viel mit ihren Followern zu kommunizieren, z.B. in Chatforen. Auf diese Weise
können sie u.a. erfahren:

  • Wie zufrieden sind sie mit meiner Performance?
  • Welche Themen beschäftigen sie?
  • Welche Interessen haben sie?
  • Wie sehen sie bestimmte Sachverhalte?

Diese Infos nutzen sie, um ihren Online-Auftritt zu verbessern und dafür zu sorgen, dass sie keine Eintagsfliegen sind. Sie lassen zudem das „Feedback“ ihrer Follower erkennbar in ihre Posts einfließen, um ihnen zu signalisieren: Ich nehme euch und eure Interessen wahr. Ihr seid mir wichtig. Ähnlich sollten Führungskräfte agieren.

These 7: Influencer zeigen sich auch als Menschen mit Gefühlen
Fast alle Influencer im Netz gewähren ihren Followern auch wohldosierte Einblicke in ihr Privat- und Gefühlsleben – primär um auch als Mensch für diese erfahrbar zu sein und eine emotionale Beziehung zu ihnen aufzubauen. Viele Führungskräfte tun dies ebenso in der Kommunikation mit ihren Mitarbeitern indem sie beispielsweise in das Gespräch Infos über ihre Hobbys einfließen lassen oder indem sie aktuell im Gespräch auch mal erwähnen, dass die Corona-Situation sie ebenfalls verunsichert. Diese Aussagen sind für ihre Mitarbeiter oft der Anstoß, ihrer Führungskraft ebenfalls einen Einblick in ihr Gefühlsleben zu geben. Insofern sind solche „Offenbarungen“ seitens der Führungskräfte gerade in der derzeitigen Corona-Krise wichtig, in der ihre Mitarbeiter oft hochgradig verunsichert sind. Und wenn die Mitarbeiter im Homeoffice sind und deshalb viele normale Gesprächsanlässe entfallen? Dann sollten Führungskräfte überlegen, inwieweit sie mithilfe von Social Media einen partiellen Ausgleich hierfür schaffen können, damit ihre emotionale Beziehung zu den Mitarbeitern nicht abreißt.

These 8: Influencer reagieren gelassen auf Kritik
Auch Influencer begehen (aus Sicht ihrer Follower) Fehler z.B., wenn sie deren Stimmung oder Interessen falsch einschätzen. Dann ernten sie oft harsche Kritik, die zuweilen in einem Shitstorm mündet. Hierauf reagieren erfahrene Influencer – nach außen erkennbar – nie beleidigt. Sie nutzen die kritische Rückmeldung vielmehr als Chance, mit ihren Followern in einen noch intensiveren Dialog zu treten und ihnen die Gründe für ihr Handeln darzulegen. Sie gestehen zudem Fehler gemäß der Maxime „shit happens“ ein, entschuldigen sich und lernen daraus. Ähnlich sollten auch Führungskräfte auf Kritik reagieren, denn diese zeigt letztlich das „Involvement“ der Mitarbeiter und eröffnet ihnen die Chance, bei Bedarf gegenzusteuern.

These 9: Influencer sind bereit, neue Wege zu gehen
Auch Influencer müssen oft neue Wege gehen z.B.,

  • weil ihre Zielgruppe zunehmend von Facebook zu Instagram abwandert,
  • neue Vorlieben entwickelt oder
  • weil sie sich selbst weiterentwickelt haben.

Dann stehen auch Influencer vor der Herausforderung, die Weichen neu zu stellen.Diese „Strategiewechsel“ stoßen bei ihren Followern oft auf Widerstände und zum Teil kündigen sie sogar ihre Gefolgschaft. Trotzdem beschreiten Influencer, wenn übergeordnete Ziele dies erfordern, immer wieder diesen Weg. Ein entsprechendes Rückgrat müssen auch Führungskräfte haben. Bei aller Empathie, Kompromissbereitschaft und Loyalität, die sie im Kontakt mit ihren Mitarbeitern zeigen, muss stets deutlich bleiben: Gewisse Ziele wie „unser Unternehmen muss Gewinn erzielen“ sind nicht verhandelbar. Dies ist aufgrund ihrer Funktion in der Organisation unabdingbar.

Zur Person
Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt (www.ifidz.de).

Im Jahr 2020 erschien im GABALVerlag das neuste Buch der Managementberaterin und Vortragsrednerin „Die Führungskraft als Influencer: In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“.

Stand: 25.03.2021 13:59