Neuer Rekord: Statista meldet im April 2022 851.559 offene Arbeitsstellen in Deutschland. Vor zehn Jahren waren es gerade mal 477.528 Stellen. Schon damals wurde von Fachkräftemangel und Bewerberengpass berichtet. Wie können sich kleine und mittelständische Unternehmen auf diesem Markt behaupten, in dem die Bewerber scheinbar die freie Auswahl haben?
In der Mitarbeitergewinnung haben wir aktuell eine Situation, mit der Unternehmen tatsächlich schon vertraut sind. Denn auf der Produktseite gibt es kaum ein Unternehmen, das sich nicht dem Wettbewerb stellen muss. Und das ist noch nicht die ganze Herausforderung. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der Käufer keine Not hat zu kaufen. Was meine ich damit? Die Menschen, die nach einem neuen Sofa Ausschau halten, sitzen zuhause nicht auf Bananenkisten. Sie halten nach einem neuen Sofa Ausschau, weil sie sich ein bequemeres, attraktiveres, schöneres oder repräsentativeres Sofa wünschen.
Die Bewerber sind nicht weg – sie sind nur (noch) woanders!
An diesem Punkt stehen aktuell auch Arbeitnehmer, die nach Alternativen Ausschau halten: Diese Menschen haben einen Arbeitsplatz, sie sind aber nicht mehr zufrieden. Sie wollen sich verändern, verbessern oder weiterentwickeln. Sie haben nicht wirklich „Not“ zu wechseln. Aktuell treffen zwei Extreme aufeinander: Der Höchststand an offenen Stellenangeboten auf der einen Seite aber auch eine ansteigende Wechselbereitschaft bei Arbeitnehmern. Laut einer Forsa Umfrage aus 2022 sind 37 Prozent der Erwerbstätigen offen für einen Arbeitgeberwechsel. Diese Menschen müssen wir erreichen und überzeugen, dass unser Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich zu verändern, zu verbessern und
weiterzuentwickeln.
Mit der richtigen Arbeitgeber-Positionierung zu mehr Aufmerksamkeit!
„Everybody‘s darling is everybody‘s Depp.“, sagte CSU-Urgestein, Franz Josef Strauß. Und diese Meinung ist so aktuell wie nie zuvor. Trauen Sie sich, Ihre natürliche Unternehmensschönheit zu zeigen, trauen Sie sich zu sagen, wofür Sie als Arbeitgeber stehen und wer sich besser nicht bei Ihnen bewerben soll. Trauen Sie sich zu polarisieren, um die Menschen anzuziehen, die zu Ihnen passen.
Gerne gebe ich Ihnen ein Beispiel aus meinem eigenen Unternehmen. Wir kommunizieren, dass wir kein Homeoffice anbieten. Wir sagen auch warum: Weil wir uns als Team verstehen, dass jeden Tag gemeinsam auf dem Spielfeld antritt. Finden das alle gut? Nein! Aber die Menschen, die wie unser Team keine Lust auf Homeoffice haben, finden das attraktiv. Diesen Standpunkt offen anzusprechen hat uns viele Bewerber, die blendend zu uns passen, beschert. Fast alle Mitarbeiter, die wir dieses Jahr gewinnen konnten, sind aus langjährigen Arbeitsverhältnissen von zehn und mehr Jahren zu uns gewechselt.
Raus aus dem Einheitsbrei!
Positionieren Sie sich als Arbeitgeber und beantworten Sie die Frage, wofür Sie stehen und wofür Sie nicht stehen. Öffnen Sie sich über die Beschreibung Ihres Unternehmens und des Tätigkeitsbereichs hinaus. Geben Sie dem Leser Ihrer Anzeige ein Gefühl dafür, wie Ihr Unternehmen tickt und welche Werte es vertritt. Kehren Sie Ihre natürliche Unternehmensschönheit nach außen. Die Dinge, die jetzt schon dafür verantwortlich sind, dass Menschen gerne bei Ihnen arbeiten.
Worum geht es nicht?
Kaffee-Flatrate und Obstkörbe sind eine nette Geste, tragen aber nicht zu Ihrer Arbeitgeberpositionierung bei. Benennen Sie Aspekte Ihres Unternehmens, die nicht beliebig austauschbar sind. Polarisieren Sie!
Tipp für die Umsetzung
Ihnen fällt spontan nicht ein, was Sie schreiben sollen? Fragen Sie einfach Ihre Mitarbeiter, was sie besonders an ihrem Arbeitsplatz schätzen. Die Frage hat gleich mehrere positive Aspekte: Ihr Mitarbeiter fühlt sich wertgeschätzt und bestätigt sich damit, dass er für den „richtigen“ Arbeitgeber arbeitet. Sie erhalten wertvolle Informationen, die Sie vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
Pia Tischer
Gründerin und CEO von coveto ATS.