Werden in einem Kaufvertrag über ein Grundstück die Preise für das Gebäude und den Grund und Boden getrennt vereinbart, sind bei der Kaufpreisaufteilung die vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen. Die Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise sind allerdings für das FA nicht bindend, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs gegeben sind.
Beispiel:
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erwarben ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück. Der Kaufpreis in Höhe von 2.400.000 Euro sollte nach § 2 des Kaufvertrags zu 400.000 Euro auf den Grund und Boden entfallen und im Übrigen auf das Gebäude. Der Gefahrenübergang und der Übergang der Nutzen und Lasten sollten an dem Tag, der dem Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung folgte, erfolgen. Die vollständige Kaufpreiszahlung erfolgte am 29.3.2018. Das FA setzte die Abschreibung mit einem geringeren Betrag an, weil der Wert des Grund und Bodens deutlich über dem im Kaufvertrag ausgewiesen Wert liege. Dagegen legten die Kläger Klage beim FG ein, weil die vertraglichen Vereinbarungen insgesamt steuerlich bindend seien.
Um zu vermeiden, dass die Vertragsparteien die Höhe der Abschreibung bestimmen können, ist das FA berechtigt zu prüfen, ob Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten führt nicht ohne weiteres dazu, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich aber um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung nicht die realen Werte wiedergibt. Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden.
Dazu muss die vertragliche Vereinbarung durch weitere Umstände, insbesondere die objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte, verifiziert werden. Bei dieser Prüfung sind Indizien zu berücksichtigen, wie z.B. besondere Ausstattungsmerkmale, ursprüngliche Baukosten und etwaige Renovierungen, eine ggf. eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder der Situation in der Nachbarschaft durch Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage. Bei einem Grundstück kann etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störender Baumbestand besondere Umstände darstellen. Eine Korrektur der vereinbarten Aufteilung ist erst geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint. Können die vereinbarten Kaufpreise nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, hat sie das FG durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen.
Der sich nach der vertraglichen Vereinbarung ergebende Bodenwert weicht erheblich von den Bodenrichtwerten und auch von dem Bodenwert ab, der vom Gutachter ermittelt wurde. Das FG geht davon aus, dass für die Frage einer erheblichen Abweichung die Wertverhältnisse am Tag des Gefahrübergangs maßgeblich sind. Der Stichtag für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist somit der Tag der Lieferung, bei Grundstücken also in der Regel der Zeitpunkt des tatsächlichen Übergangs von Besitz, Gefahren, Nutzen und Lasten. Das FG folgt nicht der Auffassung, dass auf die Verhältnisse am Tag des Vertragsschlusses abgestellt werden müsse. Das ist der Stichtag, auf den zu beurteilen ist, ob die Vertragsvereinbarung die realen Wertverhältnisse in grundlegender Weise verfehlt oder nicht. Es kann somit nicht auf den Zeitpunkt ankommen, an dem die Vertragsparteien sich tatsächlich über die später in den (notariell beurkundeten) Vertrag aufgenommenen Werte verständigt haben. Der maßgebliche Stichtag ist somit der Tag des Gefahrübergangs (= ein Tag nach Kaufpreiszahlung). Der steuerlich maßgebliche Stichtag verschiebt sich daher nicht auf den Tag dieser Vereinbarung.