GmbH: Wesen und Konsequenzen einer wirtschaftlichen Neugründung

Soll eine im Handelsregister eingetragene GmbH mit einem neuen Unternehmensgegenstand in eine andere Region verlegt werden, sprechen die Indizien für eine wirtschaftliche Neugründung der Gesellschaft. In diesem Fall muss der Geschäftsführer – wie bei einer rechtlichen Neugründung – gegenüber dem (neuen) Registergericht versichern, dass die auf die Geschäftsanteile geleisteten Einlagen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführung befinden (§ 8 Abs. 2 GmbH). Mit anderen Worten: Sind die ursprünglich geleisteten Einlagen nicht mehr vorhanden, müssen sie von den Gesellschaftern neu erbracht werden. Diese Rechtsprechung hat das Kammergericht (KG) Berlin in einem Beschluss vom 14.10.2022 bestätigt.

Im Urteilsfall hatte eine im Handelsregister bereits eingetragene GmbH Anfang 2022 ihren Sitz von Rostock nach Berlin verlegt. In einer Gesellschafterversammlung am 19.1.2022, in der die Sitzverlegung beschlossen wurde, wurde zugleich die Bestellung des D zum Geschäftsführer sowie die Entpflichtung der bis zu diesem Zeitpunkt geschäftsführenden Gesellschafter F und G beschlossen. Eine im Registerordner des Registergerichts aufgenommene Gesellschafterliste weist D zudem als Alleingesellschafter aus.

Mit notariell beglaubigter elektronischer Erklärung vom 30.3.2022 meldete der zwischenzeitlich als Geschäftsführer eingetragene D die Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstands zur Eintragung in das Handelsregister an. Beigefügt war der notariell beurkundete Gesellschafterbeschluss von diesem Tag, demzufolge die Firma der Gesellschaft nicht mehr „F-GmbH“, sondern „D-GmbH“ lauten sollte und der Gegenstand des Unternehmens statt „die Konstruktion, die Produktion und die Montage von Wintergärten und Wintergartenanlagen“ nunmehr die „sonstige Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben“ sein sollte.

Das Registergericht wies darauf hin, dass die Summe der erkennbaren Umstände, insbesondere Firmen- und Gegenstandsänderung, darauf schließen ließe, dass der Fall einer „wirtschaftlichen Neugründung“ in der Form der Mantelverwendung gegeben sei. Die „wirtschaftliche Neugründung“ sei offenzulegen und die Versicherung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG abzugeben. Einzureichen sei daher eine auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahres aufgestellte und durch die Geschäftsführung unterzeichnete Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung.

Das Registergericht setzte der GmbH eine Frist zur Einreichung von zwei Wochen, die fruchtlos verstrich. Deshalb wies es die Anmeldung zurück. Hiergegen wurde Rechtsmittel eingelegt. Die GmbH fügte eine auf den Dezember 2021 bezogene Summen- und Saldenliste der Gesellschaft bei. Der vom Registergericht (zuvor) erteilte Hinweis, erforderlich sei eine auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahres aufgestellte und durch die Geschäftsführung unterzeichnete Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung, blieb unberücksichtigt.

Das KG folgte der Auffassung des Registergerichts, indem es die Beschwerde für unbegründet hielt.

Grundsätzlich hat ein Registergericht die Eintragungsfähigkeit einer Anmeldung allein auf der Grundlage der vorzulegenden Unterlagen zu prüfen. Erst wenn sich Anhaltspunkte ergeben, die eine weitere Prüfung erfordern, darf es insoweit ermitteln (§ 26 FamFG) und weitere Nachweise anfordern. Nach Auffassung des KG liegen diese Voraussetzungen im Urteilsfall vor. Die Regeln der sogenannten „wirtschaftlichen Neugründung“ sind anwendbar, wenn die Gesellschaft eine „leere Hülse“ ist, also kein aktives Unternehmen (mehr) betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann. Auf diese Weise soll im Sinne eines wirksamen Gläubigerschutzes die Umgehung von Gründungsvorschriften vermieden werden. Dies hätte sonst zur Folge, dass die gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung bei Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewährleistet ist. Indizien hierfür können sein, dass die Firma oder der Unternehmensgegenstand geändert, der Sitz verlegt, die Geschäftsführung ausgetauscht und bzw. oder die Geschäftsanteile veräußert werden, wobei diese Umstände mit einer „wirtschaftlichen Neugründung“ einer Mantelgesellschaft einhergehen können, aber nicht müssen.

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