BGH, Urteil vom 18. März 2024, Az. II ZR 77/24
Erklärungen eines Geschäftsführers auf dem Geschäftspapier der GmbH
(BGH, Urteil vom 18. März 2024, Az. II ZR 77/24)
– Der Fall:
X und seine Brüder T und J waren zu gleichen Anteilen Gesellschafter der Gebrüder F-GmbH, X und T auch deren zur Alleinvertretung berechtigte Geschäftsführer. Aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag der F-GmbH wird die Gesellschaft bei Abschluss, Änderung oder Beendigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags „durch die Gesellschafter und Geschäftsführer gemeinsam vertreten“.
Die Gesellschafterversammlung der F-GmbH vom 23. Dezember 2019 hatte beschlossen, X als Geschäftsführer der GmbH abzuberufen und den mit ihm bestehenden Geschäftsführeranstellungsvertrag aus wichtigem Grunde fristlos zu kündigen.
Mit einem auf dem Geschäftspapier der GmbH verfassten Schreiben hat T gemäß einer entsprechenden Beauftragung durch die Gesellschafterversammlung X gegenüber die fristlose Kündigung ausgesprochen. T hatte dabei auf die ausdrückliche Beauftragung durch die Gesellschafterversammlung Bezug genommen. X hat dies nicht akzeptiert und hat Klage auf Zahlung eines Geschäftsführergehalts für den Zeitraum Dezember 2019 bis Dezember 2020 in Höhe von insgesamt rund 85.000 Euro erhoben.
Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) haben der Klage stattgegeben.
– Das Urteil:
Auf die Revision der GmbH hin hat der Bundesgerichtshof (BGH) das angefochtene Urteil des OLG aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das OLG zurückverwiesen.
Entgegen den Vorgerichten geht der BGH von einer wirksam erklärten fristlosen Kündigung aus. Nach Auffassung des BGH hat der T die Kündigungserklärung sowohl für die Gesellschafter der GmbH als auch in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH abgegeben, sodass die im Gesellschaftsvertrag geregelten Voraussetzungen für die Abberufung und Beendigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags erfüllt sind. Zwar hatte T das Kündigungsschreiben ohne eine ausdrückliche Erwähnung, dass er auch als Geschäftsführer der GmbH handelte, formuliert und einen solchen Hinweis auch nicht mit seiner Unterschrift verknüpft, doch geht – so ausdrücklich der BGH – der objektive Erklärungswert einer auf dem Geschäftspapier der GmbH abgegebenen Erklärung eines Geschäftsführers grundsätzlich dahin, dass die Erklärung im Namen der Gesellschaft abgegeben werden soll. Insoweit sei es nicht erforderlich, dass der Geschäftsführer ausdrücklich „in Vertretung“ oder als „Geschäftsführer“ zeichne. Es reiche vielmehr aus, dass sich seine Geschäftsführerstellung durch die gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbH-Gesetz auf dem Briefbogen ausdrücklich angegebene Geschäftsführerstellung ergebe (§ 164 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch).
Irgendwelche abweichenden Merkmale hat der BGH nicht festgestellt. Er hat vielmehr ergänzend darauf hingewiesen, dass bei der Auslegung der Willenserklärung auch der weitere Inhalt des Schreibens zu berücksichtigen ist. Da T außer der von der Gesellschafterversammlung beschlossenen Kündigung X auch ein Hausverbot erteilte, was grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich eines Geschäftsführers fällt, wurde auch daraus klar, dass er in dem Schreiben eine Willenserklärung auch als Vertretungsorgan der Gesellschaft abgab.
Aus diesem Grunde hat das Berufungsgericht nach Auffassung des BGH eine unzutreffende Auslegung vorgenommen, die allgemein anerkannten Auslegungsregeln widerspricht, sodass der BGH nicht an die tatrichterliche Auslegung gebunden war.
– Konsequenzen:
Grundsätzlich entscheidet die Gesellschafterversammlung einer GmbH über die Abberufung eines Geschäftsführers und die (außerordentliche) Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags. In aller Regel wird ein anderer vorhandener Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung beauftragt, dem Abberufenen die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags für die Gesellschaft mitzuteilen.
Beachten Sie: Wenn Sie zu einem solchen Handeln beauftragt werden, sollten Sie die Erklärung auf dem Briefbogen der GmbH abgeben und auf den Beschluss und die dort vorgenommene Beauftragung verweisen. Sollte der Gesellschaftsvertrag der GmbH vorsehen, dass die Gesellschaft in solchen Fällen durch die Gesellschafter und den Geschäftsführer vertreten wird, sollten Sie dies bei Ihrer Erklärung deutlich machen und insoweit auch darauf hinweisen, dass Sie auch als Geschäftsführer für die GmbH handeln.
Selbst ohne einen solchen ausdrücklichen Hinweis geht aber der BGH davon aus, dass die Erklärung eines Geschäftsführers auf dem Briefbogen der GmbH als Vertretungsorgan der Gesellschaft erfolgt.
Sie sollten gleichwohl bei allen solchen Erklärungen deutlich machen, in welcher Funktion Sie die Erklärungen abgeben, damit es gar nicht erst zu Auslegungsproblemen kommen kann.
