Wer als bestellter Geschäftsführer die Führung der Geschäfte tatsächlich einer anderen Person (einem faktischen Geschäftsführer) überlässt, die er nicht zu kontrollieren vermag, lebt mit dem Risiko der persönlichen Haftung. Dies hat ein Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2022 deutlich gemacht.
In dem zugrunde liegendem Sachverhalt war der Kläger alleiniger Geschäftsführer der A-GmbH. Faktischer Geschäftsführer war allerdings der Sohn des Klägers, der formal als Prokurist der GmbH angestellt war.
Die Steuerfahndung kam bei einer Fahndungsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Kläger und sein Sohn Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2004 bis 2011 verkürzt hatten. Dabei habe der Kläger geduldet, dass der Sohn als faktischer Geschäftsführer Scheinrechnungen nicht existierender Firmen und Wareneinkäufe sowie Fremdleistungen ohne Beleg gebucht
habe.
Das Finanzamt (FA) erließ entsprechende Steueränderungsbescheide, die bestandskräftig wurden. Über das Vermögen der GmbH wurde im Jahr 2013 auf Antrag des FA das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Bescheid vom 19.3.2014 nahm das FA den Kläger wegen Steuerschulden der GmbH in Haftung. Gegen den Haftungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Das FA reduzierte daraufhin die Haftungssumme, wies aber den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, mit der er die Haftungsinanspruchnahme sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angreift.
Der BFH hält die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Der Kläger hat schuldhaft gehandelt. Entgegen seiner Auffassung entlastet ihn der Umstand, dass die Geschäfte der GmbH tatsächlich durch seinen Sohn geführt worden sind, nicht. Auch das fortgeschrittene Alter des Klägers und der Einwand, dass er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, Geschäftsvorfälle in der Firmen-EDV nachzuvollziehen, stehen der Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht entgegen.
Der Geschäftsführer einer GmbH ist nicht verpflichtet, die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH selbst zu erledigen. Er ist grundsätzlich befugt, die Erledigung anderen Personen zu übertragen. Er ist jedoch verpflichtet, diese Personen sorgfältig auszuwählen und laufend zu überwachen.