Gesundheitsvorsorge der GmbH für ihre Geschäftsführer: Wie die Steuerfreiheit für die Geschäftsführer erreicht werden kann

Die Förderung der Gesundheitsvorsorge für die Arbeitnehmer einer GmbH unterstützt der Gesetzgeber durch einen Freibetrag von 600 Euro jährlich je Arbeitnehmer. Davon können auch die GmbH-Geschäftsführer profitieren. Speziell für die Führungsmannschaft einer GmbH besteht allerdings zusätzlich die Möglichkeit einer steuerfreien Gesundheitsvorsorge auf Kosten der Gesellschaft ohne betragsmäßige Begrenzung.

Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitslohn

Seit jeher ist heftig umstritten, wann Zahlungen an Arbeitnehmer zum Arbeitslohn gehören – und damit Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungsabgaben auslösen – und wann sie lohnsteuerfrei – und damit in der Regel auch sozialabgabenfrei – sind.

Grundsätzlich ist die Frage der Lohnsteuerpflicht oder -freiheit unter Beachtung der Vorschriften des § 19 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung zu beantworten. Danach sind Arbeitslohn grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldwert, die durch eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst veranlasst sind (Veranlassungszusammenhang). Nach der Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn die Einnahmen im weitesten Sinne die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft darstellen.

Nicht als Gegenleistung gelten Vorteile, die auch im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung der Arbeitnehmer führen. Derartige Vorteile gehören als sogenannte Annehmlichkeiten nicht zum Arbeitslohn.

Zuwendungen/Vorteile im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse

Vorteile und Zuwendungen an Arbeitnehmer haben auch dann keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Dies ist u.a. der Fall, wenn sich der Vorteil lediglich als Begleiterscheinung betrieblicher Zielsetzungen darstellt. Ein Beispiel sind Betriebsveranstaltungen. Deren Ziel ist es, den Zusammenhalt der Mitarbeiter zu stärken und das Betriebsklima zu fördern. Der Vorteil für die Mitarbeiter: Sie genießen eine Reihe von Vorteilen (u.a. Verköstigung) steuerfrei bis zur Höhe des Freibetrags von 110 Euro.

Das eigenbetriebliche Interesse überwiegt dann, wenn der betriebliche Zweck eindeutig im Vordergrund steht. Daneben kommt es maßgeblich auf die Begleitumstände der Zuwendung des Vorteils an, u.a. auf den Anlass, die Art und Höhe des Vorteils, die Auswahl der begünstigten Arbeitnehmer, ob für sie Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils besteht und schließlich auf die besondere Eignung des Vorteils zur Erreichung des betrieblichen Zwecks. Vor allem dann, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer im betrieblichen Interesse „aufgedrängt“ wird und auch keine Marktgängigkeit besitzt, liegt kein Arbeitslohn vor (Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 20. September 1985, Az. VI R 120/82).

Steuerfreie Vorsorgeuntersuchungen für leitende Angestellte

Den Fall eines „aufgedrängten“ Vorteils hatte der BFH in seinem Urteil vom 17. September 1989 (Az. VI R 75/79) zu entscheiden.

Eine GmbH mit etwa 1.800 Arbeitnehmern hatte für ihre Führungskräfte eine firmengeförderte Gesundheitsfürsorge eingerichtet. Nach diesen Richtlinien wurden den Führungskräften regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen als Ergänzung der eigenen Gesundheitsvorsorge angeboten. Dabei wurden sogenannte Grunduntersuchungen im Rahmen eines Gruppenvertrags durchgeführt, den die GmbH mit der Deutschen Klinik für Diagnostik (DKD) in Wiesbaden abgeschlossen hatte. Die Grunduntersuchungen fanden turnusgemäß alle drei Jahre, bei Mitarbeitern, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, alle zwei Jahre statt. Das Untersuchungsprogramm war zwischen der Klägerin und der DKD im Einzelnen festgelegt.

Die Untersuchungen dauerten jeweils etwa 1,5 Tage. Die Kosten für die Untersuchung wurden von der GmbH getragen und jeweils direkt mit der DKD abgerechnet.

Nach Nr. 11 der „Bestimmungen zur firmengeförderten Gesundheitsvorsorge“ erwartet die GmbH, „daß die einbezogenen Mitarbeiter von den Vorsorgemaßnahmen regelmäßig und bereitwillig Gebrauch machen.“ Sie „sieht darin zukünftig die Voraussetzung jeder möglichen und freiwilligen Weiterzahlung der Bezüge im Krankheitsfall über die gesetzlichen Fristen hinaus“.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH wurde festgestellt, dass die für die Vorsorgeaufwendungen gezahlten Beträge nicht der Lohnsteuer unterworfen worden sind. Das Finanzamt sah in diesen Leistungen einen geldwerten Vorteil an die einzelnen Führungskräfte und erließ gegen die GmbH einen entsprechenden Haftungsbescheid. Dagegen klagte die GmbH. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht.

Die BFH-Entscheidung

Vor dem BFH war die GmbH erfolgreich. Im Urteilsfall wurden die Vorsorgeuntersuchungen nicht als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Dienste der leitenden Arbeitskräfte gewährt, sondern im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der GmbH durchgeführt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

  • Die GmbH hat den Personenkreis, der untersucht werden sollte, sowie den Untersuchungsturnus und das Untersuchungsprogramm allein bestimmt.
  • Die GmbH hat die Untersuchungen bei einer Klinik ihres Vertrauens verlangt und die Kosten für Untersuchungen durch andere Ärzte nicht übernommen.
  • Das eigenbetriebliche Interesse der GmbH ergibt sich auch aus dem mittelbaren Zwang, den sie auf die Führungskräfte ausübt, sich untersuchen zu lassen. Wer an den Vorsorgeuntersuchungen nicht teilnehmen will, dem droht im Krankheitsfall der Verlust der Bezüge nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist und ein Beförderungs-Stopp.
  • Schließlich ergibt sich das überwiegend eigenbetriebliche Interesse der GmbH aus der Tatsache, dass nur Führungskräfte – vom Prokuristen aufwärts – an den Untersuchungen teilnehmen durften. Denn Führungskräfte sind schwerer zu ersetzen als andere Arbeitskräfte.

Das Fazit des BFH: Wird einem Arbeitnehmer ein Vorteil „aufgedrängt“ – wie im Streitfall –, ohne dass er sich ihm, wenn er keine Nachteile in Kauf nehmen will, entziehen kann, spricht dies gegen die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn.

Konsequenzen für die GmbH-Praxis

Was im Urteilsfall für eine große GmbH entschieden wurde, muss auch für GmbHs mit kleiner Führungsmannschaft gelten. Denn für das „Überleben“ jeder GmbH können die bzw. der Geschäftsführer von zentraler Bedeutung sein. Sei es, weil er über ein besonderes Know-how verfügt oder weil er – bis ein Nachfolger aus der Familie gefunden worden ist – ein Garant für den Erhalt der Familien-GmbH ist.

Voraussetzungen für die Lohnsteuerfreiheit der Gesundheitsvorsorge ist – wie im Urteilsfall – ein „Leitfaden zur firmengeförderten Gesundheitsvorsorge“, in dem der begünstigte Personenkreis, der Untersuchungsturnus und das Untersuchungsprogramm bestimmt wird. Wie im Urteilsfall müssen die Vorsorgeuntersuchungen dem Personenkreis „aufgedrängt“ werden. Wer also nicht entsprechend den Erwartungen der Gesellschaft an den Untersuchungen teilnimmt, der muss mit finanziellen Nachteilen rechnen (im Urteilsfall: Beförderungs-Stopp und im Krankheitsfall keine Weiterzahlung der Bezüge über die gesetzliche Frist hinaus). Als Vertragspartner für die Durchführung der Untersuchungen kann auch eine örtliche Einrichtung gewählt werden, z.B. eine Klinik oder ein medizinisches Versorgungszentrum. Schließlich sollte der „Leitfaden“ regeln, dass die GmbH sämtliche mit den Untersuchungen zusammenhängenden Kosten trägt.

Zusätzliche Anforderungen für Gesellschafter-Geschäftsführer

Auch beherrschende oder Alleingesellschafter-Geschäftsführer können von der BFH-Rechtsprechung zu den steuerfreien Vorsorgeuntersuchungen profitieren. Damit das Finanzamt aber in den Zuwendungen keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) sehen kann, sollten zusätzlich zu dem oben beschriebenen Leitfaden die nachstehenden Besonderheiten beachtet werden:

  1. Es sollte ein Gesellschafterbeschluss gefasst werden, wonach der „Leitfaden zur firmeninternen Gesundheitsvorsorge“ nicht nur für Fremdgeschäftsführer und – soweit vorhanden – für Prokuristen gilt, sondern auch für Gesellschafter-Geschäftsführer. Mit dieser Klarstellung wird nochmals verdeutlicht, dass die Gesellschafter diese Gesundheitsvorsorge im betrieblichen Interesse erwarten.
    Sollte es in der Gesellschaft nur eine einzige Führungskraft geben, nämlich den Alleingesellschafter-Geschäftsführer, könnte das Finanzamt auch in dieser Tatsache keinen Anlass für eine vGA sehen. Denn der Gesellschafterbeschluss sieht keine einseitige Bevorzugung des Alleingesellschafters vor und entspricht darüber hinaus dem externen Fremdvergleich.
  2. Der Gesellschafterbeschluss sollte ferner in einer entsprechenden Klausel im Dienstvertrag des bzw. der (Gesellschafter-)Geschäftsführer(s) seinen Niederschlag finden.

Musterformulierung: Der Geschäftsführer hat Anspruch auf alle Leistungen, die die Gesellschaft zugunsten der Arbeitnehmer steuerfrei erbringen kann.

Das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse einer GmbH an Vorsorgeuntersuchungen für die Führungsmannschaft würde noch stärker hervorgehoben, wenn der Geschäftsführer im Anstellungsvertrag verpflichtet würde, sich alle zwei Jahre einer gründlichen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wofür die GmbH die Kosten übernimmt.

Dr. Hagen Prühs

Der Autor Dr. Hagen Prühs ist Schriftleiter der monatlich erscheinenden Fachzeitschrift GmbH-Steuerpraxis. Zudem ist er seit 2005 Herausgeber und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins gmbhchef.

www.gmbh-steuerpraxis.de

www.gmbhchef.de

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