Geschäftsführer-Haftung: Insolvenzhaftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers auch für Schäden von Neugläubigern

Ein aus dem Amt ausgeschiedener GmbH-Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft haftet auch für Schäden von Neugläubigern, die erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt einen Vertrag mit der Gesellschaft geschlossen haben, wenn der Geschäftsführer den Insolvenzantrag schuldhaft hinausgezögert hat. So entschied der BGH in seinem Urteil vom 23.7.2024.

Im Urteilsfall war die P-GmbH im Bereich des Vertriebs, der Verwaltung und Veräußerung von Seecontainern tätig. Über ihr Vermögen ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der inzwischen verstorbene K war der Geschäftsführer der Gesellschaft Die X-GmbH hat während der Zeit seiner Geschäftsführerbestellung drei Anlageverträge und nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer noch einen weiteren Anlagevertrag mit der P-GmbH abgeschlossen. Im Rahmen dieser Verträge hat die X-GmbH einen Gesamtschaden in Höhe von 51.611 Euro erlitten und nunmehr die Ehefrau K des verstorbenen früheren Geschäftsführers auf Schadenersatz verklagt.

Das Landgericht hatte der Klage teilweise, das Oberlandesgericht ihr vollständig stattgegeben.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Er hat sich gleichwohl auch zum Bestehen der Schadenersatzansprüche umfassend geäußert. Ausgehend von der vom Berufungsgericht festgestellten Überschuldung der GmbH ist die zumindest fahrlässige Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den K zu vermuten. Diese Vermutung ist von ihm nicht widerlegt worden.

Der BGH hat erneut betont, dass ein Geschäftsführer verpflichtet ist, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend zu beobachten und sich bei Anzeichen einer Krise durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen – so der BGH. Er muss für eine solche Organisation der GmbH sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.

Eine etwaige Ressortaufteilung zwischen mehreren Geschäftsführern führt regelmäßig zu keiner Entlastung. Wenn ein Geschäftsführer Verträge unterzeichnet, entbindet ihn eine etwaige anderslautende Ressortaufteilung in keiner Weise. Im Übrigen hat er gegenüber den Mitgeschäftsführern eine Kontroll- und Überwachungspflicht und muss sich insoweit, insbesondere wenn sich Verdachtsmomente ergeben, auch über die Geschäftsvorfälle außerhalb seines Ressorts regelmäßig unterrichten.

Der BGH hat weiterhin deutlich gemacht, dass sich die Haftung eines ausgeschiedenen Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung nicht auf die Schäden beschränkt, die vor der Beendigung seiner Organstellung eingetreten sind. Vielmehr haftet – so der BGH – der aus dem Amt ausgeschiedene Geschäftsführer gemäß § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit § 15a Insolvenzordnung grundsätzlich auch für Schäden von Neugläubigern, die erst nach seinem Ausscheiden einen Vertrag mit der Gesellschaft geschlossen haben. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die durch die Insolvenzverschleppung geschaffene Gefahrenlage im Zeitpunkt des schadenstiftenden Vertragsabschlusses weiterhin besteht.

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