In den USA gibt es nun einige ganz aktuelle Tendenzen, die (unzulässige) Frage nach dem bisherigen Gehalt gesetzlich zu regeln, welche im Folgenden an den Beispielen der US-Bundesstaaten New York, New Jersey und Kalifornien illustriert werden sollen.
Es ist allgemein bekannt, dass Bewerbungsgespräche für Arbeitgeber einige Fallstricke bergen können. So dürfen in Deutschland in einem Bewerbungsgespräch Fragen nicht gestellt werden, die auf eine mögliche Schwangerschaft einer Bewerberin, eine Schwerbehinderung oder die Gewerkschaftszugehörigkeit abzielen. Was die Frage nach dem aktuellen bzw. bisherigen Gehalt von Bewerbern angeht, gibt es in Deutschland zwar keine gesetzlichen Vorgaben. Den Leitsatz, den das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits im Jahr 1983 aufgestellt hat, kann man dahingehend zusammenfassen, dass die Frage nach der bisherigen Vergütung jedenfalls dann unzulässig ist, wenn sie für die erstrebte Stelle keine Aussagekraft hat. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die bisherige und die angestrebte neue Position zumindest vergleichbare Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern und beispielsweise eine Vergütung auf Provisionsbasis erfolgte bzw. erfolgen soll. Ferner gilt allerdings der Grundsatz, dass Angaben, die ein Bewerber beispielsweise freiwillig zu seinem früheren Gehalt macht, auch zutreffen müssen, weil der potenzielle neue Arbeitgeber die Gehaltseinstufung daran möglicherweise orientiert.
Neue Gesetze in New York und New Jersey
Die US-Bundesstaaten New York und New Jersey haben kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das Arbeitgebern verbietet, Bewerber nach ihren Gehaltsverläufen zu fragen. Sowohl New Yorks Arbeitsgesetz (Abschnitt 194-A; in Kraft seit 6.1.2020) als auch New Jerseys Gesetz Nr. 1094 (in Kraft seit 26.1.2020) zielen darauf ab, zu verhindern, dass Gehaltsverläufe gegen Bewerber verwendet werden, wobei es leichte Unterschiede in der Ausführung gibt. Der Hauptunterschied zwischen den Gesetzen der beiden Bundesstaaten besteht darin, dass das Gesetz von New York in den meisten Fällen sowohl für Bewerber als auch für aktuelle Arbeitnehmer des Unternehmens gilt, während das Gesetz von New Jersey ausschließlich für Bewerber anwendbar ist.
Regelungen des New Yorker Gesetzes
Das neue New Yorker Gesetz verbietet Arbeitgebern nur in Bezug auf die Bewerber, sich bei der Entscheidung, ob sie den Bewerber einstellen oder welchen Lohn oder welches Gehalt sie ihm anbieten sollen, auf dessen Lohn- oder Gehaltsgeschichte abzustellen. Sowohl bei Bewerbern als auch bei aktuellen Arbeitnehmern können Arbeitgeber die Lohn- oder Gehaltshistorie eines Bewerbers oder Arbeitnehmers nicht als Bedingung für ein Vorstellungsgespräch, die weitere Berücksichtigung bei der Beschäftigung oder eine Beförderung fordern.
Schließlich dürfen sich Arbeitgeber nicht weigern, ein Vorstellungsgespräch zu führen, einen Bewerber oder gegenwärtigen Mitarbeiter einzustellen, zu befördern, zu beschäftigen sowie keine anderweitigen Vergeltungsmaßnahmen gegen ihn ergreifen, weil er keine Lohn- oder Gehaltsliste vorgelegt hat. Dies gilt auch für den Fall, dass der Bewerber bzw. gegenwärtige oder ehemalige Mitarbeiter bei der Abteilung eine Beschwerde wegen Verletzung dieses neuen Abschnitts des Arbeitsgesetzes eingereicht hat.
Ausnahme: Freiwillige Offenlegung
Es gibt jedoch einige Ausnahmen von diesen Verboten. Bewerber und aktuelle Mitarbeiter können freiwillig Lohn- oder Gehaltsverläufe offenlegen oder nachprüfen, solange sie nicht vom Arbeitgeber dazu auf gefordert werden. Arbeitgeber dürfen auch Lohn- oder Gehaltsverläufe bestätigen, aber nur dann, wenn sie einem Bewerber ein Angebot mit einer bestimmten Vergütung gemacht haben und der Bewerber oder aktuelle Mitarbeiter darauf mit Lohn- oder Gehaltsinformationen reagiert, um ein höheres Gehalt als das ihm angebotene zu erhalten.
Ein Verstoß gegen die Bestimmungen kann zu Unterlassungsansprüchen und einem Anspruch auf Ersatz angemessener Anwaltskosten für den Bewerber oder aktuellen Mitarbeiter führen.
Gesetz in New Jersey gilt nur für Bewerber
Wie bereits erwähnt, gilt das neue Gesetz in New Jersey nur für Bewerber und verbietet es, Löhne, Gehälter oder andere Leistungen auf der Grundlage der Gehaltshistorie nachzuprüfen. Arbeitgeber können auch kein Mindest- oder Höchstgehalt unter Bezugnahme auf die Gehaltsentwicklung eines Bewerbers festlegen.
Viele Ausnahmen in New Jersey
Im Gegensatz zu New York gibt es in New Jersey wesentlich mehr Ausnahmen von dieser gesetzlichen Regelung. Das Gesetz ist insbesondere nicht auf Bewerbungen für interne Versetzungen oder Beförderungen beim derzeitigen Arbeitgeber anwendbar. Mit anderen Worten, die aktuellen Beschäftigten eines Unternehmens sind nicht durch das Gesetz geschützt. Das Gesetz gilt auch nicht, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Bundesgesetzes oder einer Bundesverordnung handelt, worin ausdrücklich die Offenlegung oder Überprüfung der Gehaltsgeschichte vorgeschrieben ist. Darüber hinaus darf der Arbeitgeber im Rahmen eines Backgroundchecks nicht gehaltsbezogene Informationen, die der Bewerber offenbart hat, überprüfen. Wenn der Arbeitgeber diese Informationen anfordert, muss er jedoch darauf hinweisen, dass Informationen über die Gehaltsentwicklung nicht offengelegt werden sollen. Geschieht dies trotzdem, darf der Arbeitgeber diese Angaben nicht aufbewahren oder bei der Entscheidung über das Vergütungspaket für den Bewerber berücksichtigen. Er darf jedoch Informationen über die bisherigen Erfahrungen des Bewerbers mit Incentive- und Provisionsplänen und die diesen Plänen zugrunde liegenden Bedingungen und Konditionen anfordern. Informationen über die Einkünfte des Bewerbers aus diesen Plänen darf er nicht verlangen. Weiterhin darf er keine Informationen über die Incentive- und Provisionspläne aus früheren Beschäftigungsverhältnissen anfordern, es sei denn, dies ist Teil des gesamten Vergütungspakets für den Bewerber.
Das Gesetz von New Jersey enthält auch eine Ausnahmeregelung für Arbeitsagenturen. Bewerber können den Arbeitsagenturen, die sie bei der Arbeitssuche unterstützen, Informationen über die Gehaltsentwicklung zur Verfügung stellen, aber die Agentur darf diese Informationen nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung des Bewerbers an die Arbeitgeber weitergeben.
Ein Verstoß gegen das Gesetz kann zu einer Geldstrafe von 1.000 $ für den ersten Verstoß, 5.000 $ für den zweiten und 10.000 $ für jeden weiteren Verstoß führen.
Kalifornien: Ansprüche dürfen nicht vor Schiedsgericht gebracht werden
Seit dem 1.1.2020 hat Kalifornien auf diesem Gebiet eine Rechtsnorm übernommen, die ursprünglich vom US-Bundesstaat New York eingeführt worden ist. Es geht dabei um das New York State Human Rights Law („NYSHRL“). Dieses Gesetz verbietet Arbeitgebern, bei einer Klage wegen Diskriminierung, Belästigung oder Vergeltung nach dem NYSHRL ein Schiedsverfahren zu erzwingen. Kalifornien hat sich durch die California Assembly Bill 51 dem NYSHRL angeschlossen. Damit dürfen Arbeitgeber von Bewerbern oder Angestellten nicht mehr verlangen, dass sie Ansprüche gegen sie – etwa wegen angeblicher Verstöße gegen den California Fair Employment and Housing Act („FEHA“) oder das kalifornische Arbeitsgesetz – als Bedingung für eine Beschäftigung vor ein Schiedsgericht bringen. Dies stellt in Kalifornien jetzt sogar ein kriminelles Vergehen dar. Der FEHA regelt die meisten kalifornischen Arbeitsrechtsprozesse und verbietet Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz, einschließlich sexueller Belästigung. Das Arbeitsgesetz regelt die meisten Lohn- und Arbeitszeitfragen in Kalifornien.
Wie im Staat New York ist es wahrscheinlich, dass dieses kalifornische Gesetz wegen Kollision mit dem Bundesschiedsgerichtsgesetz aufgehoben wird. Eine solche Entscheidung kann jedoch Jahre dauern, und in der Zwischenzeit schafft das sogenannte AB 51-Gesetz ein privates Klagerecht für Arbeitnehmer und ermöglicht ihnen bei einem erfolgreichen Rechtsstreit Anspruch auf Ersatz von Anwaltsgebühren, was für die Arbeitgeber zu kostspieligen Gerichtsverfahren führen könnte.
Fazit
Arbeitgeber in den Bundesstaaten New York und New Jersey sollten sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter bei der Einstellung keine Informationen über die Gehaltsentwicklung von den Bewerbern verlangen. Ebenso sollte jede Erwähnung der Gehaltsentwicklung in den Richtlinien oder in Handbüchern für Mitarbeiter gestrichen werden. Arbeitgeber sollten auch die Strafandrohungen für Verstöße gegen diese neuen Gesetze vor Augen haben. Arbeitgeber in den US-Bundesstaaten New York und Kalifornien sollten zur Risikovermeidung zwingende Streitschlichtungsbestimmungen aus Arbeitsverträgen streichen oder zumindest darüber nachdenken, ob solche Regelungen als „optional“ bezeichnet werden.

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Tobias F. Ziegler ist ein in New York ansässiger, deutschsprachiger Wirtschaftsanwalt und Partner der Kanzlei Bressler Amery & Ross. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung europäischer Unternehmen in Fragen des amerikanischen Wirtschaftsrechts und des Markteinstiegs in den USA.
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