Gemäß § 3 Nr. 32 Einkommensteuergesetz ist die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel steuerfrei. Von dieser Vergünstigung können auch GmbH-Geschäftsführer profitieren, wenn sie ihren Dienstwagen für eine Sammelbeförderung einsetzen.
Ausgangsfall
Geschäftsführer Müller wohnt zusammen mit seiner Ehefrau in einer landschaftlich reizvollen Gegend, 70 Kilometer vom Sitz der Gesellschaft entfernt. Auch Frau Müller ist bei der GmbH angestellt, und zwar als Sekretärin ihres Ehemanns. In dieser Eigenschaft wickelt sie zusammen mit diesem die gesamte schriftliche und telefonische Korrespondenz des Unternehmens ab.
Die Eheleute fahren jeden Morgen gemeinsam mit dem Dienstwagen, den die GmbH Herrn Müller auch zur privaten Nutzung überlassen hat, zur Arbeit. Dieser Pkw hatte einen Bruttolistenpreis von 80.000 Euro im Zeitpunkt der Erstzulassung. Herr Müller verzichtet auf die Führung eines Fahrtenbuchs und versteuert den geldwerten Vorteil aus der Pkw-Gestellung nach der Pauschalregelung.
Herr Müller fragt seinen Steuerberater, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen er und seine Ehefrau von einer steuerfreien Sammelbeförderung zum Betrieb profitieren können.
Besteuerung der Dienstwagennutzung nach der Pauschalregelung
Da Herr Müller kein Fahrtenbuch führt, muss er den geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung des Dienstwagens mit einem Prozent des Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung monatlich versteuern, also mit (ein Prozent von 80.000 Euro =) 800 Euro. Wird der Wagen wie im Ausgangsfall auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb (genau: erster Tätigkeitsstätte) genutzt, muss der Geschäftsführer neben der Ein-Prozent- Regelung einen weiteren geldwerten Vorteil versteuern. Dieser beträgt 0,03 Prozent des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer und Monat (§ 8 Abs. 2 Satz 3 Einkommensteuergesetz – EStG). Im Ausgangsfall beträgt dieser geldwerte Vorteil (80.000 Euro x 0,03 Prozent x 70km =) 1.680 Euro monatlich.
Ist die private Nutzung des Dienstwagens arbeitsvertraglich geregelt – wie dies normalerweise der Fall ist –, liegt umsatzsteuerlich eine entgeltliche Dienstwagenüberlassung vor, auf die die GmbH Umsatzsteuer zahlen muss. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der entgeltlichen Leistung wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass nicht beanstandet, wenn auch für die Umsatzsteuer die lohnsteuerlichen Berechnungsmethoden des geldwerten Vorteils – und damit auch die Pauschalmethode – zugrunde gelegt werden. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist der lohnsteuerliche geldwerte Vorteil um die darin enthaltene Umsatzsteuer zu kürzen (Abschnitt 1.8 Abs. 8 Satz 3 Umsatzsteuer-Anwendungserlass).
Beispiel:
Der ermittelte geldwerte Vorteil von 1.680 Euro dividiert durch 1,19 ergibt einen Nettobetrag von (1.411,76 Euro x 19 Prozent =) 268,23 Euro.
Das bedeutet Geschäftsführer Müller muss für die Fahrten zum Betrieb nicht nur monatlich 1.680 Euro Lohn versteuern; die GmbH muss auf den geldwerten Netto-Vorteil auch noch 268,23 Euro Umsatzsteuer zahlen.
Ist Geschäftsführer Müller sozialversicherungspflichtig, entfallen auf den geldwerten Vorteil aus der Pkw Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb auch noch Sozialabgaben.
Voraussetzungen einer steuerfreien Sammelbeförderung im Einzelnen
Die vorstehend aufgelisteten Belastungen mit Lohnsteuer und Sozialabgaben könnten vermieden werden, wenn die Eheleute Müller von einer steuerfreien Sammelbeförderung profitieren könnten. In § 3 Nr. 32 EStG heißt es: Steuerfrei ist „die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte […] mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist“. Die Voraussetzungen im Einzelnen:
- Es müssen mehrere Arbeitnehmer an der Beförderung teilnehmen; mindestens zwei Arbeitnehmer (Schmidt/Levedag, EStG, 42. Aufl., § 3 Rz. 110). Diese Voraussetzung ist im Ausgangsfall erfüllt: Beide Eheleute sind Angestellte der GmbH.
- Es muss sich um Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte handeln. Auch diese Bedingung ist im Ausgangsfall erfüllt.
- Die Sammelbeförderung muss mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel (z.B. Kleinbus oder für mehrere Personen eingesetzter Pkw) erfolgen. Das Beförderungsmittel muss nicht im Eigentum des Arbeitgebers stehen; es kann sich z.B. auch um ein Leasing-Fahrzeug handeln. Auch der Einsatz des Beförderungsmittels von einem Dritten im Auftrag des Arbeitgebers ist steuerlich begünstigt. Im Ausgangsfall wurde der Dienstwagen vom Arbeitgeber gestellt.
- Nach dem BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 (Az. VI R 56/07) ist unter Sammelbeförderung die durch den Arbeitgeber organisierte oder zumindest veranlasste Beförderung mehrerer Arbeitnehmer zu verstehen; sie dürfe nicht auf dem Entschluss eines Arbeitnehmers beruhen. Die Übernahme bedürfe grundsätzlich einer besonderen Rechtsgrundlage. Dies könne etwa ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung sein. Im Ausgangsfall besteht lediglich eine freiwillige Fahrgemeinschaft zwischen den Eheleuten Müller. Sie genügt den Anforderungen an eine steuerfreie Sammelbeförderung nicht. Allerdings kann die Fahrgemeinschaft über einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss mit anschließender Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmern in eine Sammelbeförderung umgestaltet werden.
- Die Sammelbeförderung muss für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig sein. Nach den Lohnsteuer-Richtlinien (Lohnsteuer- Richtlinie R 3.32) ist die Notwendigkeit einer Sammelbeförderung z.B. in den Fällen anzunehmen, in denen erstens die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Zeitaufwand durchgeführt werden könnte oder zweitens der Arbeitsablauf eine gleichzeitige Arbeitsaufnahme der beförderten Arbeitnehmer erfordert. Im Ausgangsfall liegt Fall 2 vor, da Herr Müller zur Abwicklung seiner gesamten Korrespondenz auf seine Frau als Chefsekretärin angewiesen ist.
Anforderungen an die Dienstwagennutzung auch zum Zweck der steuerfreien Sammelbeförderung
Um eine freiwillige Fahrgemeinschaft unter Einsatz eines Dienstwagens in eine steuerfreie Sammelbeförderung „umzuwandeln“ oder eine solche erstmals zu begründen, bedarf es einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Sinne der BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 29. Januar 2009). Der BFH nennt beispielsweise einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung.
Sollen von der steuerfreien Sammelbeförderung nur wenige Personen begünstigt werden – wie z.B. im Ausgangsfall –, kann auch der Arbeitsvertrag dieser Personen entsprechend ergänzt werden. Bei dieser Gelegenheit kann den begünstigten Personen ein Rechtsanspruch auf die steuerfreie Sammelbeförderung zeitlich befristet oder unbefristet eingeräumt werden.
Ist als Beförderungsmittel der Dienstwagen des Geschäftsführers vorgesehen, den dieser auch für private Zwecke nutzen darf, wird er wegen der in Aussicht stehenden Steuerbegünstigung gern zu einer Änderung der Nutzungsüberlassung bereit sein. Laut dieser Änderung würde er seinen Dienstwagen künftig zusätzlich für eine steuerfreie Sammelbeförderung während der Arbeitszeit zur Verfügung stellen, wenn er ebenfalls davon profitiert und der Dienstwagen zu dieser Zeit nicht für Dienstreisen benötigt wird.
Steuerfreie Sammelbeförderung für GmbH-Geschäftsführer
Da GmbH-Geschäftsführer Angestellte ihrer GmbH sind und als solche Arbeitslohn beziehen, können sie grundsätzlich ebenfalls in den Genuss einer steuerfreien Sammelbeförderung ihres Arbeitgebers kommen. Das gilt unstreitig für Geschäftsführer von GmbHs und UGs (haftungsbeschränkt) ohne gleichzeitige Beteiligung an der Gesellschaft (sogenannte Fremdgeschäftsführer).
Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH oder UG beziehen zwar ebenfalls Arbeitslohn, müssen aber zusätzliche Anforderungen erfüllen, damit eine steuerfreie Sammelbeförderung für sie nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen qualifiziert wird. Denn dann würden die auf den Gesellschafter-Geschäftsführer entfallenden Aufwendungen der GmbH für die Sammelbeförderung zu einer Verminderung des Gewinns der Gesellschaft führen, der vom Finanzamt in der nächsten Betriebsprüfung wieder rückgängig gemacht wird.
Eine ausführliche Darstellung zum Thema finden Sie in einem Fachbeitrag aus unserer Zeitschrift GmbH-Steuerpraxis. Hier werden alle wichtigen Einzelheiten besprochen und erläutert.
Um die betriebliche Veranlassung einer steuerfreien Sammelbeförderung für einen Gesellschafter-Geschäftsführer zu dokumentieren, sollte in seinem Dienstvertrag – oder in einer Ergänzung hierzu – geregelt sein, dass er auch alle steuerfreien und steuerbegünstigten Leistungen von der Gesellschaft beziehen kann, die das Gesetz für Arbeitnehmer vorsieht.
Fazit
In den Genuss einer steuerfreien Sammelbeförderung nach § 3 Nr. 32 EStG können auch der (Gesellschafter-)Geschäftsführer einer GmbH und weitere Mitarbeiter kommen, wenn sie die Voraussetzungen (z.B. gleichzeitige Arbeitsaufnahme) erfüllen. Als von der Gesellschaft gestelltes Beförderungsmittel kommt auch der Dienstwagen des Geschäftsführers in Frage. Im besten Fall kann – wie im Ausgangsfall – eine Fahrgemeinschaft in eine steuerfreie Sammelbeförderung mit interessanten geldwerten Vorteilen für den Dienstwagennutzer „umgewandelt“ werden.
Dr. Hagen Prühs
Schriftleiter der Zeitschrift GmbH-Steuerpraxis Herausgeber und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins gmbhchef.
www.gmbh-steuerpraxis.de
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