Bei den meisten KGs ist nicht eine natürliche Person, sondern eine GmbH der Vollhafter (Komplementär). Bei der GmbH & Co. KG treffen mithin zwei unterschiedliche Gesellschaftstypen und damit auch unterschiedliche rechtliche Grundlagen aufeinander. Es fragt sich daher, nach welchen Regeln es zu beurteilen ist, wenn durch das Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH ein Schaden auf Ebene der Kommanditgesellschaft eintritt. Zu dieser Frage hat der BGH in seiner Entscheidung vom 14. März 2023 (Az. II ZR 162/21) Stellung genommen.
Warum überhaupt eine GmbH & Co. KG?
Eine Rechtsformwahlentscheidung für eine KG ist im Regelfall steuerlich motiviert. Als steuerliche Vorteile werden beispielsweise benannt, dass die Gesamtsteuerbelastung der GmbH & Co. KG geringer ist als bei einer GmbH, die Möglichkeit für thesaurierte Gewinne einen niedrigeren Steuersatz zu beantragen (§ 34a Einkommensteuergesetz), die einfachere Möglichkeit der erbschaft- und schenkungsteuerfreien Übertragung der Gesellschaftsanteile und die Möglichkeit der Gewerbesteuerfreiheit bei immobilienverwaltenden Gesellschaften ohne eine gewerbliche Prägung.
Die Kehrseite dieser Vorteile liegt darin, dass bei der KG ein Vollhafter vorhanden sein muss. Diesen Nachteil beschränkt man in der Praxis dadurch, dass eine Kapitalgesellschaft, im Regelfall eine GmbH, die Position des Vollhafters übernimmt, da die GmbH den Gläubigern ausschließlich mit ihrem eigenen Vermögen haftet (§ 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz – GmbHG).
Eine GmbH & Co. KG wird üblicherweise als sogenannte personenidentische GmbH & Co. KG errichtet, d.h. die Kommanditisten der KG sind zugleich die Gesellschafter der Komplementär- GmbH.
Beispiel:
A und B beabsichtigen ein Dienstleistungsunternehmen zu gründen. Auf Ratschlag ihres Steuerberaters gründen sie die AB-GmbH & Co. KG, deren Kommanditisten A und B mit einer Kommanditeinlage von jeweils 10.000 Euro sind. Komplementär ist die AB-Verwaltungs-GmbH, deren Stammkapital von 25.000 Euro von A und B jeweils hälftig übernommen wird.
Die gesetzliche Haftungsgrundlage
Wie eingangs angesprochen, finden auf die Komplementär-GmbH die Bestimmungen des GmbHG Anwendung. Damit gilt für den Geschäftsführer u.a. die Vorschrift des § 43 Abs. 2 GmbHG, nach der er der Gesellschaft einen Schaden ersetzen muss, der ursächlich auf eine durch ihn begangene Pflichtverletzung zurückzuführen ist.
Beispiel:
Geschäftsführer der AB-Verwaltungs-GmbH ist G. Von der Gesellschaft ist ihm ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt worden, den er auch privat nutzen darf. Er erlaubt seinem Sohn S, der sich gerade auf seine Führerscheinprüfung vorbereitet, das Auto auf einem privaten Grundstück zu Übungszwecken zu benutzen. S streift bei einem Einparkmanöver einen Baum, wodurch ein Schaden im Heckbereich des Kfz entsteht.
Die bestehende Vollkasko-Versicherung deckt zwar grundsätzlich die Reparaturkosten, jedoch ist ein Selbstbehalt in Höhe von 650 Euro vereinbart und die zukünftigen Versicherungsprämien steigen. Der AB-Verwaltungs-GmbH ist daher ein Schaden in Höhe des Selbstbehalts und in Form der erhöhten Prämien entstanden.
Diesen Schaden wird die Gesellschaft von G nach § 43 Abs. 2 GmbHG ersetzt verlangen können, da es als pflichtwidrig zu betrachten ist, dass G seinem Sohn den Dienstwagen zu Übungszwecken überlassen hat. Durch diese Pflichtverletzung ist auch ursächlich der der Gesellschaft entstandene Schaden verursacht worden.
Es fragt sich, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn Halter des Fahrzeugs und Versicherungsnehmer der Kfz-Versicherung nicht die Komplementär-GmbH, sondern die AB-GmbH & Co. KG ist.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist auch in dem Verhältnis zwischen G und der KG § 43 Abs. 2 GmbHG Grundlage für den Ersatz des entstandenen Schadens. Begründet wird dies mit den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Dabei ist die Vertragsbeziehung, die diese Schutzwirkung entfaltet, das Organ- und Anstellungsverhältnis, das zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer besteht (BGH, Urteil vom 14. März 2023, Az. II ZR 162/21, Rn. 13).
Sinn und Zweck dieser Grundsätze ist es, die Schutzwirkungen, die aus einer Vertragsbeziehung entstehen, auch auf Dritte zu erstrecken, wenn diese bestimmungsgemäß mit den Leistungen eines Vertragspartners in Berührung kommen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung bejaht der BGH ohne Weiteres. Nach der vorstehend zitierten Entscheidung wirken sich Fehlleistungen der Geschäftsführung „zwangsläufig stets und in erster Linie zum Nachteil der Kommanditgesellschaft“ aus (BGH, Urteil vom 14. März 2023, Az. II ZR 162/21, Rn. 15).
Weitere Voraussetzung für die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist, dass für die Ausdehnung des Vertragsschutzes nach Treu und Glauben ein Bedürfnis besteht. Auch am Vorliegen dieser Voraussetzung hat der BGH keinen Zweifel. Tragende Erwägung ist dabei, dass Pflichtverletzungen des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH vor allem zu Lasten der KG gehen. Diese ist daher auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers angewiesen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2013, Az. II ZR 86/11).
Die Haftung der multifunktionalen Komplementär-GmbH
Umstritten war bisher, ob die vorstehenden Überlegungen auch dann greifen, wenn die Geschäftsführung in der KG nicht die alleinige Aufgabe der GmbH ist, diese Gesellschaft vielmehr auch selbst unternehmerisch tätig ist.
Beispiel:
Die G-GmbH ist Komplementärin der GGmbH & Co. KG und unterhält zudem einen eigenen Geschäftsbetrieb, dessen Gegenstand Facility-Management-Leistungen für Dritte sind.
Höchst richterlich nicht geklärt war bisher, ob der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH auch dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der KG haftet, wenn die Wahrnehmung der Geschäftsführung nicht die alleinige und auch nicht die wesentliche Aufgabe der GmbH ist. Der BGH hat nunmehr mit überzeugender Begründung die Anwendbarkeit des § 43 Abs. 2 GmbHG auch für solche Fälle bejaht.
Er begründet dies damit, dass sich der Pflichtenkreis eines Geschäftsführers nicht dadurch ändert, dass er neben seiner Geschäftsführungsaufgabe in einer konkreten Gesellschaft noch weitere Tätigkeiten ausübt. Soweit sich ergibt, dass die von der Komplementär-GmbH bzw. ihrem Geschäftsführer „geschuldete Obhut und Fürsorge“ nicht gewährleistet werden kann, ist Konsequenz nicht eine Reduzierung des Haftungsumfangs, sondern die Forderung an die Komplementär-GmbH, „ihre Aufgaben auf das Maß zu begrenzen, dass ihr die geschuldete ordnungsgemäße Erfüllung aller übernommener Pflichten ermöglicht“ (BGH, Urteil vom 14. März 2023, Az. II ZR 162/21, Rn. 25).
Dieses Ergebnis ist unmittelbar einleuchtend. Auch der Geschäftsführer einer ausschließlich operativ tätigen GmbH kann sich dieser gegenüber nicht darauf berufen, dass er durch die Vielzahl seiner Aufgaben überfordert gewesen ist. Ist der Arbeitsanfall für ihn zu hoch, um die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen, hat er entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung gewährleistet ist.
Dies darf allerdings nicht so verstanden werden, als könne sich ein Geschäftsführer durch entsprechende Aufgabenverteilung seiner Verantwortung entziehen. Insbesondere ist es auch in einer Kollegialgeschäftsführung, also einer solchen, die aus mehreren Personen besteht, nicht möglich, durch eine Ressortzuordnung eine Haftungsbegrenzung auf bestimmte Bereiche zu erzielen.
Handeln auf Anweisung der Gesellschafter
Keine Schadenersatzverpflichtung wird regelmäßig dadurch ausgelöst, dass der Geschäftsführer lediglich eine Weisung der Gesellschafterversammlung umsetzt. Dabei ist zunächst auf die Gesellschafterversammlung der Komplementär- GmbH und nicht auf die der KG abzustellen, da die Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers nach § 37 Abs. 1 GmbHG nur im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung der GmbH besteht.
Ist eine solche Weisung wirksam erteilt, ist damit in der Regel auch eine Haftung des Geschäftsführers für solche Schäden ausgeschlossen, die im Vermögen der KG eintreten.
Fazit
Der BGH bestätigt im Urteil vom 14. März 2023 seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bei einem Verstoß gegen seine Pflichten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG auch gegenüber der KG schadenersatzpflichtig ist, wenn der KG durch den Pflichtenverstoß ein Schaden entstanden ist. Der Grund liegt darin, dass das Organ- und Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers mit der GmbH zugleich eine Schutzwirkung zugunsten der KG entfaltet.
Wird dem Geschäftsführer von den Gesellschaftern der GmbH Entlastung erteilt, hindert dies die KG nicht, ihren Schaden gegenüber dem Geschäftsführer geltend zu machen. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Komplementär-GmbH neben ihrer Geschäftsführungsfunktion für die KG auch noch selbst unternehmerisch tätig ist.
Das Haftungsrisiko gegenüber der KG besteht auch dann unvermindert, wenn die Komplementär-GmbH von mehreren Geschäftsführern geleitet wird, die miteinander eine Ressortaufteilung vereinbart haben.
Dr. Jochen Blöse
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Handels- und Gesellschaftsrecht
bei Jacobs & Dr. Blöse