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Computerhardware und Software: Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung zulässig

Computerhardware und Software: Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung zulässig

Um die Digitalisierung in Deutschland stärker zu fördern, erkennt die Finanzverwaltung mit Wirkung ab 2021 eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Computerhardware und Software von einem Jahr bei der steuerlichen Gewinnermittlung ebenso wie im Privatbereich an.

Das BMF-Schreiben vom 26.2.2021 und seine steuerlichen Auswirkungen

Nach dem Bundesfinanzministerium (BMF)-Schreiben vom 26.2.2021 (Az. IV C 3 – S 2190/21/10002 :013) kann für Computerhardware (einschließlich Peripheriegeräten) sowie für Betriebs- und Anwendersoftware ab sofort eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. Das bedeutet, dass ab 2021 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zu 100% abgeschrieben werden können, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Anschaffung im Laufe eines Jahres erfolgt ist. Nach dem o.a. BMF-Schreiben erfasst der Begriff „Software“ sowohl Betriebs- als auch Anwendersoftware. Dazu gehören ausdrücklich auch nicht technisch physikalische Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.

Bisher ist das BMF bei ERP-Software von einer Nutzungs- und Abschreibungsdauer von fünf Jahren ausgegangen (BMF, Schreiben vom 18.11.2005). Die Software für Warenwirtschaftssysteme oder die sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung sind teuer und haben eine deutlich längere Nutzungsdauer.

Wurde dementsprechend in der Vergangenheit für digitale Wirtschaftsgüter eine längere Nutzungsdauer zugrunde gelegt, können auch diese Investitionen nunmehr „auf einen Schlag“ bis auf den Erinnerungswert abgeschrieben werden.

Beispiele:

1. Die A-GmbH legt sich im März 2021 eine ERP-Software im Wert von 20.000 € zu. Die normale Nutzungsdauer beträgt mindestens fünf Jahre. Die GmbH kann die Anschaffungskosten gleichmäßig auf fünf Jahre verteilen oder den Gesamtbetrag im Jahr 2021 steuermindernd abschreiben.

2. Die A-GmbH hat die ERP-Software bereits im Januar 2020 erworben und für dieses Jahr eine Abschreibung von 4000 € geltend gemacht. Sie kann im Jahr 2021 den Restwert von 16.000 € in einer Summe abschreiben.

Fazit: Die generelle Herabsetzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer auf ein Jahr, hat das Ziel, Unternehmen steuerlich zu entlasten. Dabei stellt sich die Frage, ob diese steuerliche Handhabung für die Handelsbilanz übernommen werden kann.

EDV-Investitionen in der Handelsbilanz

Im handelsrechtlichen Jahresabschluss sind sämtliche Vermögensgegenstände auszuweisen (§ 246 Abs. 1 Handelsgesetzbuch – HGB). Die Vermögensgegenstände sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich Abschreibung anzusetzen (§ 253 HGB). Grundsätzlich stimmen Handels- und Steuerrecht in diesem Punkt überein. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, z.B. wenn Sonderabschreibungen beansprucht werden, die nur steuerlich zulässig sind. Ähnlich muss man wohl auch die rein steuerlich veranlasste Herabsetzung der Nutzungsdauer auf ein Jahr für digitale Wirtschaftsgüter sehen.

Zwar gilt nach wie vor, dass der Ausweis in der Handelsbilanz für steuerliche Zwecke zu übernehmen ist, wenn keine eigenständigen steuerlichen Regelungen vorhanden sind (= Maßgeblichkeitsprinzip). Anders sieht es im umgekehrten Fall aus. Steuerliche Wertansätze dürfen nicht in die Handelsbilanz übernommen werden (= Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit). Derjenige, der eine Handelsbilanz aufzustellen hat, muss entweder außerhalb seiner Handelsbilanz Korrekturen vornehmen, um den steuerlich zutreffenden Gewinn zu ermitteln, oder zusätzlich zur Handelsbilanz eine eigene Steuerbilanz erstellen, die den steuerlichen Vorschriften gerecht wird. Nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) ist es nicht mehr möglich, Wirtschaftsgüter handelsrechtlich auf einen niedrigeren steuerlichen Wert abzuschreiben, wenn es sich um Regelungen handelt, die nur steuerlich zulässig sind.

Eine GmbH muss zwingend einen handelsrechtlichen Jahresabschluss erstellen. Ziel des BilMoG war es, das HGB der internationalen Rechnungslegung nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) anzunähern. Damit sollte insbesondere kleinen und mittelgroßen Unternehmen ermöglicht werden, einen kostengünstigen Jahresabschluss zu erstellen, der ohne IFRS international ausgerichtet ist. Daran haben aber nur die Unternehmen ein Interesse, die tatsächlich international ausgerichtet sind. Für die meisten kleinen GmbHs (z.B. Handwerksbetriebe) und UGs (haftungsbeschränkt) ist die internationale Ausrichtung und die Kapitalbeschaffung im Ausland gänzlich ohne Bedeutung.

Mit der Annäherung des HGB an die internationale Rechnungslegung hat sich das HGB weiter vom Steuerrecht entfernt, sodass es vielfach erforderlich ist, eine Handelsbilanz und eine Steuerbilanz zu erstellen. Je mehr Positionen vorhanden sind, die handelsrechtlich und steuerrechtlich übereinstimmend behandelt werden, desto eher ist es möglich, eine Einheitsbilanz mit Korrekturen für steuerliche Zwecke zu erstellen. Je mehr Positionen voneinander abweichen, desto eher macht es Sinn, eine Handelsbilanz und eine Steuerbilanz aufzustellen.

Abschreibung nach Handels- und Steuerrecht

Abschreibung bedeutet, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens verteilt über die Nutzungsdauer als Betriebsausgaben abgezogen werden. § 253 Abs. 3 HGB schreibt vor, die Abschreibung planmäßig über die Nutzungsdauer vorzunehmen. Das heißt, die Abschreibung muss im Voraus festgelegt werden und dem Umfang der Wertminderung entsprechen. Stellt der Unternehmer eine Handels- und eine Steuerbilanz auf, kann er unterschiedliche Abschreibungsmethoden wählen. Das muss dann entsprechend gelten, wenn handels- und steuerrechtlich unterschiedliche Nutzungsdauern zugrunde gelegt werden. Vergleichbar ist hier z.B. § 7 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG), wonach ein erworbener Geschäfts- oder Firmenwert über 15 Jahre abzuschreiben ist, während handelsrechtlich eine Abschreibungsdauer von zehn Jahren üblich ist (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB).

Aktivierung von Software

Hinsichtlich der Aktivierung von Software ist zwischen erworbener und selbst erstellter Software des Anlagevermögens zu unterscheiden:

Erworbene Softwareprogramme sind aufgrund des Vollständigkeitsgebots des § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB aktivierungspflichtig. Für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gilt handelsrechtlich ein Aktivierungswahlrecht (§ 248 Abs. 2 HGB).

Steuerrechtlich gilt gemäß § 5 Abs. 2 EStG für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivierungsverbot. Software gilt auch steuerlich als immaterielles Wirtschaftsgut, sodass selbst erstellte Software des Anlagevermögens nicht aktiviert werden darf.

Somit darf der Unternehmer die Software, die er selbst entwickelt hat, nicht als Wirtschaftsgut im Anlagevermögen ausweisen. Alle Aufwendungen, die mit der Entwicklung von Software des Anlagevermögens im Zusammenhang stehen, sind daher ohnehin sofort als Betriebsausgaben abzuziehen. Erworbene und selbst erstellte Software, die dem Umlaufvermögen zuzuordnen ist, muss aktiviert werden.

EDV-Anschaffungen im Privatvermögen

Das BMF-Schreiben vom 26.2.2021 gilt uneingeschränkt auch für EDV-Anschaffungen im Privatvermögen, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden (Rz. 7). Darunter dürften insbesondere Desktop-Computer, Notebooks, externe Speicher (Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk u.ä.) und Drucker fallen, die von Arbeitnehmern oder Vermietern für die Erzielung von Einkünften angeschafft werden. Werden diese Arbeitsmittel teilweise beruflich und teilweise privat genutzt, gestattet die Rechtsprechung eine Aufteilung der Aufwendungen im Verhältnis der zeitlichen Nutzungsanteile (BFH, Urteil vom 19.2.2004, Az. VI R 135/01 und Urteil vom 15.7.2010, Az. III R 70/08). Bei nur unwesentlicher Mitbenutzung liegen in voller Höhe Werbungskosten vor (BFH, Urteil vom 25.9.1992, Az. VI R 109/87).

Tipp: Bei Anschaffungen vor 2021 mit Ansatz einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr gilt auch in diesem Fall, dass der Restwert in vollem Umfang im Jahre 2021 als Werbungskosten abgesetzt werden kann.

Fazit

Es ist zweifelhaft, ob für Computerhardware (einschließlich Peripheriegeräten) sowie für Betriebs- und Anwendersoftware in der Handelsbilanz ebenfalls eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden darf. Ohne gesetzliche Regelung im HGB wird man dies verneinen müssen. Deshalb wird man regelmäßig in Handels- und Steuerbilanz von unterschiedlichen Werten ausgehen müssen. Soweit Hardware oder Software im Privatvermögen zur Einkünfteerzielung angeschafft werden soll (z.B. für Zwecke der Haus- oder Vermögensverwaltung), kann die nunmehr zulässige Sofortabschreibung als willkommenes Ostergeschenk für zahlreiche Steuerpflichtige begrüßt werden.

Zur Person

Der Autor Dr. Hagen Prühs ist Unternehmensgründer und Geschäftsführer des VSRW-Verlags in der Bundesstadt Bonn. Seit der Verlagsgründung im Jahr 1977 ist er Herausgeber und Schriftleiter der monatlichen Zeitschrift GmbH Steuerpraxis, die eine Rechtsprechungsübersicht mit Praxistipps und wichtigen Urteilen für eine GmbH (& Co. KG) beinhaltet. Zudem ist er seit 2005 Herausgeber und Chefredakteur des vorliegenden Wirtschaftsmagazins gmbhchef.
www.gmbh-steuerpraxis.de
www.gmbhchef.de

Stand: 22.07.2021 10:30