In zahlreichen Büros und Unternehmen gibt es sie: die Meister der Selbstgefälligkeit. Sie mögen in ihrer Arbeit brillieren, aber ihr Umgang mit Kollegen ist oft zum Davonlaufen. Ihr bissiger Ton, ihre empathielose Haltung und ihre Unfähigkeit, anderen mit Respekt zu begegnen, vergiften das Arbeitsklima und belasten das Team. Als Führungskraft ist es eine Herausforderung, mit solchen Mitarbeitern umzugehen – doch es gibt Möglichkeiten, um das Problem zu bewältigen.
Lassen Sie mich eine Geschichte erzählen, die viele von Ihnen wahrscheinlich nur allzu gut kennen. Wir befinden uns in einem wichtigen Meeting, welches die Planung und das Budget für das kommende Jahr behandelt. Die Atmosphäre ist angespannt, und die Augen von 25 Top-Managern ruhen auf mir. Ich stelle meine Ideen vor, als plötzlich eine Stimme durch den Raum schneidet: „Wehe, du wagst es, diese Schwachsinnsidee mit dieser blöden Innovation zu präsentieren. Nur über meine Leiche.“
Stille. Totenstille. Die Worte hallen in meinen Ohren wider, und ich spüre, wie sich ein unangenehmes Gefühl in meiner Magengrube ausbreitet. Mein Chef, der Urheber dieser respektlosen Äußerung, sitzt dort mit einem selbstgefälligen Grinsen auf dem Gesicht. Ich stehe vor einer Entscheidung: Konfrontiere ich ihn direkt hier und jetzt vor versammelter Mannschaft? Warte ich ab? Oder versuche ich, die Situation auf andere Weise zu lösen?
Entschlossen und mit einem Kloß im Hals ergreife ich das Wort: „Lieber Chef, ich bitte dich, jetzt einfach mal 15 Minuten ruhig zuzuhören. Dann zeige ich dir, warum diese Schwachsinnsidee vielleicht die beste Investition für die nächsten fünf Jahre sein wird.“ Die Stille im Raum ist greifbar, alle Augen sind auf meinen Chef gerichtet. Wird er explodieren, wie so oft zuvor?
Doch zu meiner Überraschung lächelt er nur, schweigt und hört zu. In diesem Moment wird mir klar, dass sein respektloses Verhalten nicht nur mich betrifft, sondern das gesamte Team. Es ist eine unangenehme Erinnerung daran, wie respektlose Top-Performer das Arbeitsumfeld vergiften können und wie wichtig es ist, angemessen und möglichst schnell darauf zu reagieren.
Trotz solcher herausfordernden Situationen gibt es Wege, gezielt und konstruktiv mit ihnen umzugehen.
Gutes Führen und klare Firmenwerte
Der erste Schritt im Umgang mit unangenehmen, doch wertvollen Mitarbeitern ist die Festlegung klarer Erwartungen und Firmenwerte. Definieren Sie, was gutes Führen bedeutet und welche Verhaltensweisen in der Unternehmenskultur geschätzt werden. Klare Richtlinien geben allen Mitarbeitern eine Vorstellung davon, was akzeptabel ist und was nicht. Durch die Kommunikation und Einhaltung dieser Werte kann respektloses Verhalten eingedämmt und ein positives Arbeitsumfeld geschaffen werden.
Etablierung einer konstruktiven Feedbackkultur
Eine offene und konstruktive Feedbackkultur ist entscheidend, um das Verhalten von respektlosen Top-Performern anzusprechen und zu verbessern. Führungskräfte sollten regelmäßig Feedback geben. Sowohl Lob für gute Leistungen als auch konstruktive Kritik für respektloses Verhalten sollte ausgesprochen werden. Dabei ist es wichtig, Feedback stets konkret, sachlich und lösungsorientiert zu formulieren. Indem Sie klare Erwartungen setzen und Feedback als Chance zur Weiterentwicklung betrachten, können Sie dazu beitragen, dass das Verhalten reflektiert und verbessert wird.
Respektlose Top-Performer in Würde gehen lassen
Trotz aller Bemühungen kann es vorkommen, dass ansonsten kompetente Mitarbeiter es nicht einsehen, an ihren Soft Skills zu arbeiten oder einfach nicht in die Unternehmenskultur passen wollen. In solchen Fällen ist es wichtig, schnell und angemessen zu handeln. Wenn alle anderen Maßnahmen gescheitert sind, ist es besser, sich von ihnen zu trennen. Dabei ist es entscheidend, fair und respektvoll zu bleiben und sie in Würde gehen zu lassen. Denn Ihr gesamtes Team wird Ihnen dabei zusehen und verstehen, dass Sie auf der einen Seite auch die Verabschiedung respektvoll gestalten, auf der anderen Seite aber klar eine harte Linie ziehen. Individuelle Leistungen stehen bei Ihnen nicht über den Unternehmenswerten.
Fazit
Diese Geschichte mag unangenehme Erinnerungen an vergangene Begegnungen mit respektlosen Top-Performern hervorgerufen haben, aber sie zeigt auch, dass es Möglichkeiten gibt, mit solchen Situationen umzugehen. Indem klare Erwartungen gesetzt, eine konstruktive Feedbackkultur etabliert und im Ernstfall entschieden gehandelt wird.
Stefan Homeister
Experte und Berater für Führung und Strategie