Betriebliche Gesundheitsförderung: Voraussetzungen für die Steuerfreiheit betrieblicher Gesundheitsmaßnahmen

Steigende Anforderungen an die Belegschaft aufgrund der Globalisierung, des demografischen Wandels („Arbeit bis 67“) und der Zunahme des Fachkräftemangels wirken sich negativ auf den Gesundheitszustand der Beschäftigten in den Unternehmen aus. Damit diese ihren Mitarbeitern verstärkt betriebliche Gesundheitsmaßnahmen anbieten können, enthält § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz (EStG) eine Steuerbefreiungsvorschrift für derartige Maßnahmen.

Seit dem Jahr 2009 wird die Förderung der Mitarbeitergesundheit durch die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 34 EStG steuerlich besonders gefördert. Dabei kann die Steuerprivilegierung nach § 3 Nr. 34 EStG für alle Voll- und Teilzeitbeschäftigten einer GmbH – und daneben z.B. auch für geringfügig Beschäftigte, den GmbH-Geschäftsführer und für Gesellschafter-Geschäftsführer – genutzt werden. Zur steuerlichen Anerkennung bedarf es bei Gesellschafter-Geschäftsführern jedoch einer ausdrücklichen Regelung im Anstellungsvertrag oder in einer vertragsergänzenden Vereinbarung.

Durch das Jahressteuergesetz 2018 wurde in § 3 Nr. 34 EStG u.a. die Erforderlichkeit einer Zertifizierung für bestimmte Präventionsmaßnahmen in das Gesetz aufgenommen. Da das Feld von gesundheitsfördernden Maßnahmen groß ist, wurde zur sachlichen Eingrenzung der Steuerbefreiung in § 3 Nr. 34 EStG unmittelbar auf die Vorschriften des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) Bezug genommen. Zudem hat die Finanzverwaltung die Einzelheiten zur Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 34 EStG in einem gesonderten Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 20. April 2021 (Az. IV C 5 – S 2342/20/10003 :003) näher erläutert.

Nach dem aktuellen Wortlaut des § 3 Nr. 34 EStG sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen einer GmbH dann steuerfrei, wenn sie

  • zur Verhinderung oder Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit dienen,
  • hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen und
  • den Betrag von 600 Euro je Beschäftigten im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Bei dem Betrag von 600 Euro im Jahr je Arbeitnehmer handelt es sich um einen steuerlichen Freibetrag und nicht um eine Freigrenze, d.h. dass nur der Betrag, der über 600 Euro hinausgeht, der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht unterliegt. Weitere grundsätzliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 34 EStG ist, dass es sich um zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen der GmbH handeln muss; dies schließt Gehaltsumwandlungen aus. Die Befreiung
vom Lohnsteuerabzug hat die Sozialversicherungsfreiheit der Leistungen zur Gesundheitsförderung zur Folge (§ Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung).

Praxishinweis: Die für einen Großteil der Gesundheitsmaßnahmen bestehende Zertifizierungspflicht stellt für die GmbH insoweit eine Verkomplizierung dar, da sie für die Steuerbefreiung nachzuweisen hat, dass es sich um entsprechend zertifizierte Gesundheitsleistungen handelt. Bestehen Zweifel, ob eine Zertifizierungspflicht gilt, sollten sich die Verantwortlichen in der GmbH an eine der örtlichen Krankenkassen (z.B. AOK) wenden, bei der die Beschäftigten krankenversichert sind.

Individuelle verhaltensbezogene (zertifizierte) Präventionskurse: Bei Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention handelt es sich regelmäßig um Präventionskurse, die die Beschäftigten motivieren und befähigen sollen, Möglichkeiten einer gesunden und Erkrankungen vorbeugenden Lebensführung auszuschöpfen. Voraussetzung für die Steuerfreiheit solcher individuellen verhaltensbezogenen Präventionskurse ist, dass diese von einer Krankenkasse oder in ihrem Namen durch einen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten (z.B. über die „Zentrale Prüfstelle Prävention“) zertifiziert worden sind.

Entsprechende Präventionskurse finden in der Regel außerhalb des Betriebsgeländes statt und können durch die GmbH steuerfrei bezuschusst oder im vollen Umfang bis zum Maximalbetrag von 600 Euro im Jahr steuerfrei übernommen werden. Solche externen Angebote erleichtern es auch kleineren und mittleren GmbHs, entsprechende Leistungen zu gewähren. Der Steuerfreibetrag von jährlich 600 Euro je Arbeitnehmer erstreckt sich dabei auf unterschiedliche Handlungsfelder. Den Anforderungen des § 20 Abs. 5 SGB V in Verbindung mit dem GKV-Leitfaden Prävention entsprechen z.B. Kurse zur

  • Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheitssportliche Aktivität,
  • Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte
  • Bewegungsprogramme,
  • Vermeidung von Mangel- bzw. Fehlernährung und Übergewicht,
  • Förderung von Stressbewältigungskompetenzen (Multimodales Stressmanagement) oder
  • Förderung des Nichtrauchens und Reduzierung des Alkoholkonsums.

Die Teilnahme ist vom Arbeitnehmer mit einer vom Kursleiter unterschriebenen Teilnahmebescheinigung nachzuweisen, aus der der Titel des Kurses einschließlich der Kurs-Identifikationsnummer der jeweiligen Prüfstelle hervorgeht.

Nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG fallen nach Auffassung der Finanzverwaltung z.B.

  • Mitgliedsbeiträge für Sportvereine und Fitness-Studios,
  • Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart,
  • Massagen,
  • Screenings ohne Verknüpfung mit Interventionen aus den Handlungsfeldern der betrieblichen Gesundheitsförderung der Krankenkassen,
  • Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte oder
  • Eintrittsgelder in Schwimmbäder oder Saunen.

Weitere Beispiele für Leistungen, die nicht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 34 EStG fallen, enthält das BMF-Schreiben vom 20. April 2021 unter Rn. 34.

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