Betriebliche Gesundheitsförderung: Der ergonomisch optimierte Arbeitsplatz

Gesunde Unternehmen gibt es nur mit gesunden Mitarbeitern. Doch dass damit eine Managementaufgabe verbunden ist, versteht sich keineswegs von selbst. Nicht nur im produzierenden Gewerbe sollte etwa eine ergonomische Optimierung von Arbeitsprozessen und -bedingungen längst an der Tagesordnung sein.

Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit vor Gesundheitsschäden zu schützen, zahlt sich für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer gleichermaßen aus. Geringere Krankenstände und Fehlzeiten sowie eine gesteigerte Leistungsfähigkeit sind nur die naheliegenden Effekte. Mittel- und langfristig bedeuten gesunde Mitarbeiter auch geringere Kosten. Doch vielfach übersehen Unternehmer entscheidende Maßnahmen für eine möglichst geringe gesundheitliche Belastung.

Dass etwa im Baugewerbe vor Ort niemand ohne Helm unterwegs ist, kommt praktisch einem Naturgesetz gleich. Doch wie steht es beispielsweise um die Ergonomie am Arbeitsplatz? Wird sie nicht eingehalten, sind Verspannungen noch das geringste Übel. Denn schon die kleinste unausgewogene Belastung kompensiert der Körper mit Muskelanspannungen.

Rückenschmerzen als Berufskrankheit

Ist der Arbeitsplatz nicht optimal eingerichtet, wird nicht die korrekte Haltung eingenommen oder laufen Bewegungsmuster ergonomisch falsch ab, kann Arbeit weder gesund noch effektiv sein. Schwerwiegende Erkrankungen wie chronische Rückenschmerzen oder Bandscheibenvorfälle sind leider keine seltenen Folgen.

Als Volkskrankheit Nummer 1 erweisen sich Rückenschmerzen bei rund 80 Prozent aller Berufstätigen nach wie vor als wiederkehrendes Problem. Die klassische Rückenschule hat daran nichts geändert, und auch der in den vergangenen Jahren stark gestiegene Anteil von Arbeit im Home-Office trägt kaum zur Verbesserung bei. Es sollte also im Interesse jedes Unternehmens sein, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um Haltungsschäden vorzubeugen. Hier setzt die betriebliche Gesundheitsförderung an. Sie setzt auf Verhaltens-und Bewegungsprävention mithilfe einer vom Arbeitgeber angebotenen Ergonomieberatung.

Ergonomisch optimierte Bewegungsabläufe müssen erst erlernt werden

Am Anfang steht die Analyse des jeweiligen Arbeitsplatzes und der dazugehörigen Prozesse durch einen Bewegungstherapeuten. Unter individuellen Gesichtspunkten arbeitet er heraus, welche Bewegungsabläufe und Verhaltensmuster zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben gehören und welche Folgen sie nach sich ziehen können. Gegebenenfalls macht es Sinn, relevante Bewegungsmanöver fotografisch zu dokumentieren, um sie im Anschluss in ergonomisch optimierter Version nachzustellen. Der direkte Vergleich erlaubt den leicht nachvollziehbaren Schritt vom
bislang gewohnten, aber schädlichen Ablauf zu einer gesunden und effektiven Variante.

Abschließend werden die so gewonnenen Erkenntnisse unter physiotherapeutischer Supervision geschult und durch individuelle und standardisierte Entlastungsübungen am Arbeitsplatz ergänzt. Dabei sind Geduld und Durchhaltevermögen gefragt, denn neue Bewegungsabläufe müssen durch motorisches Lernen sorgsam einstudiert werden, bevor sie Teil der eigenen Routine werden, um dann nachhaltig einen gesunden Arbeitsalltag zu fördern.

Andreas Stommel

Andreas Stommel ist Physiotherapeut, Ergonomie- und Gesundheitsberater für Unternehmen und Lehrbeauftragter der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Zu seinen Klienten als „Backstagephysio“ gehören zudem Bühnenkünstler wie Helene Fischer, Andrea Berg, Beatrice Egli, Lionel Richie, die Artisten des Circus Roncalli sowie die Profi-Ballettstars vom „Ballett am Rhein“ der Oper Düsseldorf.

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