Sommerzeit bedeutet für viele Arbeitnehmer auch Urlaubszeit. Doch nicht immer geht damit eine tatsächliche Abwesenheit einher. Gerade hybride Arbeitsmodelle bieten viele Chancen, stellen Unternehmen aber auch vor neue Herausforderungen – etwa in Form ständiger Verfügbarkeit, die sich in den Arbeitsalltag vieler Organisationen eingeschlichen hat. Sowohl bei Beschäftigten als auch in der Führung kann das langfristig zu Überlastung führen. Auch die Datensicherheit leidet unter solchen Strukturen und kann im Ernstfall zu erheblichen Verlusten führen. Mit verbindlichen Regeln und geeigneten technischen Lösungen können Unternehmen gezielt gegensteuern, den Datenschutz stärken und die digitale Zusammenarbeit effizienter gestalten.
Zwischen Flexibilität und Überforderung
Die digitale Transformation der Arbeitswelt hat Kommunikationswege beschleunigt und Zusammenarbeit über Standortgrenzen hinweg erleichtert. E-Mails, Anrufe und Videomeetings sind heute von überall möglich. Diese Entwicklung bringt Vorteile, aber auch neue Belastungen mit sich. Aktuellen Studien zufolge fühlen sich knapp 50 Prozent der Beschäftigten in Deutschland auch nach Feierabend für berufliche Anliegen zuständig. Zwei Drittel geben an, selbst im Urlaub erreichbar zu bleiben.
Diese Entwicklung birgt Risiken. Nicht nur für die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern auch für die Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben. Das Arbeitszeitgesetz schreibt eine elfstündige Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen vor. Eine ständige Erreichbarkeit kann diese Ruhezeiten unterbrechen. Gleichzeitig existiert in Deutschland kein ausdrückliches gesetzliches Recht auf Unerreichbarkeit. In der Praxis bewegen sich viele Unternehmen daher in einer Grauzone, die durch klare Regelungen und geeignete Technik entschärft werden kann.
Klare Kommunikation braucht Struktur
Um den Herausforderungen ständiger Erreichbarkeit zu begegnen, sollten Unternehmen Kommunikationsprozesse gezielt strukturieren. Ein zentrales System, das berufliche Erreichbarkeit regelt, kann helfen, klare Grenzen zu setzen. So lassen sich feste Zeitfenster definieren, in denen Mitarbeiter kontaktiert werden dürfen. Dies entlastet nicht nur das Team, sondern sorgt auch für Rechtssicherheit.
Dr. Christian Stredicke, CEO des Kommunikationsanbieters Vodia, weist darauf hin, dass eine technische Lösung Erreichbarkeit kontrollierbar macht. Die Nutzung einer App oder browserbasierten Telefonanlage ermöglicht es, Anrufe und Nachrichten nur während definierter Zeiten zuzulassen. Besonders im Homeoffice oder bei wechselnden Arbeitsorten sorgt das für Transparenz.
Privatgerät gleich Sicherheitsrisiko?
Ein oft unterschätztes Problem ist die dienstliche Nutzung privater Smartphones. Die Kommunikation mit Kunden über private Kanäle gefährdet nicht nur die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung, sondern auch die Bindung der Kunden ans Unternehmen. Wenn der Kontakt über das Privatgerät eines Mitarbeiters läuft, besteht die Gefahr, dass Kundendaten mit der Person abwandern – etwa bei einem Stellenwechsel –, warnt Stredicke. Empfehlenswert sind daher Kommunikationslösungen, bei denen alle Daten auf Servern des Unternehmens verbleiben und private Endgeräte entlastet werden. Das schützt sensible Informationen und verhindert, dass berufliche Daten auf privaten Endgeräten gespeichert werden. Auch die geschäftliche Rufnummer bleibt so unabhängig vom verwendeten Gerät. Mitarbeiter können dieselbe Nummer auf verschiedenen Geräten nutzen, ohne ihre privaten Kontaktdaten preiszugeben. Auch aus technischer Sicht gilt: Verschlüsselung und Zugriffsschutz müssen heute Standard sein.
Zeitfenster, Feiertage, Sonderregeln
Ein zentraler Vorteil moderner Kommunikationssysteme liegt in der Möglichkeit, Erreichbarkeitszeiten auf verschiedenen Ebenen zu definieren. So lassen sich Arbeitszeitfenster für Teams, Abteilungen oder einzelne Rollen inklusive Ausnahmen für Feiertage oder individuelle Urlaube konfigurieren. Besonders bei Assistenzfunktionen oder in der Projektarbeit können darüber Sonderzugriffe geregelt werden, ohne dass private Kontaktdaten weitergegeben werden müssen.
Stredicke nennt einen weiteren Aspekt: Wer einmal seine private Handynummer beruflich genutzt hat, wird häufig auch nach einem Stellenwechsel weiterhin kontaktiert. Diese Art von Erreichbarkeit entzieht sich jeglicher Kontrolle. Eine systemische Lösung schützt sowohl die Mitarbeiter als auch das Unternehmen vor solchen Situationen.
Kommunikation effizient gestalten
Mit der Zunahme hybrider Arbeitsmodelle hat sich auch die Meeting-Kultur verändert. In der Praxis zeigt sich jedoch oftmals, dass der Aufwand für geplante Videokonferenzen hoch ist und die gewünschte Produktivität ausbleibt. Viele Meetings sind zu lang, zu häufig und zu wenig zielgerichtet. Die Folge ist eine wachsende Frustration.
Statt langer Besprechungen empfiehlt sich in vielen Fällen ein Rückgriff auf das klassische Telefongespräch. Ein kurzer Anruf klärt oft mehr als ein halbstündiges Meeting. Vor allem bei hybriden Teams oder in der Zusammenarbeit über verschiedene Standorte hinweg ist das eine ressourcenschonende Alternative, besonders dann, wenn Systeme eine mobile Erreichbarkeit über die dienstliche Nummer sicherstellen.
Klare Regeln statt ständiger Bereitschaft
Die ständige Erreichbarkeit von Mitarbeitern ist kein Symptom moderner Arbeitskultur, sondern ein Managementproblem. Unternehmen, die ihre Kommunikationswege strategisch steuern, schaffen nicht nur Klarheit, sondern schützen auch technische und personelle Ressourcen. Digitale Tools können helfen, Arbeitszeiten und Erreichbarkeit sauber zu trennen, ohne dabei die Flexibilität moderner Arbeit infrage zu stellen.
Die technische Lösung allein reicht jedoch nicht aus. Es braucht auch klare interne Vorgaben, transparente Prozesse und ein Bewusstsein dafür, dass ständige Verfügbarkeit kein Maßstab für Produktivität ist. Gerade in der Sommerzeit, wenn Urlaube anstehen und Abwesenheiten zunehmen, lohnt es sich, die eigenen Kommunikationsstrukturen zu überprüfen.
Mehr zum Thema Erreichbarkeit im Homeoffice und zu den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen lesen Sie in unserem Beitrag: „Pflicht des Arbeitnehmers zur Erreichbarkeit? – Was Arbeitgeber über die Freizeit ihrer Mitarbeiter wissen sollten“.
Redaktion des VSRW-Verlags
