Work-Life-Balance und ein sicherer Arbeitsplatz sind der Gen Z wichtig. Mindestens genauso viel Wert legt die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen auf Nachhaltigkeit. Wie lassen sich Kompromisse zwischen Anspruch und Unternehmensrealität finden?
Mit dem Einzug der Generation Z in die Arbeitswelt sehen sich die Unternehmen mit neuen Erwartungen konfrontiert. Zum einen ist den Jüngeren ein sicherer Arbeitsplatz und ein hohes Gehalt bei möglichst flexiblen Arbeitsbedingungen wichtig, zum anderen legen sie mehr Wert auf die soziale Einstellung von Unternehmen, ethisches Verhalten und ein gutes Miteinander. Auch wenn viele Arbeitgeber die Erwartungen für überzogen halten, führt kein Weg daran vorbei, sich mit den Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Nachhaltiges Handeln, ob beim Klimaschutz, den Lieferketten oder der Unternehmenskultur, ist ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Arbeitgeberwahl.
Wenn nachhaltiges Engagement allerdings nur ein Lippenbekenntnis ist, kehren die jungen Menschen dem Arbeitgeber schnell den Rücken zu. Die Gen Z ist digital groß geworden und prüft nach, ob ein soziales Engagement, z.B. das Pflanzen von Bäumen, nur Greenwashing ist oder ernsthaft betrieben wird. Auch durchschauen sie schnell, wenn Unternehmenswerte nur auf Wandtafeln angeprangert und nicht wirklich gelebt werden. Eine wertschätzende Führungskultur und eine Kommunikation auf Augenhöhe stärken dagegen das Engagement und die Leistungsbereitschaft.
Ausgewählte Benefits statt höherer Gehälter
Auf der anderen Seite stoßen die Ansprüche der Gen Z oft an die Unternehmensrealität. Wer noch keinerlei Berufserfahrung hat, kann nach Studienabschluss im ersten Job nicht gleich eine Führungsrolle und ein Top-Gehalt erwarten. Unternehmen sollten sich nicht wegducken, sondern klar kommunizieren, was möglich ist und was nicht. Wichtig ist, dass man dem Bewerber vermittelt, dass ein Gehalt von der jeweiligen Berufserfahrung abhängig ist und auch in die Gehaltsstruktur des Unternehmens passen muss. Auch gibt es z.B. im Öffentlichen Dienst tarifgebundene Gehälter, die keine großen Spielräume ermöglichen. Was können Unternehmen aber tun, um Anreize zu setzen und Wertschätzung zu zeigen? Benefits sind eine gute Möglichkeit. Mitarbeiter könnten z.B. für Fortbildungen bezahlt freigestellt werden oder eine Bezuschussung erhalten. Von dem Know-how-Zuwachs profitieren beide Seiten.
Auch bei den Arbeitsbedingungen klaffen Anspruch und Realität oft auseinander. Viele junge Mitarbeiter wollen komplett remote arbeiten, was aber oft mit ihrer Funktion nicht vereinbar ist. Zum Beispiel, wenn sie im Schichtdienst in der Pflege oder der Produktion arbeiten. Auch die in Deutschland hinterherhinkende Digitalisierung steht dem Bedürfnis, von überall aus flexibel arbeiten zu können, häufig im Weg. Ein Beispiel sind Personalakten: Erst wenn sich die digitale Personalakte durchgesetzt hat, können Mitarbeiter ortsunabhängig auf mitarbeiterbezogene Daten zugreifen.
Das Angebot einer Vier-Tage-Woche mit täglich längeren Arbeitszeiten zugunsten des freien fünften Tags, könnte ein weiterer Kompromiss sein. Oft wird es versäumt, die Wünsche der jungen Talente miteinzubeziehen. Würde man sie nach Ideen für z.B. flexible Arbeitszeiten fragen, würde ihre Eigenverantwortung gestärkt werden. So entwickeln sie auch ein besseres Gespür dafür, was sich tatsächlich mit dem Geschäftsalltag und den Anforderungen der Kunden vereinbaren lässt. In einem Krankenhaus könnten z.B. Pfleger und Pflegerinnen den Dienstplan gemeinsam aushandeln, wobei unterschiedliche Bedürfnisse wie z.B. Frühschichten für junge Eltern berücksichtigt werden können. Zudem können Teams selbstorganisiert festlegen, welche Arbeiten im Homeoffice vollbracht werden und welche eine Präsenz vor Ort erfordern.
Soziales Engagement für benachteiligte Kollegen
Auch bei der Auswahl sozialer Projekte sollten junge Talente einbezogen werden. Werden sie für Probleme von gesellschaftlich benachteiligten Menschen z.B. in Behinderteneinrichtungen sensibilisiert und im Umgang mit ihnen qualifiziert, könnten sie im Unternehmen als Paten für benachteiligte Kollegen eingesetzt werden. Werden sie daran beteiligt, eine inklusive Unternehmenskultur zu fördern, erleben sie das als eine sinnstiftende Aufgabe mit hohem Identifikationsfaktor. Wenn Führungskräfte die Bedürfnisse junger Talente berücksichtigen, sind sie motiviert, über sich selbst hinauszuwachsen.

Sandra Hoffmann ist HR-Interim-Managerin, Betriebspsychologin und Personalleiterin. Sie entwickelt Strategien, setzt Digitalisierungsprojekte um und vermittelt als Dozentin für Personalführung Ihre Expertise an Universitäten und Fachhochschulen.
Kontakt:
Tel.: 0174 92979 92
E-Mail: s.hoffmann@hr-strategieprojekte.de