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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Stellenausschreibung und Diskriminierungsverbot

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Stellenausschreibung und Diskriminierungsverbot

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) mit dem Verbot einer Benachteiligung von Menschen aufgrund der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität gilt von der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses bis zu seiner Beendigung. Der Beitrag zeigt anhand aktueller Entscheidungen der Rechtsprechung, was nach diesem Gesetz bei einer Stellenausschreibung zu beachten ist.

Die benachteiligende Stellenausschreibung

Der zeitliche Anwendungsbereich des AGG beginnt nicht erst mit Abschluss des Arbeitsvertrags, sondern setzt bereits in der Phase der Vertragsanbahnung an. Dies bedeutet, dass eine Benachteiligung schon bei der Stellenbesetzung unzulässig ist. Hat der Arbeitgeber bei der Stellenbesetzung einen Bewerber aufgrund eines der in § 1 AGG genannten Merkmale (siehe Vorspann) diskriminiert, begründet dies einen Entschädigungsanspruch des Bewerbers. Solche Fälle kommen in der Praxis häufig vor. Hierbei ist insbesondere von Relevanz, dass das AGG für den wirksamen Schutz vor Benachteiligungen eine Beweislastumkehr regelt: Liegt ein Indiz für eine Benachteiligung vor, muss nicht der Bewerber beweisen, dass es sich tatsächlich um eine Diskriminierung handelt, sondern es obliegt dem Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass eine solche Benachteiligung tatsächlich nicht stattgefunden hat.

Indizien für eine Benachteiligung

Indizien für eine verbotene Diskriminierung liefert hierbei häufig die Stellenausschreibung selbst. Daher ist bei der Formulierung einer Stellenanzeige eine besondere Sorgfalt gefordert.

So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) etwa in seiner Entscheidung vom 23. November 2017 (Az. 8 AZR 604/16) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass die Suche nach einer Verstärkung für ein „junges und dynamisches Team“ ein Indiz für eine Altersdiskriminierung darstellt.

Auch darüber hinaus können in einem Bewerbungsverfahren Indizien auftreten, die die gesetzliche Vermutung einer Benachteiligung begründen. So hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen in seinem Urteil vom 15. November 2021 (Az. 7 Sa 1341/19) entschieden, dass die im Bewerbungsgespräch gestellte Frage nach der Bereitschaft, während der Dienstzeit ein religiöses Symbol abzulegen und nicht zu tragen, weil beim zukünftigen Arbeitgeber eine Neutralitätsanordnung besteht, eine (vermutete) mittelbare Diskriminierung darstellt, wenn dem Bewerber daraufhin eine Absage erteilt wird.

Rechtsfolge bei Verstoß: Entschädigungszahlung droht

Wird ein Bewerber aufgrund einer der genannten Merkmale benachteiligt, steht ihm nach § 15 Abs. 2 AGG ein Entschädigungsanspruch in Höhe von maximal drei zu erwartenden Bruttomonatsgehältern zu, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Dieser Anspruch ist grundsätzlich innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Zugang der Ablehnung bzw. ab Kenntnis der Benachteiligung schriftlich geltend zu machen und innerhalb einer weiteren Frist von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung einzuklagen. Hierbei gilt die bereits erwähnte Besonderheit einer Beweislasterleichterung für den Benachteiligten: Liegt ein Indiz für eine
Benachteiligung des Bewerbers vor, wird diese nach § 22 AGG vermutet und der Arbeitgeber muss beweisen, dass eine solche verbotene Benachteiligung tatsächlich nicht erfolgt bzw. sachlich gerechtfertigt ist. Dies ist in der Praxis vielfach nur schwer möglich.

Diese für die Rechtsdurchsetzung Benachteiligter besonders wirkungsvolle Beweislastumkehr hat – wie so vieles – eine Schattenseite: In der Praxis konnten sogenannte „AGG-Hopper“ ausgemacht werden, welche sich gezielt auf benachteiligende Stellenanzeigen oder unter Angabe ihrer Schwerbehinderung bewerben mit dem Ziel, eine Absage zu provozieren, um sodann den Entschädigungsanspruch von drei Bruttomonatsgehältern geltend machen zu können.

Zur Person

Claudia Vey
Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt
„Arbeitsrecht“ in Bonn

Stand: 07.11.2022 11:00